Buch über "Der Pate": Die Geschichten hinter der Legende
Als "Der Pate" vor 50 Jahren in den amerikanischen Kinos anlief, saß dessen Regisseur Francis Ford Coppola in einem Hotelzimmer in Paris und arbeitete an einer Drehbuchfassung für "Der große Gatsby".
Drama epischen Ausmaßes um die Verfilmung von "The Godfather"
Er hatte den wenig lukrativen Job angenommen, weil er vollkommen abgebrannt war und zudem felsenfest überzeugt, mit "Der Pate" einen weiteren Flop abgeliefert zu haben - bis ihn seine Frau aus San Francisco anrief und von den längsten Kinoschlangen seit "Vom Winde verweht" berichtete.
Die Schlacht um die Verfilmung von Mario Puzos 1969 erschienenem Bestseller "The Godfather" ist selbst ein Drama epischen Ausmaßes, der amerikanische Journalist Mark Seal schildert es in seinem Buch "Leave the Gun, Take the Cannoli" als einen Krimi mit bekanntem Ausgang.
Zu viele Gangsterfilme waren zuletzt an der Kinokasse gescheitert
Das Paramount Studio hatte mit Robert Evans zwar einen neuen, charismatischen Chef, aber kaum noch Zukunft. Die Schuldenlast war erdrückend. Die "Love Story" hatte zwar Ali MacGraw an Evans Seite gebracht, aber trotz großen Kassenerfolges nicht für die Trendwende gesorgt.

Die früh und günstig erworbenen Filmrechte für "Der Pate" mussten erfolgreich verfilmt werden, aber kein Regisseur von Rang und Namen wollte das Projekt haben, zu viele Gangsterfilme waren zuletzt an der Kinokasse gescheitert.
Francis Ford Coppola legte sich früh auf Marlon Brando und Al Pacino fest
Der erst 31-jährige Francis Ford Coppola erhielt den Auftrag nur, weil er Italo-Amerikaner war. Sein Interesse hielt sich in sehr engen Grenzen, er sagte schließlich nur zu, weil seine eigene mit George Lucas gegründete Filmfirma Zoetrop vor dem Bankrott stand.
Und dann begann die Schlacht um die Besetzung. Früh hatte sich Coppola auf Brando als Paten festgelegt, ebenso auf Al Pacino als dessen Sohn Michael Corleone, aber davon wollten die Studiobosse nichts wissen. Brando galt als Kassengift und zu heikel im Umgang, der unbekannte Pacino wurde von Evans in Sitzungen als Zwerg verspottet.
Aus Kostengründen wollte Paramount keine Drehs in New York
Als Coppola 500 Dollar investierte, um mit seinem Cast ein Wochenende lang Probeaufnahmen zu machen, rügte ihn das Studio wegen Verschwendung. Aber Monate später, nachdem Paramount etliche hunderttausend Dollar in die Tests mit hunderten von Schauspielern investiert hatte, bekam Coppola doch seine Wunschbesetzung.
Aus Kostengründen wollte Paramount keine Drehs in New York und vor allem eine Verlegung der Geschichte in die Aktualität. Coppola hielt daran fest, die Geschichte in den vierziger und fünfziger Jahren in New York spielen zu lassen.
Coppola rechnete täglich damit, gefeuert und ersetzt zu werden
Doch war er nach monatelangen Zermürbungskämpfen so erschöpft, dass er schon zum Start der 70-tägigen Dreharbeiten in New York auf Medikamente angewiesen war. Immerhin konnte überhaupt gedreht werden. Kurz zuvor hatte Mafia-Pate Joseph Colombo als Gründer und Anführer der Italian American Civil Rights League gedroht, die Dreharbeiten lahm zu legen, falls im Film das Wort "Mafia" falle.
Doch nach einem Treffen mit einem Paramount-Offiziellen gab sich Colombo beruhigt. Coppola hingegen rechnete wie auch Al Pacino täglich damit, gefeuert und ersetzt zu werden und entließ schließlich ein halbes Dutzend Produktionsmitarbeiter, die sich gegen ihn verschworen hatten. Das gab ihm nur eine kurze Verschnaufpause.
Denn was an Aufnahmen aus New York nach Los Angeles geschickt wurde, stieß dort zunächst auf ein katastrophales Echo. Als "viel zu dunkel" kritisierte Evans die legendäre Anfangsszene, zudem könne man Brando kaum verstehen.
Über 100 Interviews hat Mark Seal für sein anekdotenreiches Buch geführt, er gibt aber zu, dass sich manche Geschichte im Lauf der letzten 50 Jahre verselbstständigt habe. Verbrieft allerdings ist das gespannte Verhältnis zwischen Coppola und Evans.
Im Jahr 2020 wurde ein Telegramm des Regisseurs an Evans für 38.000 Dollar versteigert, in dem Coppola noch einmal darauf hinwies, dass Evans mit seiner Verhinderungspolitik nichts zum Erfolg von "Der Pate" beigetragen habe.
Sensationeller Erfolg an der Kinokasse rettet Paramount und Brandos Ruf
Evans selbst sah das ein wenig anders, bedauerte aber, dass "Der Pate" ihn seine Frau gekostet habe. Denn während Evans von seiner Villa in Los Angeles aus stets auf einem seiner 32 Telefone Nachrichten über Coppolas Dreharbeiten erhielt, drehte Ali MacGraw mit Steve McQueen, den sie dann auch bald heiraten sollte.
Der sensationelle Erfolg an der Kinokasse rettete Paramount und den Ruf von Brando, der einen Oscar für seine Darstellung als Don Vito erhielt. Dumm nur, dass er kurz nach den Dreharbeiten seinen Vertrag mit Paramount revidiert hatte. Um kurzfristig Schulden zu bezahlen, ließ er sich von Paramount seine Beteiligungsprozente am Einspielergebnis für 175.000 Dollar abkaufen. Sie hätten ihm bald darauf über zehn Millionen Dollar beschert.
Mark Seal: "Leave the Gun, Take the Cannoli" (Gallery Books, 432 Seiten, 28,99 Dollar)