Vierseithof in der Hallertau: Entrümpel-Hilfe oder Hausfriedensbruch?
Au - Es war keine alltägliche Geschichte, die sich in den Frühsommermonaten in der Hallertau abspielte. Die Aktivistengruppe WDzwo aus dem Münchner Raum hatte eine verlassene Hofstelle im Auer Gemeindegebiet (Landkreis Freising) besetzt, um sie vor dem Verfall zu bewahren. Schließlich wurde das Anwesen von der Polizei geräumt und die Hausbesetzung damit beendet. Nun folgt das juristische Nachspiel.
Strafbefehl gegen Hausbesetzerin
Wie die Aktivisten berichten, ist gegen eine Hausbesetzerin Strafbefehl erlassen worden. "Die Aktivistin wird vom Amtsgericht Freising des Hausfriedensbruchs beschuldigt, die auferlegte Geldstrafe beträgt 1500 Euro", heißt es in einer Pressemitteilung von WDzwo.
Für die Aktivisten ist dies nicht nachvollziehbar, wie Sprecherin Mia Finke deutlich zum Ausdruck bringt: "Das ist absurd. Dass junge Menschen für ihr Engagement kriminalisiert werden, verurteilen wir stark."
Aktivisten: Leerstehender Hof bewohnbar gemacht
Die Aktivisten ordnen ihr Vorgehen anders ein: Sie hätten den leerstehenden Hof aufgeräumt, entrümpelt und begonnen, ihn wieder bewohnbar zu machen. Finke: "Eigentlich sollten sie eine saftige Rechnung für Reinigungs-, Reparatur- und Instandsetzungsarbeiten an die Nachlassverwaltung und die Erbengemeinschaft stellen können und nicht Strafe dafür zahlen."
Am 10. November soll der Fall in Freising verhandelt werden
Die beschuldigte Aktivistin sieht dies genauso und hat Einspruch gegen den Strafbefehl eingelegt, teilt Finke auf AZ-Nachfrage mit. Was die weiteren Entwicklungen betrifft, stehe die Beschuldigte in engem Austausch mit ihrer Anwältin. Schon am 10. November ist nach Angaben des Amtsgerichts Freising ein Verhandlungstermin angesetzt.
Insgesamt waren 15 bis 20 Frauen und Männer an der Hausbesetzung beteiligt, heißt es in der Pressemitteilung weiter. Ziel sei gewesen, "nicht nur Wohnraum zu schaffen, sondern in den Nebengebäuden der vierseitigen Anlage ein Kultur- und Seminarzentrum entstehen zu lassen". Es sollte ein "offener Ort des kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Austauschs werden, von dem die gesamte Region profitieren sollte", insbesondere Jugendliche.
Während die Erben streiten, wurde der Hof durch Aktivisten hergerichtet
Der alte Vierseithof in Wolfersdorf 2 steht seit fast zehn Jahren leer. "Der Grund dafür sind scheinbar Uneinigkeiten in der Erbengemeinschaft, die aus über 20 Personen besteht", wollen die Aktivisten herausgefunden haben. Anfang des Jahres hat die Gruppe dann zunächst im Verborgenen begonnen, den Hof herzurichten. Am 4. Juni wurde die Besetzung von den Aktivisten in einem "Coming-out" öffentlich gemacht. "Elf Tage später stellte eine einzelne Erbin plötzlich Strafanzeige und schickte die Polizei vorbei", schildern die Aktivisten in ihrer Mitteilung.
Gruppe macht aufmerksam auf Wohnungsnotstand
Das Haus befände sich aufgrund des jahrelangen Leerstands in einem schlechten Zustand, sagt Finke: "Der gesamte Innenbereich war total verwüstet, und von außen konnte man dem Haus quasi beim Zusammenfallen zusehen."
Gleichzeitig herrsche in vielen Teilen Bayerns Wohnungsnotstand - auch auf dem Land. "Es ist unverantwortlich, dass hier sehenden Auges wertvoller Wohn-, Arbeits- und Lagerraum verkommen gelassen wird. Das konnten wir nicht so hinnehmen."
Nachbarn hätten positiv auf Aktivisten reagiert
Positiv hätten die Nachbarn auf die Aktion reagiert. "Allen ging es sehr nahe, dass der Hof verfällt. Ein Nachbar sagte, dass es früher der schönste Hof der Hallertau gewesen sei. Viele kannten die Vorbesitzerin noch persönlich, es hat ihnen gefallen, dass wir aktiv wurden, und was wir mit dem Ort machten", erzählt Finke.
Die WDzwo-Aktivisten waren auch nach der Räumung nicht untätig. "Wir haben uns stark darauf konzentriert, Öffentlichkeitsarbeit zu machen und Repressionskosten reinzuholen. Dafür haben wir Soli- und Infoabende in Dachau und München gemacht, die sehr gut ankamen", berichtet Mia Finke.
Es sei auch versucht worden, Erben ausfindig zu machen, aber bisher habe kein Kontakt hergestellt werden können. "Hauptsächlich haben wir uns in den letzten Monaten emotional gesammelt und versucht, die stressige Zeit davor zu verarbeiten. Das dauert seine Zeit."
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