Kritik

Der AZ-Check: Was taugt Münchens Theatergastro wirklich?

Für einen schönen Abend mit Kultur sind Getränke und Häppchen in der Pause ein wichtiger Faktor, der vielfach nicht überall so ernst genommen, wie es nötig wäre. Die Kultur der Abendzeitung kritisiert zur Abwechslung einmal nicht die Theater Münchens, sondern die Theater-Gastro der Landeshauptstadt.
Robert Braunmüller
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Das Restaurant Ludwig II im Nationaltheater.
Das Restaurant Ludwig II im Nationaltheater. © Geoffroy Schied

Was, der Aperol ist nicht frisch gemixt und kommt aus der Flasche? Der Sekt perlt nicht, weil er schon eine halbe Stunde vor Beginn der Pause eingeschenkt wurde. Und ein Tellerchen mit ein paar keksgroßen Häppchen soll wirklich zehn Euro kosten? Pausengastronomie ist bei vielen Besuchern für den Erlebniswert eines Abends aber so wichtig wie Beethoven, Shakespeare und Andrew Lloyd Webber oder die Stars auf der Bühne.

Denn Kunst ist nur einer von vielen möglichen Gründen, ins Theater, die Oper oder in ein Konzert zu gehen. Viele Menschen feiern auf diese Weise einen Geburtstag und treffen Freunde. Und auch dafür ist – neben dem für Gesprächsthemen sorgenden Ereignis – das gastronomische Angebot zentral. Viele Besucher möchten um 22 Uhr nicht erst noch kurz vor Küchenschluss ein Lokal suchen, sondern an Ort und Stelle etwas essen oder trinken. Und vor allem nicht abschätzig angeschaut werden, wenn man nur etwas Kleines bestellt.

Unterschiedliche Bedürfnisse des Publikums

Dieses Bedürfnis ist den Intendanten und Geschäftsführern kultureller Einrichtungen in München nicht verborgen: Eine auch tagsüber geöffnete Gastronomie ist nach dem Vorbild der beliebten Museumscafés das Leitmotiv einiger Sanierungskonzepte, wie sie etwa von der Initiative Kulturzukunft diskutiert werden.

Das Residenztheater wollte im Foyer ein Café mit Blick auf den Max-Joseph-Platz einrichten. Doch das scheiterte an der fehlenden Infrastruktur.
Das Residenztheater wollte im Foyer ein Café mit Blick auf den Max-Joseph-Platz einrichten. Doch das scheiterte an der fehlenden Infrastruktur. © Simon Koy

Eine Schwierigkeit sind die sehr unterschiedlichen Bedürfnisse des Publikums. Der eine möchte vor der Vorstellung nur einen Espresso trinken. Andere verspüren womöglich am Geburtstag ein Bedürfnis nach Champagner oder einem besonderen Wein. Wieder andere Besucher möchten vielleicht sogar einen alkoholfreien Sekt – ein Wunsch, der nach dem Dry January eher auf Verständnislosigkeit stoßen dürfte.

Das Foyer des Gärtnerplatztheaters.
Das Foyer des Gärtnerplatztheaters. © Christian Pogo Zach

Jeder hat andere Wünsche. Und weil die Preise in der Regel hoch sind, wachsen auch die Ansprüche der Kunden. Wer sich nur ein wenig mit dem Thema beschäftigt, versteht auch die Probleme auf der anderen Seite der Theke. Vor Veranstaltungen und in den Pausen herrscht für etwa eine halbe Stunde Hochbetrieb, danach gähnende Leere. Und über allem schwebt die anhaltende, allgemeine Gastro-Krise und das in lukrativere Jobs abgewanderte Personal.

Wir haben uns einen Überblick verschafft – mit einem Schwerpunkt auf der Frage, ob die Gastronomie auch nach der Vorstellung noch geöffnet ist.

NATIONALTHEATER – Das Ludwig II und der Kaviar

Der Pausenbereich im Untergeschoß wurde vor einigen Jahren zum Restaurant "Ludwig II" umgebaut. Es sollte auch tagsüber und nach den Vorstellungen geöffnet bleiben, was - unter anderem - an Corona scheiterte. Betreiber ist derzeit Feinkost Käfer. Vorbestellungen sind online über möglich. Ein Espresso kostet 3,50 Euro, ein Glas Wein gibt es ab 8,50 Euro, in die billigsten Canapés muss man 10 Euro investieren.

Das Restaurant Ludwig II im Nationaltheater.
Das Restaurant Ludwig II im Nationaltheater. © Geoffroy Schied

Das sind auch andernorts übliche Preise. Nur mit einem Unterschied, dass ungeahnte Steigerungen möglich sind: Eine Lachsetagére kostet 35 Euro. Wer dazu noch 10 Gramm Kaviar möchte, legt weitere 55 Euro drauf und verzehrt insgesamt – wenn noch ein besseres Getränk dazukommt – leicht den Gegenwert eines Parkettplatzes.

