Interview

Was ist Trash, Oliver Kalkofe?

Oliver Kalkofe über seine Schundfilm-Show "SchleFaz" und die irrationale Lust an guten schlechten Filmen
Florian Koch |
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Die Filmexperten Oliver Kalkofe (re.) und Peter Rütten.
picture alliance/dpa/Tele 5 2 Die Filmexperten Oliver Kalkofe (re.) und Peter Rütten.
Die Moderatoren Peter Rütten (l.) und Oliver Kalkofe stehen im Studio der Tele5-Sendung "Schlefaz - die schlechtesten Filme aller Zeiten".
picture alliance/dpa 2 Die Moderatoren Peter Rütten (l.) und Oliver Kalkofe stehen im Studio der Tele5-Sendung "Schlefaz - die schlechtesten Filme aller Zeiten".

München - Genüsslich bezeichnet er sich als Trashfilm-Trüffelschwein. Als jemand, der im Wust an schlechten Filmen nach Perlen sucht und sie dann für sein Publikum satirisch aufbereitet. Gemeinsam mit seinem Trashfilm-Partner im Geiste Peter Rütten bringt Oliver Kalkofe seine TV-Sendung "Die schlechtesten Filme aller Zeiten", kurz: SchleFaZ, nun erstmals in München live auf die Bühne.

AZ: Herr Kalkofe, was macht den Reiz aus, sich bewusst schlechte Filme anzusehen?

OLIVER KALKOFE: Wir bei SchleFaZ arbeiten letztlich Traumata auf. Schließlich hat doch schon jeder mal einen richtig schlechten Film gesehen und sich darüber geärgert. Wenn man aber mit Freunden einen solch miesen Film sieht und diese Schlechtigkeit kommentiert, kann man auch viel Spaß haben. Daraus ist die Idee für SchleFaZ entstanden. Heißt, wir machen aus einer schlimmen neunzigminütigen Seherfahrung einen lustigen, dreistündigen Partyabend.

Worin besteht der Unterschied zwischen einem schlechten schlechten Film und einem guten schlechten Film?

Für mich haben wahre Trash-Filmperlen den Stempel: Gewollt, aber nicht gekonnt. Das sind Filme, die trotz aller Fehler versucht haben, noch das Beste aus der jeweiligen Situation zu machen. Oder Filme mit einer bekloppten Idee, die lustvoll, aber natürlich mit wenig Geld hergestellt worden sind. Das nenne ich dann liebevoll und so kann ich das Scheitern auch umarmen. Was ich nicht mag sind Filme, die von Vornherein auf Betrug ausgelegt sind - wie etwa ein "Titanic 2". Das macht für mich dann auch keinen Spaß.

Was wäre ein Beispiel für liebevoll gemachten Trash?

Ein Favorit von mir ist "Angriff der Riesenspinne" aus den 70er Jahren. Da fehlte das Know-How, um so eine Riesenspinne zu zeigen. Und deshalb haben die Macher einen VW-Käfer genommen, ihm Fell über die Karosserie geworfen und aus den Fenstern die Beine herausgehalten. Die Scheinwerfer waren dann die Augen! Großartig.

Die Moderatoren Peter Rütten (l.) und Oliver Kalkofe stehen im Studio der Tele5-Sendung "Schlefaz - die schlechtesten Filme aller Zeiten".
Die Moderatoren Peter Rütten (l.) und Oliver Kalkofe stehen im Studio der Tele5-Sendung "Schlefaz - die schlechtesten Filme aller Zeiten". © picture alliance/dpa

Werden denn auch heute noch amüsante Trashfilme gedreht? Oder hat die Lust am Scheitern auch aus ökonomischen Gründen abgenommen?

