AZ-Kritik: "Fack ju Göhte" - Der krasseste Schulfilm des Jahres

Unter Proll-Hyänen versucht sich Elyas M’Barek als Lehrer. So ist "Fack ju Göhte": Die Kritik zum Kinofilm. Mit Karoline Herfurth und Katja Riemann
Adrian Prechtel |
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Unter Proll-Hyänen versucht sich Elyas M’Barek als Lehrer. So ist "Fack ju Göhte": Die Kritik zum Kinofilm. Mit Karoline Herfurth und Katja Riemann

Cem Öztürk war am Ende von „Türkisch für Anfänger “ Polizeianwärter und damit voll integriert, außerdem noch liiert mit einer Frau mit Inländer-Hintergrund (Josefine Preuß). Jetzt ist er (Macho-Migrations-Sexidol Elyas M’Barek) ein Stückchen älter und heißt Zeki Müller. Was noch integrierter klänge, wäre das nicht sein Deckname. Denn er ist gerade aus dem Gefängnis entlassen worden und will an die Beute, die seine AZ-lesende Rotlicht-Freundin (Jana Pallaske) für ihn vergraben hat. Da aber steht inzwischen ein Schulanbau.

Karoline Herfurth wollte Oma "Fack ju Göhte" verschweigen

So heuert er als Hausmeister an, um im Heizungskeller nachzugraben. Er wird aber irrtümlich von der schnüffelsüchtigen Rektorin (Katja Riemann) als Aushilfslehrer engagiert und in die aggressivste Loser-Klasse verpflichtet. Hier hat gerade die alte Lehrerin einen missglückten Selbstmordversuch hinter sich. Uschi Glas spielt sie, was witzig ist, weil sie in den Spät-60ern in den „Pauker“-Filmen auf der Schulbank saß. „Wer heute noch Lehrer wird, muss wahnsinnig sein“, sagt sie und thematisiert einen ernsten Aspekt dieser – auch derben – Komödie. Die naiv-engagierte Brillen-Schlangen-Referendarin (Karoline Herfurth) wird ebenfalls von der 10b brutal verschlissen. Für jedes „Fuck“ soll ein Euro in die Klassenkasse wandern. Dazu hat sie eine „F“-Wort-Frosch-Sparbüchse aufs Pult gestellt, muss aber schon die erste Stunde voller Hundescheiße abbrechen.

Die Stars von "Fack Ju Göhte" zeigen den Stinkefinger

Wie kommt man diesen Proll-Hyänen bei? Indem man noch cooler und härter ist als alle Pickelgesichter zusammen. Wem sich als Erwachsener bei „Türkisch für Anfänger“ die Haare gesträubt haben angesichts Macho-Humor und reaktionärer Geschlechterrollenbilder, wird hier mehr Spaß haben. Denn der Film ist witziger und intelligenter, allein schon, weil er karikaturhaft die Schulwirklichkeit ausschlachtet. Wenn die Teenies in diesen Film strömen, werden sie lachen und dabei vielleicht gar nicht merken, wie sie selbst kräftig verarscht werden: Ihre Anti-Schul-Haltung wird als hohle Pose entlarvt, ihre Leistungsverweigerung als dummdreist. Die Mädchen sehen aus wie billige Prostituierte, die Jungs wie Möchtegern-Rapper. Dazu kommt die Handy-Verblödung und Unfähigkeit zu Empathie: Als Uschi Glas nach dem Fenstersturz aus dem (nur) ersten Stock auf dem Asphalt liegt, hilft keiner, sondern jeder filmt nur mit dem Handy den Unfall – bis Zeki Müller sie wie eine Schafsherde zurückpfeift.

Die Kunst von „Fack ju Göhte“ – der Titel stammt aus dem illegalen, „kreativen“ Kunstunterrichts-Ausflug mit Müller, bei dem ein Schüler die S-Bahn mit diesem Spruch zusprüht – besteht darin, dass er zwei Unvereinbarkeiten zusammen bringt: Denn entweder ist ein Film pädagogisch wertvoll, dann ist er meistens uncool, oder ein Film ist cool, dann aber meistens unpädagogisch. Hier aber gelingt freche Biederkeit. Denn wie erklingt Elyas M’Bareks Stimme in einer Selbsterkenntnis-Szene: „Die Straße hat mir die Kindheit gestohlen.“ Soviel unverhohlener Sozial-Betroffenheits-Kitsch ist die blanke Ironie. 

Kino: Cadillac, Mathäser, Cinemaxx, Münchner Freiheit, Royal R: Bora Dagtekin (D, 118 Min.)

 

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