Verkehrspolizist contra Gaffer: Drohen diszplinarische Maßnahmen?

Für seinen drastischen Umgang mit Gaffern erntet ein Polizist aus Feucht viel Lob, auch vom Innenminister. Doch was sagt das Polizeipräsidium dazu?
von  Nina Job, Ruth Schormann
"Kommen Sie mit, ich zeig' Ihnen was. Wollen Sie den Toten sehen? Da liegt er", sagt Stefan Pfeiffer auf Englisch zu diesem tschechischen Fahrer.
"Kommen Sie mit, ich zeig' Ihnen was. Wollen Sie den Toten sehen? Da liegt er", sagt Stefan Pfeiffer auf Englisch zu diesem tschechischen Fahrer. © NEWS5/Grundmann

Feucht - Eine junge Frau verliert am Dienstag die Kontrolle über ihr Auto, überschlägt sich auf der A8, verletzt sich schwer – und Gaffer behindern den Rettungseinsatz. Zwei Schaulustige zeigt die Polizei danach an, weil sie an der Unfallstelle gefilmt haben.

Nur wenige Stunden zuvor ist Stefan Pfeiffer, dem Leiter der Verkehrspolizei Feucht in Mittelfranken, in einer ähnlichen Situation der Kragen geplatzt. Er spricht Filmende an, fragt, ob sie aussteigen und die Leiche eines Lastwagenfahrers sehen wollen, der auf der A6 tödlich verunglückt ist. Einer kommt mit, wirft einen hastigen Blick in Richtung der Unfallstelle, schaut dann schnell auf den Boden.

Innenminister Herrmann lobt Verkehrspolizist Pfeiffer

"Schämen Sie sich!", gibt Pfeiffer nicht nur ihm mit auf den Weg. Ein beschämtes "Sorry“ bringt der Gaffer noch hervor. Im Internet erntet der Polizist am Tag danach für seine Aktion eine Lobes-Welle. Er sei ein "Alltagsheld", "ein großartiger Kollege" findet die Deutsche Polizeigewerkschaft, ein "Ehrenmann", die Konfrontation eine "starke Aktion", finden die Twitter-Nutzer.

Innenminister Joachim Herrmann lobt Pfeiffer: Das Verhalten vieler Gaffer sei unverschämt. Er freue sich, dass Pfeiffer ihnen das "auch mal emotional nahegebracht hat", schreibt er. Viele der reagierenden Social-Media-Nutzer wollen endlich härtere Strafen für Gaffer.

Polizeisprecherin Schönwald: "Sehr emotionale Situation"

Erst am vergangenen Freitag forderten die Länder, der Bundestag möge beschließen, dass Gaffer härter bestraft werden. Für ein Interview stand der Social-Media-Held Pfeiffer am Dienstag nicht bereit. Freilich steht nach diesem drastischen Vorgehen die Frage im Raum, ob es etwa disziplinarische Maßnahmen gegen den Polizisten geben wird.

Doch Elke Schönwald, Sprecherin des Polizeipräsidiums Mittelfranken, sagt zur AZ: "Ihm drohen keine disziplinarrechtlichen Konsequenzen. Es war eine sehr emotionale Situation, in der Rettungskräfte behindert wurden und wegen Schaulustigen auf der Gegenfahrbahn ein mehr als acht Kilometer langer Stau entstand."

Schönwald: "Aktion diente allein der Abschreckung"

Empfiehlt das Polizeipräsidium jetzt allen Beamten, die sich mit Gaffern rumärgern müssen, zu handeln wie Pfeiffer? Nein: "Seine Reaktion ist natürlich nicht der Standard und nicht zur Nachahmung empfohlen, aber auch bei der Polizei wird auf das sehr emotionale Verhalten mit Augenmaß reagiert."

Und wie weit wäre Pfeiffer wohl wirklich gegangen? "Es war zu keinem Zeitpunkt tatsächlich beabsichtigt, den Autofahrern den bei dem Unfall getöteten Mann zu zeigen. Das diente allein der Abschreckung", sagt Schönwald.

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.