Die Rheingold-Bar im Nationaltheater
Die Rheingold-Bar im Nationaltheater © Geoffroy Schied

Rheingold-Bar auf den Stufen des Nationaltheaters 

In der Staatsoper wird seit längerem über eine erweiterte Gastronomie nachgedacht. Ein erster Schritt war die allgemein zugängliche Bar auf den Stufen des Nationaltheaters während der Opernfestspiele. Demnächst sollen die Rheingold-Bar, das Treppenhaus und die Prunkräume im ersten Stock zu bestimmten Veranstaltungen auch tagsüber geöffnet werden. Beides gilt aber wegen Brandschutzvorschriften und anderer bürokratischer Hürden als schwierig.

RESIDENZTHEATER – Online-Vorbestellung gibt es nicht

Der vormalige Intendant Martin Kušej wollte das wintergartenartige Foyer-Obergeschoß in die auch tagsüber geöffnete Bar "Zur schönen Aussicht" mit Blick auf den Max-Joseph-Platz verwandeln. Der Dauerbetrieb scheiterte allerdings an der fehlenden Küche. Derzeit gibt es nur eine sehr traditionelle Theatergastronomie. Sie ist an den Betreiber der Kantine verpachtet. Bestrebungen, das Café im Marstall auch nach den Vorstellungen zu öffnen, scheiterten zuletzt am Personalmangel. Ein wenig aus der Zeit gefallen wirkt die fehlende Möglichkeit, online vorzubestellen.

Theaterbesucher im Residenztheater.
Theaterbesucher im Residenztheater. © Imago

KAMMERSPIELE – Man zieht ins "Blaue Haus"

Früher befand sich das Schauspielhaus in einer perfekten Symbiose mit der "Kulisse" im Vorderhaus des Theaters an der Maximilianstraße. Dieses Bistro hat sich im Laufe der Jahre allerdings in eine Außenstelle des gegenüberliegenden Luxushotels verwandelt. Die meisten Theaterbesucher ziehen seit Jahren das rückwärtige "Blaue Haus" vor, das auch als Kantine der Kammerspiele dient. Dort ist der Service sehr gut auf Publikum nach den Vorstellungen eingestellt. Das Preisniveau entspricht der Innenstadtlage.

Der Eingang zum Blauen Haus der Kammerspiele.
Der Eingang zum Blauen Haus der Kammerspiele. © Imago

GÄRTNERPLATZTHEATER – Ein Ruinart im oberen Foyer

Die hauseigene Piano-Bar "Salon Pitzlberger" im Keller hat bereits einige Pächterwechsel und eine Zwischennutzung als Corona-Teststation hinter sich. Sie ist derzeit nach den Vorstellungen nur von Freitag bis Sonntag geöffnet. Die Theatergastronomie im oberen Foyer – betrieben vom Pächter der Kantine, der auch das Volkstheater bewirtschaftet – hatte versuchsweise auch schon nach den Vorstellungen geöffnet: ohne nachhaltigen Erfolg. Seit einiger Zeit ist eine Online-Reservierung möglich. Eine Besonderheit ist der sonst noch unübliche alkoholfreie Frizzante (0,1l, 6,50 Euro), sonst die üblichen Preise vom Glas Weißwein (0,2l) für 9 Euro bis zur Flasche Champagner Ruinart Blanc de Blanc für 155 Euro.

Der Salon Pitzlberger im Unterschoß des Gärtnerplatztheaters.
Der Salon Pitzlberger im Unterschoß des Gärtnerplatztheaters. © Staatstheater am Gärtnerplatz

PRINZREGENTENTHEATER – Käfer als Neubetreiber 

Das überwiegend als Konzertsaal genutzte Theater galt bisher als gastronomischer Idealfall. Das vom Pächter der Theatergastronomie mitbetriebene Café Prinzipal hatte bisher vor und nach den Vorstellungen geöffnet. Es gab kleine, leichte Gerichte zu gehobenen Preisen, wie man sie nach einer Vorstellung gerne konsumiert. Derzeit ist das Café Prinzipal wegen einer Renovierung geschlossen: Der neue Betreiber Feinkost Käfer hat eine baldige Fortsetzung des Betriebs im alten Stil angekündigt und bereits eine Online-Bestellmöglichkeit eingeführt.

Das Café Prinzipal im Prinzregententheater (2004).
Das Café Prinzipal im Prinzregententheater (2004). © imago/Reinhard Kurzendörfer

GASTEIG HP8 – Wein, wenn die Pause endet?

Früher, in Haidhausen, wegen des Restaurants "Gast" ideal: Nach Konzerten in der Philharmonie herrschte zwar oft Hochbetrieb, der mit Selbstbedienung an Kochinseln aber ganz gut bewältigt wurde.

