Die Sieger erzählen

Simon Solberg inszeniert „Die Odyssee“ im Münchner Volkstheater und befragt sie nach ihrer Aktualität.  
Von Mathias Hejny |
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Simon Solberg im AZ-Interview.
Foto: Arno Declair/AZ Simon Solberg im AZ-Interview.

Simon Solberg inszeniert „Die Odyssee“ im Münchner Volkstheater und befragt sie nach ihrer Aktualität.

Unverschämt, aber nicht blasphemisch“ urteilte die AZ-Kritikerin im Herbst 2012 über die Premiere von „Moses“ im Volkstheater. Die Geschichte vom Auszug der Hebräer aus Ägypten war unter der Regie des jungen Regisseurs Simon Solberg zum einem „Mash-up-Musical“ mutiert. Jetzt widmet sich der 36-Jährige einem weiteren altehrwürdigen Text: „Die Odyssee“ des Homer. Am Sonntag ist Premiere.

AZ: Herr Solberg, was erwartet uns bei den hellenischen Heroen, nach dem Sie Moses rappen ließen?
 

Simon Solberg: Es gibt Musik, aber nur als „Bett“ für die Schauspieler. Was uns hier erwartet, ist vor allem ein hoch energetisches junges Ensemble, das sich mit allem, was es zu bieten hat, in Fragestellungen der heutigen Zeit hineinschmeißt.

Wer kam auf die Idee, Homer auf die Bühne zu bringen?

Ich wollte „Die Odyssee“ gerne machen, da der französische Schriftsteller Georges Duhamel einmal empfohlen hat, sich alle zehn Jahre mit der „Odyssee“ auseinander zu setzen. Er war der Meinung, dass sie das Grundpotenzial für jede andere große Geschichte beinhaltet. Und da ich sie vor genau zehn Jahren schon einmal in einer eigenen kleinen Fassung in Frankfurt als meine erste Regiearbeit inszeniert habe, schien mir der Moment jetzt richtig, mich der Geschichte erneut zu widmen.

 

Flüchtlingsdebatte spiegelt "Die Odysee" wieder

 

Was machen die Irrfahrten des Odysseus zum modernen Stoff?

Die Flüchtlingsdebatte und unser Involviertsein in Kriege wie in Syrien. So etwas wie Völkerwanderungen und Kriege spielen in der Geschichte des Abendlands schon immer eine große Rolle. Wie Odysseus aus dem Krieg flüchtet, was er auf seiner Reise durchlebt, erzählt auch etwas von dem, was den Menschen widerfährt, die zur Zeit als Geflüchtete zu uns kommen.

Im Fall der Odyssee gaben die Sieger die Geschichte erzählt. Doch was hätten die Trojaner dazu gesagt, dass sich die Griechen so ausbreiten und ihre Stadt besetzen? Wie hätten die Verlierer das Erlebte erzählt? Die Griechen haben auf der Rückfahrt von Troja Inseln überfallen und werden dann natürlich gejagt.

Sie blenden den Zyklopen und erleiden die Rache seines Vaters Poseidon. Beim zweiten Paris-Attentat im vergangenen November, habe ich mich gefragt: Warum trifft das Paris? Hat es auch etwas zu tun mit Frankreichs Geschichte als Kolonialmacht nach dem Ersten Weltkrieg oder dem Algerien-Krieg? Darum müssen wir uns heute fragen, inwiefern wir Europäer in den letzten Jahrhunderten Gewalt exportiert haben.

 

"Untersuche Stücke auf Schmerzpunkte"

 

Wie gehen Sie mit der Länge von Homers Versepos um?

Ich untersuche die Stücke immer daraufhin, wo die Schmerzpunkte sind. Zum Beispiel Kirke. Sie verwandelt die Leute in Schweine. Da stellt sich die Frage: Was macht uns zu Schweinen? Worin besteht die Verführung? Sagen wir mal ganz plakativ: Kirke ist der Luxus. Dann weiß ich, dass der Luxus mich zum Schwein macht. Ich weiß, es ist eigentlich falsch, aber zugleich gibt es ein Bedürfnis in mir, Luxus haben zu wollen.

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Es gibt unter diesen Abenteuern solche, bei denen auch das Ensemble findet, dass das etwas ist, was sie beschäftigt und was ihnen auch heute begegnet. Mit dem Wissen, dass man nicht die gesamte „Odyssee“ erzählen kann, reihen wir diese „Schmerzzentren“ aneinander.

„Die Odyssee“ ist ihre fünfte Produktion am Volkstheater. Sie fühlen sich wohl hier!

Ich finde das Haus einzigartig, weil nirgendwo sonst es so familiär ist und die Wege so kurz sind. Es ist einfach viel persönlicher als in den größeren Theatern. Trotzdem gibt es eine tolle große Bühne und außerdem ein junges, aufgewecktes Publikum. Unter den Schauspielern, die hier ausgesucht werden, sind spannende junge Leute dabei. Deshalb macht es immer wieder Spaß, hierher zu kommen.   

Volkstheater,

Sonntag, weitere Vorstellungen am Montag, 20 Uhr, 29. Januar, 4., 14. Februar, 1., 2. März, 19.30 Uhr, 

Karten unter 089/5234655

 

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