"Figaros Hochzeit" im Schloss Nymphenburg: Liebende Herzen von heute
München - Die Kammeroper München wagt sich dieses Jahr an einen Opern-Klassiker: "Die Hochzeit des Figaro" von Wolfgang Amadeus Mozart.
Alexander Krampe hat für die Inszenierung im Hubertussaal von Schloss Nymphenburg eine Fassung für Bläserquintett, Streichquintett mit Gitarre und Hammerklavier arrangiert, um die jungen Stimmen zu unterstützen und ebenfalls für Durchsichtigkeit zu sorgen. Die Inszenierung stammt von Maximilian Berling.
Maximilian Berling: "Die Platzierung der Bühne ist im Raum frei wählbar"
AZ: Herr Berling, "Figaros Hochzeit" gilt als perfekte Oper. Warum muss man sie dann bearbeiten?
MAXIMILIAN BERLING: Es ging uns nicht darum, Mozart und seinen Textdichter da Ponte zu verbessern. Trotzdem stellte sich uns die Frage, wie man die Oper im hier gegebenen Rahmen in einer Aufführungsdauer von zweieinhalb Stunden angemessen spielen kann, ohne auf ganze Musiknummern zu verzichten und die Handlung umzuschreiben.

Was ist der gegebene Rahmen?
Zuerst einmal der Hubertussaal mit seinen 350 Plätzen. Die Platzierung der Bühne ist im Raum frei wählbar, ein Orchestergraben fehlt. Das ist eine andere Situation als in einem klassischen Opernhaus, die aber die Chance größerer Flexibilität in sich birgt.
Maximilian Berling: "Die Musik erzählt unglaublich facettenreich von den Figuren"
Was macht für Sie die Qualität von "Figaros Hochzeit" aus?
Der französische Schriftsteller Pierre Augustin Caron de Beaumarchais hat mit seiner Figaro-Trilogie ein ganzes Universum geschaffen. "Der Barbier von Sevilla" erzählt die Vorgeschichte der Ehe zwischen Graf und Gräfin. "Figaros Hochzeit" entstand kurz vor der Französischen Revolution. Den sozialen Sprengstoff spürt man an der Kritik am Adel und der Forderung nach Bürgerrechten. In Österreich galt zu Mozarts Zeit ein Aufführungsverbot für das Schauspiel. Mozart musste erst die Erlaubnis für die Vertonung einholen. Beaumarchais hat Figaros Geschichte nach der Revolution im dritten, viel düstereren Teil weitererzählt. Wenn man aus "La mère coupable" erfährt, wie die Figuren weiterleben und dass der Graf und die Gräfin je ein uneheliches Kind haben, wirft das auch ein Licht auf das Personal der Oper.
Davon wussten Mozart und da Ponte nichts. Worin besteht der Schwerpunkt der Oper?
Die Musik erzählt unglaublich facettenreich von den Figuren, etwa in den Arien der Gräfin. Das 20-minütige Finale des zweiten Akts war in seiner Steigerung vom Duett bis zum Septett im bis dahin längsten Ensemble der Operngeschichte.

Was ist heute an der Geschichte von Graf, Gräfin, Susanna und Figaro noch interessant?
Letztendlich zeigt die Oper Menschen, die isoliert auf einem Anwesen leben. Figaro und Susanna wollen heiraten. Sie sind von einem Mächtigen abhängig, der sich Intimität mit Susanna wünscht, die das nicht möchte. Eine solche Konstellation ist auch heute möglich. Dazu kommt die Beziehung zwischen Graf und Gräfin: Rosina kennen wir aus dem "Barbier von Sevilla" als quirlige junge Frau. Nun wirkt sie wie von einer Depression gelähmt. Obwohl sie mit Almaviva höchstens ein Jahr verheiratet ist, leben beide schon aneinander vorbei. Solche Schicksale können wir nachfühlen: Herzen lieben heute wie vor 200 Jahren.
Berling: "Allein der Weg von der Stadt zum Schloss festigt die Stimmung beim Publikum"
Wie hat Alexander Krampe gekürzt?
Es gibt die klassischen Kürzungen im vierten Akt: Die Arien von Marzelline und Basilio fehlen, ebenso der Auftritt von Antonio im Finale des zweiten Akts. Innerhalb der Nummern wurde kondensierend in Wiederholungen und Zwischenspielen eingegriffen, ohne das große Ganze anzutasten. Bei den Rezitativen waren wir darauf bedacht, sie auf die Essenz zu verdichten.
Wie findet die Kammeroper ihre Solisten?
Manche Sängerinnen und Sänger sind im letzten Studienjahr an der Hochschule, andere haben bereits einen Abschluss.
Wenn Sie in einem Schloss eine Oper inszenieren, die in einem Schloss spielt, könnte das beim Publikum Erwartungen nach historischen Kostümen wecken. Werden diese auch erfüllt?
Allein der Weg von der Stadt zum Schloss festigt bereits die Stimmung beim Publikum. Viele Zuschauer kennen "Figaros Hochzeit". Ich wollte ein Konzept finden, das zum Rahmen und zu einem sehr jungen Ensemble passt. Unsere Sängerinnen und Sänger sind sehr nah am Alter der Figuren dran. Das ist ein eigener Reiz. Trotzdem ist mir wichtig, dass die Aufführung Theater bleibt.
Premiere am 24. August um 19.30 Uhr im Hubertussaal von Schloss Nymphenburg. Weitere Vorstellungen bis 18. September und ab 27. Dezember im Cuvilliéstheater. Karten bei München Ticket