Grab von Dirigent Hermann Levi künstlerisch gestaltet: Geheilte Wunde
Das Katz- und Maus-Spiel zwischen Richard Wagner und Hermann Levi gehört zu den unerfreulichsten Geschichten in der an derlei nicht armen Biografie des Komponisten. Wagner verlangte 1882 vom Dirigenten der "Parsifal"-Uraufführung, er möge sich vorher taufen lassen, was Levi zurückwies. Trotzdem blieb der langjährige Musikchef der Münchner Hofoper auch nach Wagners Tod den Bayreuther Festspielen treu, obwohl ihn die Witwe des Komponisten ihren Antisemitismus spüren ließ.
Ziemlich hässlich ist auch die Geschichte von Hermann Levis Grab, das nun endlich von der Gemeinde Garmisch-Partenkirchen wieder in einen würdigen Zustand versetzt wurde. An der Vorstellung der Neugestaltung nahm neben Charlotte Knobloch auch Kirill Petrenko teil, der am Freitag ein Gedenkkonzert des Bayerischen Staatsorchesters in Garmisch dirigierte. Der jetzige Chefdirigent der Berliner Philharmoniker ist als ehemaliger Bayerischer Generalmusikdirektor ein später Nachfolger Levis, der 1901 im Park seiner Villa oberhalb von Partenkirchen mit Blick auf den Wetterstein beigesetzt wurde.
Der Münchner Bildhauer Adolf von Hildebrand gestaltete das Mausoleum künstlerisch. Ob es in der NS-Zeit geschändet wurde, ist unklar. Sicher ist aber, dass der ehemalige Hermann-Levi-Weg, heute Karwendelstraße genannt, zeitweise einem deutschen Antisemiten gewidmet wurde. Beseitigt wurde das Mausoleum erst 1958 "wegen zu geringer kultureller Bedeutung", die Gruft blieb erhalten. Ein späterer Grundstücksbesitzer lagerte dort Gerümpel, und zwischenzeitlich dachte man in Garmisch auch über eine Umbettung auf den Neuen Israelitischen Friedhof in München nach, was der jüdischen Vorstellung von der Ewigkeit einer Grabstätte widersprochen hätte - und womöglich auch dem Willen Levis, der als Konfessionsloser verstarb.
Themenspaziergang in Garmisch
Die geschmacklose Entsorgung einer schwierigen Vergangenheit blieb unausgeführt. Immerhin war Levi nicht nur bedeutender Dirigent mit Kontakten zu Brahms und Bruckner, sondern auch Ehrenbürger von Partenkirchen, wo er den Bau einer modernen Wasserversorgung finanziell unterstützt hatte. Trotzdem lehnten die Bürger noch 2013 ab, einen Teil der (heute noch immer so genannten) Hindenburgstraße nach Levi zu benennen.

Erst die ehemalige Bürgermeisterin Sigrid Meierhofer und ihre heutige Nachfolgerin Elisabeth Koch setzten eine künstlerische Renovierung des Grabes durch. Eine Jury unter Beteiligung von Charlotte Knobloch entschied sich für die Münchner Künstlerin Franka Kaßner, die Grab mit kupfernen Schuppen und losen schwarzen Schieferplatten bedeckte, die beim Betreten der Fläche hinter einem Gitter aus Notenhälsen knirschen.
Dass von dieser Gestaltung eine leichte Irritation ausgeht, dürfte nach der unerfreulichen Vorgeschichte kein Schaden sein. In Garmisch wird außerdem ein Themenspaziergang eingerichtet, außerdem gibt es eine kleine Ausstellung im Richard-Strauss-Institut. Was sehr gut passt, denn Levi war ein Förderer des jungen Komponisten, zusammen setzten sie in den bahnbrechenden Aufführungen der Münchner "Mozart-Renaissance" ein modernes, nicht mehr romantisch geprägtes Bild des Komponisten durch.
In Zukunft muss man sich weiter um Levis Grab bemühen
Als Auftakt zu regelmäßigen Hermann-Levi-Tagen dirigierte Kirill Petrenko am Freitag im Garmischer Festsaal Werdenfels ein Gedenkkonzert, das auf eine Leinwand im Kurpark übertragen wurde. Das "Siegfried-Idyll" erinnerte an Levis Beziehung zu Wagner, die "Tragische Ouvertüre" an die Freundschaft des Dirigenten mit Johannes Brahms. Die "Felsen-Arie" aus "Così fan tutte" erklang in Levis vielgerühmter deutscher Fassung, die erst von den Nazis unterdrückt wurde. Mit dem "Kol Nidrei" des deutschen Romantikers Max Bruch und der romantischen "Ruy Blas"-Ouvertüre des deutschen Juden Felix Mendelssohn Bartholdy machte Petrenko auf vielfältige deutsch-jüdische Wechselwirkungen aufmerksam.

Dass das Staatsorchester unter Petrenko samt seinen Akademisten hochkonzentriert und schwungvoll spielte, ist selbstverständlich. Nicht ganz so selbstverständlich ist angesichts des geforderten Stimmumfangs eine rundum gelungene Interpretation von "Come scoglio", wie sie der Sopranistin Johanni van Ostrum gelang. Emanuel Graf spielte das Cello-Solo im "Kol Nidrei" ausdrucksvoll, ohne das Sentiment übermäßig zu betonen.
Den Verantwortlichen in Garmisch ist es gelungen, die "Wunde Levi", von der Charlotte Knobloch sprach, einigermaßen zu heilen. Und weil man in der Marktgemeinde ein ungebrochenes Verhältnis zu den Olympischen Spielen von 1936 pflegt und sich beim Ehrenbürger Richard Strauss auch für die Grautöne weniger interessiert hat, ist das ein wichtiger Schritt. Und die Verwendung teilweiser loser Materialien wie Schotter und Steinen wird dafür sorgen, dass man sich in Zukunft um Levis Grab bemühen muss, damit es weiter würdig bleibt. Aber alle Beteiligen wirkten am Freitag besten Willens, diese Verantwortung ernsthaft auf sich zu nehmen.
Das Konzert wird am 23. Juli im Prinzregententheater wiederholt, ausverkauft