"Alle Katzen sind grau“: Ich brauche Dich!
Er (Bouli Lanners) ist vielleicht 50, sie 15. Aber es ist eben keine „verbotene Liebe“, die sie verbindet. Auch wenn es anfangs so aussieht, als ob der heruntergekommene Paul die frech-unsichere Dorothy stalken würde. Aber das hat eher mit seinem Job als Privatdetektiv zu tun, mit dem er sich durchschlägt.
Und in einer witzigen Wendung gleich zu Beginn beauftragt Dorothy ihn, jemanden zu suchen: ihren Vater. Denn irgendwie hat Dorothy das Gefühl, in der eigenen Familie und vor allem der Mutter (Anne Coesens) fremd zu sein – ein klassisches Pubertätsgefühl, hier aber mehr als das.
Lesen Sie hier weitere Filmkritiken der AZ
Frech, mutig und nah am Leben
Der belgische Film „Alle Katzen sind grau“ ist ein wunderbares Beispiel für einen europäischen Film: keine „Bigger-than-Life“-Überhöhung, sondern eine Geschichte nah am Leben, dabei frech und mutig. Denn nach und nach werden Familiengeheimnisse aufgedeckt, bröckeln gutbürgerliche Fassaden – und am Ende steht nicht nur ein befreiendes Gewitter, sondern es bleibt offen, wie die Figuren ihr Leben fortsetzen werden. Aber man hat dabei ein gutes Gefühl.
Äußerst natürlich wird in diesem Film vieles verhandelt: Midlife-Crisis, das schwierige Verhältnis von Eltern zu ihren pubertierenden Kindern, die ein untrügliches Gespür für Falschheiten in der Erwachsenenwelt haben, oder auch die Frage, ob sich Familienmuster in der nächsten Generation wiederholen und in wie weit das genaue Wissen um die eigene Herkunft wichtig ist für ein gelungenes Leben.
Lesen Sie auch: "Familie zu vermieten“ - Zu Gast als Vater
All diese psychologischen Abenteuer hat die Regisseurin Savina Dellicour in eine spannende Geschichte gepackt, die überraschende Haken schlägt und unsere Zuschauerperspektive ständig neu herausfordert. Das ist dramaturgische Kunst. Und mit Manon Capelle wurde eine Teenagerin gecastet, die auch deswegen so echt wirkt, weil sie eben keine Schauspielerin ist.
Kino: Arena (OmU), Theatiner (OV) / R: Savina Dellicour (B, 85 Min.)
- Themen: