München: Pflegepersonal nicht vor Abschiebung verschont

Die Diakonie Bayern findet die drohende Abschiebung etlicher Pflegekräfte irrwitzig – und bekommt Zuspruch von den Grünen. Derweil landen 69 abgelehnte Asylbewerber in Kabul. 51 davon sind aus Bayern.
Ruth Schormann |
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Am Mittwoch sind Flüchtlinge der bisher größten Sammelabschiebung in Kabul gelandet.
Am Mittwoch sind Flüchtlinge der bisher größten Sammelabschiebung in Kabul gelandet. © dpa

München - Am Mittwoch erst titelte die AZ: Diese Minister packen das Pflege-Problem an. Endlich soll etwas geschehen, nachdem seit Jahren zu wenig Fachpersonal für die Patienten in Seniorenheimen und Krankenhäusern da ist.
Am Sonntag erst sagt Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), er wolle gezielt Kräfte aus dem Ausland für die Pflege anwerben. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sagt: "Ausländer, die als Pfleger arbeiten wollen, sollten für ein halbes Jahr nach Deutschland kommen dürfen."

Gleichzeitig rühmt sich Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) damit, wieder 69 abgelehnte Asylbewerber aus München mit dem Flugzeug nach Kabul geschickt zu haben. So viele wie nie zuvor. Diesmal waren nach aktuellem Kenntnisstand keine Mitarbeiter der Diakonie dabei. Doch die Angst dort wächst. Dort sind mehrere Fälle aus Bayern bekannt, in denen Flüchtlinge nach der einjährigen Pflegehelferausbildung keine Arbeitserlaubnis mehr bekamen und die Ausbildung zur vollen Pflegefachkraft verboten wurde.

Trotz Personalmangels: Ausgebildete Migranten abgeschoben

"Stattdessen wurde diesen dringend benötigten Pflegekräften die Abschiebung angedroht", erklärt die Diakonie. Präsident Michael Bammessel ist sauer: "Es grenzt an Irrsinn, wenn wir motivierte, ausgebildete Migranten des Landes verweisen, obwohl wir mancherorts aus Personalmangel keine Pflegebedürftigen mehr aufnehmen können."

Das soll sich ändern, fordert der Wohlfahrtsverband. Rückendeckung bekommt die Diakonie bei ihrer Forderung von den Grünen im bayerischen Landtag: "Es ist unsinnig und für hier integrierte Menschen auch unmenschlich, wenn wir motivierte, ausgebildete Migranten des Landes verweisen, wo wir doch gleichzeitig Anwerbeprogramme durchführen, um Menschen aus Drittländern zu uns zu holen, die erst noch unsere Sprache lernen und sich hier integrieren müssen", sagt Grünen-Sprecherin Christine Kamm.

Derweil versichert Innenminister Herrmann, konsequent die Ausreisepflicht durchzusetzen. "Mit 51 abgelehnten Asylbewerbern aus Bayern stellte der Freistaat den Löwenanteil dieser Sammelabschiebung", teilt er mit. Fünf davon seien Straftäter gewesen. Am Mittwochmorgen kamen sie in Kabul an, wie Beobachter afghanischer und internationaler Flüchtlingsinstitutionen sagten. Bislang hatte eine Vereinbarung gegolten, wonach nicht mehr als 50 Flüchtlinge an Bord sein dürfen. 


Ein mit abgelehnten Asylsuchenden besetztes Flugzeug startet in München. Foto: dpa

Herrmann erklärt am Mittwoch, dass die Beschränkung auf Straftäter, Gefährder und hartnäckige Identitätsverweigerer bei Abschiebungen wieder entfällt. "Auch die Bundeskanzlerin hat klar bestätigt, dass Abschiebungen nach Afghanistan wieder ohne Einschränkung möglich sind." Seit einem schweren Anschlag vor der deutschen Botschaft in Kabul hatten die Behörden Abschiebungen beschränkt.

Azubi zur Fahndung ausgeschrieben

Tatsächlich sind unter den Passagieren Schüler und junge Erwachsene, die integriert sind, wie Esam (27) aus München, der bald seine Ausbildung zum Bäcker begonnen hätte (AZ berichtete). "Es sollte auch einer mit, der sich in zweijähriger schulischer Ausbildung befand", erklärt Stephan Dünnwald vom Bayerischen Flüchtlingsrat der AZ. "Bayern macht vor Azubis bei der Abschiebung keinen Halt", sagt Dünnwald. Der Auszubildende sei nicht gefunden worden und jetzt zur Fahndung ausgeschrieben.

Berufsschüler und ein Mann in einem festen Arbeitsverhältnis standen laut Flüchtlingsrat ebenfalls auf der Abschiebe-Liste. Einige der jungen Männer erzählten einem Reporter am Flughafen, dass sie bis zu acht Jahre lang in Deutschland gelebt und gearbeitet hätten. "Für Bayern gibt es offenbar keine Grenzen mehr", sagt Bernd Mesovic von Pro Asyl.


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