Brit Bartkowiak inszeniert „3000 Euro“

Brit Bartkowiak inszeniert im Volkstheater den Roman „3000 Euro“.
Mathias Hejny |
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Offenbar lag der Stoff in der Luft. Während der Ferien erkundigte sich Regisseurin Brit Bartkowiak beim Dramaturgen David Heiligers, was er gerade lese. Es stellte sich heraus, dass beide ohne sich vorher darüber verständigt zu haben in „3000 Euro“ schmökern. Damit war die Marschrichtung für die letzte Produktion der Saison 2014/2015 auf der Kleinen Bühne des Münchner Volkstheaters, festgelegt, erinnert sich die in Berlin lebende Theaterfrau aus dem Mittelhessischen: Es wird eine Bühnenadaption des Romans von Thomas Melle.

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Der 40-jährige Schriftsteller ist nicht nur Romancier, sondern schreibt auch Dramatisches für Rundfunk und Theater. Daher lag es nahe, dass er seinen Text für das Volkstheater selbst zubereitet. Für Brit Bartkowiak ist diese Produktion in zweifacher Hinsicht ein Debüt. Zum einen ist „3000 Euro“ ihre erste Arbeit in München. Zum anderen ist es das erste mal, dass sie ein Werk inszeniert, dass ursprünglich nicht als Schauspiel geschrieben wurde. Doch der Roman habe sie sofort berührt: Melle „hat es geschafft, diese Figuren aus einer Innensicht heraus ganz sensibel, zärtlich und menschlich zu zeigen“, erklärt die 35-jährige Regisseurin. „Durch diesen Blick der Figuren auf die Gesellschaft gelingt es, die gesamte Gesellschaft zu beschreiben“.

Dieser Blick ruht dennoch vor allem auf den unteren Rand der bundesrepublikanischen Wirklichkeit. Die titelgebenden 3000 Euro sind das Durchschnittseinkommen der Deutschen – ein rein statistischer Wert, denn Denise verdient an der Kasse eines Discount-Supermarkts natürlich wesentlich weniger. Anton, ein Stammkunde und Flaschensammler, verliebt sich in sie, hat aber nicht einmal einen wenigstens schlecht bezahlten Job und auch keine Wohnung mehr. Ihm gilt die Sympathie der Regisseurin in besonderer Weise, denn Anton ist ein verkrachter Jurastudent, der einst alle Voraussetzungen für eine große berufliche Karriere hatte. Als freischaffende Künstlerin hat sie selbst das Damoklesschwert plötzlicher Armut ständig über sich: Zwei oder drei Flops, und der Traum von der erfolgreichen Theaterregisseurin ist ausgeträumt.

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Zur Zeit läuft es aber gut für sie. In der zu Ende gehenden Spielzeit hatte sie neben München Aufträge aus Berlin, Göttingen, Mainz, Ingolstadt und Bratislava. In der Vergangenheit beschäftigte sie sich schon häufiger mit Stücken, die soziale Realität beschreiben: „Arm durch Arbeit“ von Markus Breitscheidel, „Der goldene Drache“ von Roland Schimmelpfennig, „Mutter Mameloschn“ von Marianne Salzmann oder „Deportation Cast“ von Björn Bicker.

Wie dicht das Theater an die Wirklichkeit von Armut im reichen Deutschland heranrücken kann, wird Matthias Lilienthal zur Eröffnung seiner ersten Kammerspiel-Saison mit den „Shabby Shabby Apartments“ testen. Dort kann man sich einen Platz für eine Nacht zum Probeschlafen ohne Obdach mieten. „Es ist durchaus relevant, aus dem Tempel herauszugehen“, meint Bartkowiak zu diesen Experimenten. Damit stelle man gar nicht in Frage, „dass man auch im Theater Geschichten erzählt, die sonst weniger Gehör hätten“. Das betreffe vor allem Melles Text, der „so nah an Denise und Anton herankommt, dass man erkennt: Sie sind nicht so weit weg von uns“.

Info:

  • Münchner Volkstheater (Kleine Bühne)
  • Premiere 10. Juni um 20 Uhr, nächste Vorstellungen 11., 24., 25., 27. Juni 18.30 Uhr, 12. Juni, 20 Uhr
  • Telefon: 5234655
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