Volksbegehren fast am Ziel
München - Gut 950.000 Unterschriften braucht das Volksbegehren "Artenvielfalt", damit sich der Landtag mit dessen Gesetzentwurf befassen muss. Diese Zahl könnte am Montagabend schon geknackt worden sein, so die Erwartung der Initiatoren. Genaue Zahlen gibt’s aber erst am Mittwochabend, wenn die Frist zur Eintragung endet.
Eines jedoch ist sicher: Schon am Sonntagabend waren nach Hochrechnungen 900.000 Unterschriften erreicht worden – rund 9,4 Prozent der für einen Erfolg nötigen zehn Prozent aller Wahlberechtigten in Bayern. "Das zeigt ganz deutlich, wie das Thema die Menschen in Bayern bewegt. Dass sie jetzt die Notbremse ziehen und eine andere Politik möchten, um dieses größte Artensterben seit dem Aussterben der Dinosaurier endlich zu stoppen", so Ludwig Hartmann, Grünen-Fraktionsvorsitzender im Landtag. "Wir haben wirklich einen ganz großen Rückenwind", sagte gestern auch die Beauftragte des Volksbegehrens, Agnes Becker (ÖDP).
Ministerpräsident Söder kündigt Runden Tisch an
Angesichts des anhaltenden Ansturms in den Rathäusern haben aber weder die Initiatoren noch die Staatsregierung Zweifel, dass die Hürde genommen wird. Damit läuft alles auf einen Volksentscheid zu.
Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat darauf bereits reagiert und einen Runden Tisch angekündigt. Bislang habe es aber noch keine Einladung dazu gegeben, sagte Hartmann und stellte zugleich klar: "Und ich kann dazu nur eins dazu sagen, das Thema kann man nicht mit einem Runden Tisch wegmoderieren." Er halte nichts von einer weiteren Runde, die rein auf Freiwilligkeit setze. "Denn das funktioniert seit Jahren nicht. Ich möchte noch einmal an die Biodiversitäts-Strategie erinnern, die am 1. April 2008 auf den Weg gebracht wurde: Keines der Ziele wurde erreicht."
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"Problem wurde jahrelang ignoriert"
Sämtliche Errungenschaften im Naturschutzbereich seien nur durch Vorgaben erreicht worden, so Hartmann. "Sei es, dass der Regen nicht mehr sauer ist, das waren die Entschwefelungsanlagen in den Kraftwerken. Oder dass die Flüsse sauberer geworden sind, das waren die Vorgaben für die Kläranlagen. Auch, dass FCKW aus den Kühlschränken verschwunden ist oder der Katalysator für die Autos eingeführt wurde – all das kam nicht freiwillig."
Eine möglichst hohe Beteiligung am Volksbegehren sei daher wichtig, so der Grünen-Fraktionsvorsitzende. "Nur das hat eine Wirkung auf die Staatsregierung – wenn sich eine große Zahl eintragen lässt."
Söder will Gesetzesentwurf vorlegen
Darauf weist auch die Beauftragte des Volksbegehrens, Agnes Becker (ÖDP), hin: "Fakt ist: Wären wir nicht losgelaufen mit diesem Volksbegehren, hätten wir nicht diesen Rückenwind aus der Bevölkerung, dann wäre zu diesem Zeitpunkt kein Mensch in der Staatsregierung bereit, über dieses Problem tatsächlich ernsthaft zu sprechen." Allein dies sei schon ein greifbarerer Erfolg – "weil dieses Problem jahrelang ignoriert und schöngeredet worden ist".
Ministerpräsident Söder hatte über einen Runden Tisch hinaus ein umfassendes Gesetz für mehr Natur- und Artenschutz ankündigt. Dieses will er – als Alternativ-Entwurf, unabhängig vom Volksbegehren – schon bis Frühsommer vorlegen. Mit seiner Ankündigung handelt Söder allerdings unter Zugzwang. Denn setzt der Landtag den Gesetzentwurf des Volksbegehrens nicht unverändert um, kommt es zum Volksentscheid: Dann dürfen alle Wahlberechtigten darüber abstimmen. Die Initiatoren des Volksbegehrens bekräftigten, sie seien jederzeit gesprächsbereit. Der Gesetzentwurf sei jedoch nur das Minimum dessen, was erreicht werden müsse.
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