Zukunft ohne Eis: "Unsere Gletscher bluten aus"

Von den bayerischen Gletschern wird bald nicht mehr viel zu sehen sein und zwar viel schneller als bisher gedacht, wie ein neuer Bericht zeigt. Vom "ewigen" Eis könnte in zehn Jahren nichts mehr übrig sein.
Ruth Schormann
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Der Schneeferner-Gletscher auf der Zugspitze. Die dortige Umweltforschungsstation, das Schneefernerhaus, liefert laut Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) "europaweit einzigartige Erkenntnisse" für die Klimaforschung. Die Frage aber ist: wie lange noch?
Der Schneeferner-Gletscher auf der Zugspitze. Die dortige Umweltforschungsstation, das Schneefernerhaus, liefert laut Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) "europaweit einzigartige Erkenntnisse" für die Klimaforschung. Die Frage aber ist: wie lange noch? © imago images/Plusphoto

München - Mit bloßem Auge sei der Klimawandel auf Bayerns fünf letzten Gletschern - dem nördlichen und südlichen Schneeferner, dem Höllentalferner, dem Watzmanngletscher und Blaueis - zu sehen. Es ist ein Endzeitszenario, das Thorsten Glauber, Bayerns Umweltminister (Freie Wähler), bei der Präsentation des neuen Bayerischen Gletscherberichts am Donnerstag zeichnet.

Alle 30 Sekunden schmelzen 250 Liter Gletschereis

Seine dramatische Wortwahl zeugt vom Ernst der Lage hoch oben auf Bayerns Bergen: "Die Tage unserer bayerischen Gletscher sind gezählt - und das früher als gedacht", sagt er. Im schlimmsten Falle könnte bereits in zehn Jahren der letzte der fünf bayerischen Gletscher Geschichte sein. Denn: Alle 30 Sekunden, so Glauber weiter, schmelzen allein am nördlichen Schneeferner 250 Liter Eis. Einer der Gründe dafür ist der Temperaturanstieg.

Zwar falle auf der Zugspitze noch jedes Jahr Schnee, doch die Zeiträume dafür werden durch wärmere Temperaturen immer kleiner, erklärt Glauber. Die Gletscher schwinden also, in rund zehn Jahren haben sie dem Bericht zufolge bereits zwei Drittel ihres Volumens verloren. "Ihre Fläche ist um rund 36 Fußballfelder zurückgegangen", veranschaulicht der Umweltminister. Fatal ist auch: Taut der Permafrost, eine Art "Klebemittel", verlieren die Berge an Stabilität, Erdrutsche und Felsstürze könnten zunehmen.

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Eine wesentliche Aufgabe der Gletscher ist außerdem die Wasserversorgung, sowohl was das Trinkwasser angeht, als auch die Gebirgsbäche. "Wenn etwa der Niederschlag ausfällt, puffern die Gletscher das bislang ab", sagt Christoph Mayer, Glaziologe bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, die den Bericht mit dem Umweltministerium erstellt hat.

Er weist außerdem darauf hin, dass Bayerns Gletscher sowohl für den Tourismus als auch für die Forschung eine essenzielle Bedeutung hätten, da deren Beobachtung wichtiger Indikator für die Klimaentwicklung ist.

"Die Pflanzenwelt in der Nähe der Gletscher wird verschwinden"

"Wir werden nicht nur ein einzigartiges Naturlabor mit dem Schneefernerhaus auf der Zugspitze verlieren", blickt Mayer in die Zukunft, "sondern auch wichtige Ökosysteme. Die Pflanzenwelt in der Nähe der Gletscher wird verschwinden", macht er deutlich. 60 Prozent aller Tier- und Pflanzenarten Deutschlands sind in den Alpen daheim, so Glauber.

Bedrohliche Aussichten. Daher kündigt Glauber an: "Wir wollen massiv in die Klimaforschung investieren. Insgesamt fließen im Freistaat aktuell rund 70 Millionen Euro pro Jahr in die Klimaforschung. Diese Summe wollen wir deutlich erhöhen." Außerdem möchte er, dass die Umweltforschungsstation Schneefernerhaus zukünftig von der EU unterstützt wird.

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  • Guidomuc am 29.04.2021 19:41 Uhr / Bewertung:

    70 Mio. Euro? Was will man denn damit machen? Ist bereits alles erforscht: bis vor etwa 6.000 Jahren waren die Alpen bis in Höhen von 3.000-4.000 Metern eisfrei, dann setzte eine langsame Gletscherbildung ein und zB Ötzi wurde dauerhaft "eingeschneit". Ab Ende der sog. kleinen Eiszeit Mitte des 19. Jahrhundert schmolzen die Gletscher dann langsam ab. Kontinuierlich, bis heute. Mit 70 Mio kann man super zB die Malariaforschung unterstützen, da sterben jeden Tag über 1.000 Menschen, 70% davon Kinder.

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