Für Münchner mit kleinem Einkommen: "Kultur ist Champagner für die Seele"

Seit zehn Jahren gibt es über den Verein Kulturraum kostenlose Konzert-Tickets.
Eva von Steinburg
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Das zehnte Jubiläum feierte der Verein Kulturraum bei der Stadtteilwoche Sendling-Westpark: mit dem Gratis-Austropop-Konzert "Simmering in Sendling".
Das zehnte Jubiläum feierte der Verein Kulturraum bei der Stadtteilwoche Sendling-Westpark: mit dem Gratis-Austropop-Konzert "Simmering in Sendling". © Dany Pfeil/Kulturraum

München - Kostenfrei in die Kammerspiele, ins Konzert oder ins Kino: Seit genau zehn Jahren ermöglicht der Verein Kulturraum Münchnern mit geringem Einkommen diese besonderen Erlebnisse.

Alle zwei Monate gibt es zwei Tickets

Nicht nur ältere Münchner mit geringer Rente erhalten Tickets. Ebenso: Kinder und Jugendliche, arbeitslose Münchner, gesundheitlich eingeschränkte Erwachsene und alleinerziehende Mütter in Stadt und Landkreis.

"Man kreuzt an, wofür man sich interessiert, für Klassik, Rock, Ausstellungen, Zirkus oder alles. Alle zwei Monate bekommt man dann zwei Tickets angeboten", erklärt Sophie Marshall (46), Pressereferentin vom Kulturraum. Gefördert wird der Verein vom Sozial- und Kulturreferat.

Ein Kultur-Gast bekommt Karten von einer Kulturraum-Mitarbeiterin.
Ein Kultur-Gast bekommt Karten von einer Kulturraum-Mitarbeiterin. © Kulturraum

So kann man sich auf die Ticket-Liste setzen lassen

Ein Ein-Personen-Haushalt mit weniger als 1.300 Euro Nettoeinkommen kann sich auf die Ticket-Liste setzenlassen. Am unkompliziertesten geht die Registrierung für "München Pass"-Inhaber. Münchner mit einem schmalen Portemonnaie erhalten diesen Pass über die Sozialbürgerhäuser.

Bereits 12.000 Münchner haben schon  von der Initiative profitiert

Über 100 Kulturpartner, von der BayerischenStaatsoper bis zum kleinem Off-Theater oder dem Buchladen, stellen die Karten kostenfrei zur Verfügung. 12.000 Münchner haben bereits von der Idee profitiert, dass Kultur Seelen-Nahrung ist.

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"Kultur ist ein Stück Lebensqualität. Es geht um die Wertschätzung, als ganzer Mensch gesehen zu werden. Man braucht Geld auf dem Konto und Essen auf dem Tisch. Es gibt aber auch das Bedürfnis nach Gesellschaft, nach dem Außer-Haus-Gehen - oder danach, jemanden als Begleitung einzuladen, obwohl man knapp bei Kasse ist", erklärt Sophie Marshall.

Die meisten Kulturgäste sind Frauen über 60

Altersdurchschnitt der Münchner Kulturgäste: Über 60 Jahre, die meisten sind Frauen. Eine Schwabingerin, die von Grundsicherung lebt, und deshalb anonym bleiben möchte, erzählt: "Mitte des Monats bin ich pleite. Mein Geld reicht nicht einmal für neue Schuhe oder für eine Fahrradreparatur."

Highlights in schwierigen Zeiten

Doch zuletzt sei sie über den Kulturraum im Literaturhaus bei Richard David Precht gewesen. "Nach dem Resi trinke ich mit einer Freundin eine Apfelschorle. Solche wunderbaren Abende sind Highlights in schwieriger Zeit." Früher als freiberufliche Modedesignerin in Schwabing tätig, lebt die Münchnerin heute von 294 Euro Rente.

Ihre Miete in Schwabing bezahlt das Sozialamt. 450 Euro erhält sie monatlich als Grundsicherung: "Davon gehen aber die Kosten für das Telefon und für die Stadtwerke ab", erklärt sie.

Beim Kinderkino.
Beim Kinderkino. © Kulturraum

Nicht Brot, sondern Champagner für die Seele

Die Scham, arm zu sein, ist allgemein groß. Sophie Marshall vom Kulturraum meint: "Deshalb ist es gut, wenn am Schluss eines unangenehmen Gesprächs beim Sozialamt der Beamte sagt: Schauen Sie mal, wenn Sie sich für Kultur interessieren. Dann können Sie diesen Flyer mitnehmen..."

Kultur sei eben das "Brot für die Seele". Die Schwabingerin, die das Angebot nutzt, drückt es anders aus: "Nein, Kultur ist Champagner für die Seele!"


www.kulturraum-muenchen.de

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