Brooklyn - Eine Liebe zwischen zwei Welten: Erziehung der Gefühle
Die Freiheitsstatue im Hafen von New York, für Immigranten Verheißung und Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Die große Gruppe der Iren, die seit Mitte des 19. Jahrhunderts in die USA einwanderten, sah Amerika aber nicht unbedingt als „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“, sondern als den schnellsten Weg der Armut zu entfliehen. Irische Immigrantenschicksale sind im Film oft von Gewalt und Kriminalität geprägt wie in Martin Scorseses „Gangs of New York“, aber hier mal ganz anders, nämlich als das einfühlsame intime Porträt einer jungen Auswanderin gezeichnet.
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Die Geschichte ist schnell erzählt: Die schüchterne Eilis Lacey verlässt schweren Herzens ihre vertraute Heimat, um Anfang der 1950er Jahre in New York ein besseres Leben zu beginnen. Erst einmal findet sie Unterschlupf in der irischen Gemeinschaft Brooklyns bei einer Vermieterin, die streng über die Moral der bei ihr wohnenden Mädchen wacht. Als Verkäuferin im Luxus-Kaufhaus fühlt sie sich nicht wohl, in abendlichen Buchhalterkursen bildet sie sich weiter, Höhepunkt der Woche sind die irischen Tanzabende. Ihr Heimweh verfliegt, als sie einem italienisch stämmigen Klempner begegnet und das Glück zum Greifen nah erscheint. Doch dann muss sie wegen eines Todesfalles zurück nach Irland.
Nick Hornby dosiert wunderbar zwischen Ernst und Komik
Star-Autor Nick Hornby („High Fidelity“) schrieb das Drehbuch nach Colm Tóibíns gleichnamigen Bestseller mit großer Genauigkeit und Präzision. Und dem irischen Regisseur John Crowley gelingt es, aus der kleinen Lovestory mühelos und fast beiläufig großes Gefühlskino zu zaubern.
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Es klingt zwar kitschig, wenn sich der Spross einer reichen Familie in die arme Rückkehrerin verliebt, die sich plötzlich zwischen zwei Männern entscheiden muss. Aber die schwierige Selbstfindung ist nicht weichgespült, der innere Konflikt immer präsent.
Saoirse Ronan („Abbitte“) spielt die Zerrissenheit zwischen zwei Kulturen, zwei Ländern und zwei Lebensentwürfen, die Suche nach einem Zuhause mit einer traumwandlerischen Sicherheit. Eine junge Frau, die in ihrer Verletzlichkeit und Unsicherheit ungeahnte Stärke entwickelt.
Die für drei Oscars nominierte Verfilmung (Bester Film, Beste Hauptdarstellerin, Bestes adaptiertes Drehbuch) lebt von der Konzentration auf die fragile Heldin und deren Emotionen, der richtigen Dosierung zwischen Ernst und Komik, dem nostalgischen Blick und einem fast altmodisch langsamen Erzählrhythmus. Und das romantische Happy End ist herzzerreißend und zum Weinen schön.
Kino: Atelier, City, Monopol, Rio sowie Cinema und Museum (OV) R: J. Crowley (Ir, GB, Kan, 112 Min)
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- Martin Scorsese