Schauspieler Rainer Basedow ist tot: Hohe Kunst und letzte Wurzn

Rainer Basedow, der große Nebendarsteller und ein langjähriges Mitglied des Ensembles der Lach- und Schieß, starb 83-jährig in Salzburg.
Robert Braunmüller
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Rainer Basedow.
Rainer Basedow. © imago/APress

München - Er lache viel und gern, aber Humor habe er nicht, sagte Rainer Basedow über sich. Im Ensemble der Lach- und Schießgesellschaft hat der Schauspieler und Kabarettist fast 20 Jahre das Publikum zum Lachen gebracht.

"Politische Unzuverlässigkeit": Rainer Basedow durfte in der DDR nicht studieren

Als Nebendarsteller hat er seit den 1960er Jahren deutsche Filmgeschichte geschrieben. Wie seine Agentur am Dienstag bestätigte, starb Basedow am Sonntag im Alter von 83 Jahren nach kurzer, schwerer Krankheit in Salzburg.

Basedow stammte aus dem thüringischen Mülhausen. Wegen "politischer Unzuverlässigkeit" durfte er in der DDR nicht studieren. Nach seiner Flucht 1956 begann er ein Lehrerstudium in den Fächern Deutsch und Sport an der Pädagogischen Hochschule Braunschweig. "Die Kinder hätten es sicher prima gefunden bei mir", sagte er einmal. "Aber mit den Kollegen wäre ich wohl nie klargekommen. Aus Liebe zu Kindern haben die wenigsten Pädagogik studiert."

Noch vor der zweiten Staatsprüfung wechselte er auf eine Schauspielschule nach München. Der Schauspieler Wilfried Klaus brachte ihn ans Kleine Theater am Siegestor, wo er in Samuel Becketts "Warten auf Godot" seine erste Hauptrolle spielte. Weitere Stationen waren das Ateliertheater in Bern, die Kammerspiele Düsseldorf, die Berliner Schaubühne, die Ruhrfestspiele Recklinghausen - und der Alte Simpl in München.

Bis heute bekannt ist Basedows Auftritt in "Zur Sache Schätzchen" 

Dort, in der Säge in der Feilitzschstraße oder an der Bar in der Lach- und Schießgesellschaft hatte auch der junge deutsche Film seine zweiten Wohn- und Arbeitszimmer. Immer dabei: Basedow.

Rainer Basedow (Zweiter von unten) mit den Lach- und Schieß-Kollegen Veronika Faber, Kurt Weinzierl und Bernd Stephan (ganz oben) im Programm "Im Namen der Direktion" (1977).
Rainer Basedow (Zweiter von unten) mit den Lach- und Schieß-Kollegen Veronika Faber, Kurt Weinzierl und Bernd Stephan (ganz oben) im Programm "Im Namen der Direktion" (1977). © Hartmut Reeh/dpa

Und bald war er auch drin: in Spiekers "Wilder Reiter GmbH", in Schlöndorffs "Ansichten eines Clowns" und Sinkels "Lina Braake". Bis heute bekannt ist sein Auftritt in "Zur Sache Schätzchen" (1968) als Polizist, der auf dem Revier einen Striptease von Uschi Glas verhindern will.

"Das ist einfach reell": Basedow galt als einer der bekanntesten Nebendarsteller

Nach einem Artikel des AZ-Klatschreporters Hunter verbreitete sich das Gerücht, Basedow wolle mit Alain Resnais drehen. "Das war ein PR-Gag, aber der Hunter hat's gedruckt - und vom deutschen Jungfilm hat sich keiner mehr getraut, mich zu fragen. 'Der Basedow ist doch jetzt nicht mehr zu bezahlen', hieß es da."

Basedow nahm es leicht, dass er nur als einer der bekanntesten Nebendarsteller galt: "Das ist einfach reell." Am Anfang wolle das kein Schauspieler wahrhaben. Für Hauptrollen sei er aber nicht infrage gekommen. "Weil ich rein vom Äußerlichen schon damals eher einer für die guten Nebenrollen war."

Rainer Basedow: Karriere als Synchronsprecher

Eine seiner bekanntesten Rollen war der Wachtmeister Dimpfelmoser im "Räuber Hotzenplotz" mit Gert Fröbe (1974). Besonders präsent war Basedow in der ZDF-Serie "Küstenwache". Als Synchronsprecher lieh er seine Stimme so unterschiedlichen Figuren wie dem Warzenschwein Pumbaa in "Der König der Löwen" und John Belushi in den "Blues Brothers".

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Als Sammy Drechsel 1976 nach vier Jahren Pause wieder ein neues Ensemble zusammenstellte, kam Basedow zur Lach- und Schießgesellschaft. Es war die zweite große Ära der Truppe mit Kurt Weinzierl, Bernd Stephan, Bruno Jonas, Jochen Busse oder Henning Venske, später dann auch "Ost-Importen" wie Hans-Günther Pölitz von den Magdeburger Kugelblitzen.

Rainer Basedow: "Ich bin ein Gruppenspieler"

"Mit Pölitz ist das ein bisschen wie einst zwischen ,Didschi' Diedrich und Dieter Hildebrandt, der für mich immer noch 'ganz da oben' steht. Einfach der Beste. Wenn die beiden auf der Bühne standen, das war für mich Kabarett, der Inbegriff. Und der Pölitz ist einer, der noch das Hildebrandt-Denken hat. Politisch. Der kann noch richtig wütend werden", erinnerte sich Basedow 2006 in einem AZ-Interview.

Nach 20 Programmen schied er 1995 aus. "Ich bin ein Gruppenspieler", sagte er dazu. "Zu Anfang waren wir eine feste Gruppe rund um den Häuptling Sammy Drechsel. Da stand eine starke Viererbande auf der Bühne, das spürte auch das Publikum: Baff, da kommt was runter, etwas, woran die alle vier glauben. Das ist nicht mehr so. Ein Problem in unserer ganzen Gesellschaft - Gruppen funktionieren nicht mehr. Jeder macht für sich seinen Job."

Rainer Basedow 1998 im Film "Caipiranha"
Rainer Basedow 1998 im Film "Caipiranha" © imago images / United Archives

2006 zog Basedow aus einem Münchner Vorort mit seiner Frau Mathilde in eine halb so große Wohnung nach Salzburg. Vier Jahre später war er in den Kreuzgangspielen Feuchtwangen als Falstaff in Shakespeares "Die lustigen Weiber von Windsor" zu sehen. Danach trat er nur noch selten auf.

Basedow machte nie ein Geheimnis daraus, auch in weniger guten Filmen wie "69 Liebesspiele" mitgewirkt zu haben. "Ich kann sagen, ich habe alles gemacht in meinem Leben - von der ganz hohen Kunst bis zur letzten Wurzn", sagte er einmal. "Das ist doch auch was."

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