Roman zur Kolonialgeschichte: Auf dunklen Spuren

Thomas Kraft betreibt mit seinem Roman "Zeit der Narben" auch eine lesenswerte Recherche deutscher Geschichte in Ghana.
Volker Isfort
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Ein altes Sklavenfort an der Goldküste in Ghana.
Ein altes Sklavenfort an der Goldküste in Ghana. © Foto: Gabriel Ahiabor/Imago

Die beiden Filmjournalisten Paula und Stefano wollen sich im westafrikanischen Ghana auf die Spuren der Kolonialgeschichte begeben. Dort unterstützt sie ihr alter Schulfreund Richard, der es in den diplomatischen Dienst der Bundesrepublik geschafft hat.

Und während die beiden mit den tropenüblichen Anfangsschwierigkeiten wie Fieberschüben und Magenverstimmungen zu kämpfen haben, recherchieren sie tapfer das unrühmliche Kapitel deutscher Geschichte in Ghana.

Kurfürst Wilhelm I. handelte schon früh mit Sklaven

Das begann schon im 17. Jahrhundert, als Kurfürst Wilhelm I. von Brandenburg einen Handelsposten errichten ließ, wobei das einträgliche "Produkt" damals hauptsächlich Sklaven waren, denen vor dem Abtransport nach Jamaika die Initialen CABC eingebrannt wurden: churfürstlich-afrikanisch-brandenburgische-Compagnie. Nur jeder fünfte erreichte lebend sein Ziel.

Als Beitrag zur aktuellen Kolonialismusdebatte hat der Herrschinger Autor Thomas Kraft seinen Roman "Zeit der Narben" allerdings nur am Rande konzipiert. Und so treffen Paula und Stefano bald auf Menschen, die von anderen Auseinandersetzungen berichten. Nämlich denen zwischen Klaus Kinski und Werner Herzog, die sich hier am Set von "Cobra Verde" stritten.

Eine Segelflugschule für Ghana

Als Richard den beiden Dokumentarfilmern ein Buch über Hanna Reitsch, Hitlers berühmteste Fliegerin, zeigt, springt vor allem Paula darauf an. Ihr Großvater starb noch in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs bei einem sinnlosen Einsatz als Flieger, woran Reitsch indirekt mitschuldig sein könnte.

Vor allem aber baute die im Dezember 1947 als "Nichtbetroffene" entnazifiziert Reitsch zwischen 1962 bis 1966 eine Segelflugschule in Ghana auf und wurde auch Pilotin des damaligen Präsidenten Kwame Nkrumah.

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Paula und Stefano setzen ihre Recherchen über die Reitsch fort und werden nachts in einer Hotelanlage überfallen. Waren es nur Gelegenheitsdiebe, oder gibt es heute noch Menschen, die Geschichten über diese Riefenstahl der Lüfte steuern wollen?

Wer war's?

Bei ihrer Rückkehr nach Berlin klärt sich diese Frage auf brutale Art. Stefano wird von einem Mob zusammengeschlagen und auch Paula spürt nun, das dies ein Zufall zu viel war. Mit Unterstützung alter Freunde machen sie sich auf, herauszufinden, wer es auf sie abgesehen hat und was die Gegner wollen.

Thomas Krafts mit überzeugendem Lokalkolorit verfasster Roman nimmt in Berlin die Wendung zu einem rasanten Krimi, dessen Ende selbst geschulte Krimivielleser überrascht.

Thomas Kraft: "Zeit der Narben" (Conte, 316 Seiten, 18 Euro)

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