Kritik

"Come on, Come on" im Kino: Das Gegenteil von Bla Bla

"Come on, Come on" ist ein außergewöhnlicher Film, der Erwachsene, die Weltsicht von Kindern und die USA psychologisch und künstlerisch beleuchtet.
Adrian Prechtel
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Joaquin Phoenix und Woody Norman als Onkel und Neffe auf ihrer Reportage-Reise durch die USA.
Joaquin Phoenix und Woody Norman als Onkel und Neffe auf ihrer Reportage-Reise durch die USA. © Julieta Cervantes

Dieser Film ist berührend und besonders und muss dabei aufpassen, dass er nicht zwischen allen Zuschauerstühlen landet - denn "Come on, Come on" ist ein Spielfilm mit Dokumentarfilmelementen, ungewöhnlich in Schwarz-Weiß gehalten, dabei ein Roadmovie und ein Film, der ganz klar ein Kind im Fokus hat: Den neunjährigen Jessy (Woody Norman).

Seine Mutter (Gaby Hoffmann) ist alleinerziehend. Weil Jessys Musikervater wieder, aber diesmal unter extrem starken Psychosen leidet, beschließt Jessys Mutter sich um ihren Ex zu kümmern und abzureisen. Ihr einsamer Bruder Johnny (Joaquin Phoenix) soll sich nun - zum ersten Mal - um seinen Neffen kümmern.

Ein Film als sozio-psychologische Studie 

Aber weil dieser Johnny als Radioredakteur gerade mit seinem Aufnahmegerät einen Trip machen soll, um Kinder zu interviewen, nimmt er Jessy einfach mit, so dass der Film nebenbei auch noch ein Porträt der USA wird.

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Regisseur Mike Mills lässt Phoenix mit Kindern - quer durch die USA und durch alle Schichten - über Lebensfragen, Zukunftsfragen und Ängste sprechen, so dass der Film auch noch eine sozio-psychologische Studie geworden ist. Auch wenn diese Kinder oft, wenn es um Großes und Abstraktes geht, in pathetische Erwachsenen-Phrasen verfallen. Aber dennoch ist das Ganze erhellend tief, jedenfalls liebevoll und anrührend - so wie die Geschichte zwischen Johnny und Jessy, die völlig kitschfrei bleibt.

Exzellente Schauspieler, exzellente Figurenzeichnung

Das liegt nicht nur an den beiden exzellenten Schauspielern, sondern auch an der Figurenzeichnung: Phoenix umweht eine Aura des melancholischen Einzelgängers. Und Jessy wird eben nicht nur als netter, begabter Junge gezeigt, sondern ist auch ein Porträt eines launischen, psychologisch trickreichen, jede Schwäche neunmalklug entlarvenden Kindes: "Du hast selbst Probleme, deine Gefühle auszudrücken", bescheinigt er zutreffend seinem Onkel, der als Reporter bei seinem Gegenüber ja das Gegenteil herauskitzeln muss.

Ein "geflügeltes Wort" zwischen Onkel und Neffen wird "Bla Bla Bla" als Chiffre, wenn Erwachsene reden und dabei nichts sagen, was auch Johnny anfangs tut, wenn sein Neffe ihn über sein Leben befragt.

Gelungene Balance aus Spielerischem und Lebensschwere

Etwas prätentiös ist im Film als Soundtrack Klassik (wie Mozarts Requiem) eingesetzt, als ob Mills meint, der Handlung noch mehr Gewicht geben zu müssen. Dabei hat der Film alleine schon eine gelungene Balance aus Spielerischem und Lebensschwere, aus Kunst und Spontaneität.

Die Originalversion ist allerdings nur für Zuschauer geeignet, die mit dem Amerikanischen vertraut sind, weil auch viel geraunt und verschliffen wird, was schon der Originaltitel "C'Mon C'Mon" verrät.


Kino: ABC sowie City, Maxim (auch OmU), Monopol (OmU), R: Mike Mills (USA, 108 Min.)

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