"Tosca" mit Beczala im Nationaltheater: Schöner denn je
München - Startenöre kommen und gehen, einer bleibt: Piotr Beczala.
Piotr Beczala: Reife und strahlende Stimme
Der 55-jährige Tenor hat seine Karriere klüger und vor allem vorsichtiger geplant als die meisten seiner Kollegen. Er blieb Mozart und lyrischen Partien des italienischen Fachs lange treu. In dramatischen Spinto-Rollen zahlt sich das jetzt aus: Seine Stimme tönt heute reifer, schöner und strahlender als je zuvor.
Beczala hat 2019 an der Wiener Staatsoper als Cavaradossi in Puccinis "Tosca" debütiert. Nun singt er die Rolle zum ersten Mal im Nationaltheater.
Den dramatischen Bogen von der Leichtfertigkeit des Malers in "Recondita armonia" über die Dramatik des zweiten Akts in die Verzweiflung von "E lucevan le stelle" schlägt er souverän. Seine kraftvollen "Vittoria"-Rufe touchieren eine Grenze, ohne dass es groß auffallen würden. Denn Beczala überschreitet die Grenze zur protzenden Stimmdarstellung nie. Sein Tenor bleibt weich und beweglich, als Interpret vermeidet er die üblichen Unarten, Schluchzer und Drücker.
Dirigent Carlo Rizzi spitzt die Partitur dramatisch zu
In Carlo Rizzi hat er einen würdigen Mitstreiter. Der Dirigent drängt das Bayerische Staatsorchester vorwärts und spitzt die Partitur dramatisch zu.
Dabei nimmt er weitgehend Rücksicht auf die Sänger, beschränkt sich jedoch nicht auf eine rückgratlose Begleitung. In den großen Steigerungen wie dem "Te Deum" oder der Folterszene bleibt die Großform gewahrt. Das ist der optimale Mittelweg für eine Repertoirevorstellung mit einer Menge Unarten, wie dem seit Jahrzehnten von den Celli im vierten Alt fingerdick aufgetragenen Schmalz im dritten Akt.
Kevin Conners: Zu gemütliche Gefährlichkeit
Die für Anja Harteros eingesprungene Saioa Hernández spielt nicht ohne Charme die eifersüchtige Primadonna. Lyrisches wie "Vissi d'arte" und Teile des Duetts im dritten Akt gelingen ansprechend, für die Tragödie bedient sich die Sopranistin einer zweiten, zum Schrillen und Gaumigen tendierenden Stimme.

Kevin Conners (Spoletta) spielt Ambrogio Maestri musikalisch wie szenisch an die Wand. Der italienische Bariton verleugnet auch als Scarpia seine berühmteste Rolle nicht: den Falstaff. Seine Lüsternheit ist eher grob, die Gefährlichkeit zu gemütlich. Und so, wie er die Rolle spielt, so singt er leider auch.
Luc Bondys Inszenierung ist nicht mal mehr eine Ruine: Saioa Hernández verzichtete darauf, Toscas Erschöpfung am Ende des zweiten Akts zu spielen. Sie ging einfach ab. Auch die hakennasigen Untersuchungsrichter sind verschwunden. Das sind wohl unvermeidliche Kompromisse des Repertoirealltags. Aber sie fallen umso mehr auf, wenn in Premierenserien richtiges Musiktheater geboten wird.
Wieder am 24. und 27. Februar und am 4. März. Karten unter staatsoper.de