Im Gasteig HP8 betreibt der gegenwärtige Pächter eine Pausenbar und das tagsüber und bis zum Ende der Pause geöffnete Lesecafé in der Halle E sowie das Restaurant Gaia im Gebäude nebenan. An der Bar bekommen in Konzertpausen manche Besucher ihren Wein erst, wenn die Pause wieder endet. Und natürlich ist es hier wie überall verboten, Gläser mit in den Saal zu nehmen.

Die Halle E, das Foyer der Isarphilharmonie, im Gasteig HP8
Die Halle E, das Foyer der Isarphilharmonie, im Gasteig HP8 © Andreas Gebert

Die Bar und das Restaurant sind auch nach den Konzerten in der Isarphilharmonie noch geöffnet. Die Pizzen des Gaia werden gelobt, der Betrieb des Restaurants gilt Insidern als nicht einfach, weil es in der Gegend tagsüber und an Tagen ohne Konzerte in der Isarphilharmonie so gut wie keine Laufkundschaft gibt.

HERKULESSAAL – karg und nur Bares ist Wahres 

Eher karge Bewirtschaftung vor Konzerten und während der Pause. Wenn man bargeldlos zahlen will, könne man "In der Pause geht das alles nicht" als Antwort bekommen. In gewisser Weise ein aus der Zeit gefallenes Gesamtkunstwerk zusammen mit dem maroden Saal.

Die Treppe zum Herkulessaal der Residenz.
Die Treppe zum Herkulessaal der Residenz. © Stefan Prager/imago

VOLKSTHEATER – Das Schmock mit levantinischer Küche

Die Verbindung aus Theater und Gastronomie war bereits in der Brienner Straße vorbildlich. Betreiber der Theatergastronomie ist auch im Schlachthofviertel das im Gebäude befindliche Restaurant "Schmock". Dessen Preise passen nach einer oft zu hörenden Meinung nur schlecht zum eher jungen und studentischen Publikum des Volkstheaters. Ein Blick auf die Speisekarte mit levantinischer Küche bestätigt dieses Vorurteil allerdings nicht.

Der Neubau des Münchner Volkstheaters in der Tumblingerstraße.
Der Neubau des Münchner Volkstheaters in der Tumblingerstraße. © imago images/Karo

DEUTSCHES THEATER - Neues vom Stiftl

Der neue Pächter Stiftl Gastronomie wirbt mit dem Slogan "Mehr Bio aus Bayern im Theater". Vergleichsweise ambitionierte Getränkeauswahl (Bioweine, 0,2 l ab 8,50 Euro), aber auch bodenständige und andernorts unbekannte Snacks wie Obazda mit Breze werden vor den Vorstellungen und in der Pause angeboten. Nach Vorstellungsende ist die Gastronomie geschlossen. Das Theater verweist auf seiner Homepage allerdings auf Gaststätten in der unmittelbaren Umgebung.

Das Foyer des Deutsches Theaters.
Das Foyer des Deutsches Theaters. © imago/Spöttel Picture

BERGSON – ein Idealfall

Die Gastronomie des neuen Kulturkraftwerks im Münchner Westen – mit dem Restaurant Zeitlang, der Tagesbar und dem Biergarten – ist hier Teil des Gesamtkonzepts, weil sie mitgeplant wurde. Ein Falafelburger kostet an der Bar 16 Euro, ein Glas Grüner Veltliner (0,2l) über 10 Euro. Dafür ist der Espresso günstiger: in gewisser Weise als Gesamtkonzept der Idealfall.

Hochbetrieb im Restaurant Zeitlang des Kulturkraftwerks Bergson
Hochbetrieb im Restaurant Zeitlang des Kulturkraftwerks Bergson © picture alliance / SZ Photo

AUSBLICK – Das muss man bei anstehenden Sanierungen dringend beachten 

Das Thema Veranstaltungsgastronomie wird wichtiger werden, weil sich immer mehr Besucher ein Gesamterlebnis wünschen. Die älteren Theater- und Konzerthäuser in München sind darauf nur bedingt eingestellt. Museen sind da – teilweise – mit ihren Cafés einen Schritt weiter. Bei den anstehenden Sanierungen wird man dieses Thema beachten müssen, bei Neubauten ist es bereits geschehen.

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Die nur zu den Veranstaltungen geöffneten Kulturbauten in bester Lage – wie die Staatsoper und das Staatsschauspiel – sind da ein Anachronismus. Allerdings weiß man auch dort: Was abends geschieht, muss mittelfristig auch tagsüber sichtbar werden. Cafés und Tagesbars sind ein Anfang, aber zugleich ein wesentlicher Bestandteil eines niederschwelligen Zugangs zu allen Kulturbauten.

 

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  • Frale am 22.02.2025 14:42 Uhr / Bewertung:

    Wenn, dann geh ich vorher richtig Essen .... diese Abzocke mach ich nicht mit.

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