"Aufstehen für Kultur": Kunstschaffende fordern mehr Solidarität

Die Kundgebung "Aufstehen für Kultur" macht auf die immer noch schwierige Lage von Freiberuflern in der Corona-Krise aufmerksam.
Robert Braunmüller
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Die Kundgebung am Königsplatz.
Die Kundgebung am Königsplatz. © Daniel Loeper

München - Wo würde die deutsche Wirtschaft heute stehen, wären in den letzten Monaten die Kunstminister für sie verantwortlich gewesen?", sagte Hansjörg Albrecht am Königsplatz. Für diese effektvolle Pointe bekam der Organist, Dirigent und künstlerische Leiter des Münchener Bach-Chores viel Beifall von den rund 1.000 Demonstranten, die sich am Königsplatz für eine stärkere Berücksichtigung kultureller Belange in der - hoffentlich - dank einer täglich steigenden Impfquote zu Ende gehenden Corona-Krise einsetzen.

Kunstminister Sibler zeigt sich bei Härtefällen gesprächsbereit

Bayerns Kunstminister Bernd Sibler hörte sich die Kritik gelassen an - wie schon bei der ersten Kundgebung im Oktober. Er kam später selbst auf die Bühne, um im Gespräch mit dem Cellisten Michael Rupprecht eine Fortsetzung der Hilfen für Solo-Selbstständige und einen vom Staat unterstützten Bayerischen Kultursommer anzukündigen. Auch bei Härtefällen zeigte sich Sibler gesprächsbereit.

Rupprecht hatte zuvor die zentralen Forderungen der Initiative "Aufstehen für Kultur" verkündet: Eine sofortige Öffnung aller Veranstaltungsräume nach österreichischem Vorbild mit Belegung der Hälfte aller Plätze, eine staatliche Kompensation der pandemiebedingten Verdienstausfälle von Freiberuflern nach dem Vorbild des Kurzarbeitergeldes und den Ankauf von Eintrittskarten durch den Staat bei abgesagten Aufführungen. Veronika Stross, die Initiatorin der Kundgebung, kritisierte das grassierende Schwarz-Weiß-Denken und mahnte mehr Solidarität unter Künstlern an. Sie war wegen ihrer Entscheidung kritisiert worden, Julia Neigel das Schlusswort per Video zu erteilen, die sich gegen einen Impfzwang ausspricht. Stross äußerte außerdem Sympathien für die Schauspieler-Aktion #allesdichtmachen.

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In diesem Punkt widersprach ihr Ecco Meineke sanft, der die Kundgebung moderierte. Der Kabarettist und Musiker schilderte seine Probleme mit ausfallenden Auftritten und der von der Politik zwar angekündigten, aber eher spärlich fließenden staatlichen Hilfe. Er habe für mehrere Monate Grundsicherung beantragen müssen, außerdem sei ihm wegen Eigenbedarfs die Wohnung gekündigt worden.

Verankerung des Schutzes von Kunst und Kultur im Grundgesetz gefordert

Hansjörg Albrecht und der Sänger Christian Gerhaher erläuterten die Beweggründe für ihre Verfassungsklage, die angesichts der Öffnung der Theater und Konzertsäle mittlerweile etwas überholt sein dürfte. Wie andere Redner forderten die beiden Musiker eine Verankerung des Schutzes von Kunst und Kultur als Grundrecht im Grundgesetz.

Der ehemalige Kulturstaatsminister Julian Nida-Rümelin mahnte, die Interessen jüngerer Menschen in den Blick zu nehmen. Er warnte vor drohenden Etatkürzungen. Kunst und Kultur müssten zusammen mit der Bildung ganz nach oben auf die politische Prioritätenliste.

Eine Kinobetreiberin beklagte die Maskenpflicht, das Verkaufsverbot für Cola und Popcorn, die beginnende Biergartensaison und die schlechten Zeiten an sich, Artisten vom Circus Krone und ein HipHopper weiteten den bisweilen sehr hochkulturellen Blick der Kundgebung, Konzertveranstalter aus dem Popbereich warben für ein sicheres und bereits im Ruhrgebiet erprobtes Open-Air-Konzept mit Strandkörben.

Ehemaliger Kunstminister übt Selbstkritik

Die grüne Kultursprecherin Sanne Kurz kritisierte die schlechte Kommunikation der Bayerischen Staatsregierung, die großmäuligen Ankündigungen oft eher kleine Taten folgen lasse. Der ehemalige Kunstminister Thomas Goppel übte Selbstkritik: Er habe in seiner Zeit als Abgeordneter und Politiker zu wenig mit Künstlern gesprochen.

Gegen Ende kritisierte eine Rednerin den Kunstminister, weil er nicht bis zum Ende der über dreistündigen Veranstaltung geblieben sei. Da saß Sibler bereits im neuen "Hamlet" des Residenztheaters. Wenn der Minister die erste Premiere eines bayerischen Staatstheaters nach der monatelangen Schließung versäumt hätte, wäre das dort auch nicht gut angekommen. Es bleibt eben schwierig, es allen recht zu machen - ein Problem, das nicht nur die Politik betrifft.

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