In der Tat gab es in den frühen 60ern bis Ende der 90er Jahre eine schönere Auswahl an guten schlechten Filmen. Das liegt besonders an drei Phasen, die diesen filmischen Output befeuert haben. Zuerst das Aufkommen des Autokinos in den USA. Später die Beliebtheit von Videotheken, für die extra kostengünstigere Filme produziert wurden. Und nicht zu unterschätzen ist auch die Lust andere nachzumachen, wenn auch preisgünstiger. Ich denke da an den Italowestern, aber auch an den Kriegsfilm. Ich vermisse heute die Lust an originellen Ideen. Da entscheiden oft Algorithmen, was gemacht wird.

Elf Jahre lief SchleFaZ mit einer stetig wachsenden Fangemeinde bei Tele 5, bis im September letzten Jahres überraschend das Aus vermeldet wurde. Entstand in dem Nichtwissen, ob es mit der Sendung überhaupt weitergehen würde, die Live-Tour?

Richtig. Und nachdem Nitro und RTL+ das Format nun glücklicherweise übernommen haben, kommen wir zeitlich auch ganz schön ins Schwitzen. Wir hatten die Tour ja vorausgeplant, wo wir noch mit leeren Händen dastanden.

Was können Sie zu der Neuauflage von SchleFaZ sagen? Kommt es zu Veränderungen, weil Sie bei einer größeren Sendegruppe andocken?

Ich darf allen Fans die Angst nehmen. Das Originalkonzept bleibt vom Look wie vom Inhalt her unangetastet. Uns wurde als Kreativen völlig freie Hand gelassen. Im Spätsommer soll es endlich losgehen. Geplant sind für dieses Jahr zehn Folgen.

Ihre Tour wird angekündigt als "Scheißfilm-Party" mit "Trinkspielen" und "Fotoaction". Was kann man sich unter diesem filmischen Ballermann vorstellen?

Um falschen Annahmen vorzubeugen. Wir machen keine SchleFaZ-Live-Aufzeichnung. Das wäre zu aufwendig. Es geht letztlich darum mit der ganzen Community eine SchlefaZ-Folge live zu kucken. Und in diesem Zusammenhang wollen wir auch mehr mit dieser wunderbar lebendigen Fangemeinschaft interagieren.

Was meinen Sie damit konkret?

Die Leute können uns natürlich vorab Fragen stellen und wir holen auch die besten Kostüme der Sendung auf die Bühne. Außerdem bringen wir eine Auswahl von drei SchleFaZ-Folgen mit, aus denen eine live ausgelost wird. Nach dem gemeinsamen Sehen gibt es dann für jeden, der es möchte, eine Aftershow-Party. Und da kann ich versprechen, dass es auch ein langer Abend bis Mitternacht wird. Hauptsache es gehen alle am Ende glücklich nach Hause.

Sie bereisen für diese Tour jedes Bundesland. Gibt es beim Konsumieren von Trash regionale Unterschiede?

Da bin ich selbst gespannt, weil wir bisher vor allem in Berlin und Köln unterwegs waren. Ich animiere dabei jeden Zuschauer im SchleFaZ-Kostüm zur Show zu kommen. Wir holen die Schillerndsten auch gerne auf die Bühne und prämieren sie.

Was für ein Publikum zählt zu Ihrer treuen Fangemeinde?

Der Witz ist, dass es absolut heterogen ist. In der Altersgruppe befinden wir uns von Mitte 20 bis deutlich über 60 Jahren. Und diese Fans bleiben für ein Foto mit uns auch noch bis 1 Uhr, wenn es sein muss. Mich beeindruckt dabei auch das nette und liebevolle Miteinander dieser Fangemeinde. Das ist ja fürwahr keine Selbstverständlichkeit und liegt auch daran, dass sie sich von uns ernstgenommen fühlt.

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Hätten Sie nach all den Erfahrungen nicht selbst mal Lust einen SchleFaZ-Film zu drehen?

Die Idee kursiert schon lange. Der Grat zwischen gut schlecht und schlecht schlecht ist aber schmal. Und bisher haben wir noch nicht den richtigen Zugriff gefunden. Aber ich schließe nicht aus, dass das eines Tages mal passiert.

SchleFaZ - Wunschfilm-Deutschland-Tour, 2. Juni, 19 Uhr, Alte Kongresshalle

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