Tumulte bei Befreiung von Deutschlands letztem Zirkus-Bären
Plattling – Ja ja, bei uns in Plattling steppt der Bär“, sagt Hermann Bieringer von der örtlichen Polizeiinspektion. Er lacht – aber erst, als alles vorbei ist. Denn am Montagvormittag haben seine Kollegen einen eher ungewöhnlichen Einsatz. Mit einigem Gewaltpotential: Die Beamten und Mitarbeiter des Deggendorfer Veterinäramtes beschlagnahmen in Plattling Deutschlands letzten Zirkus-Bären und stoßen dabei auf heftige Gegenwehr. Highnoon in Niederbayern.
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Am frühen Morgen machen Mitglieder der Münchner Tierschutzgruppe „Animals United“ und Aktivisten der „Bürgerinitiative Wildtierverbot Deutschland“ die Behörden auf einen einsamen Anhänger des Zirkus Alberti aufmerksam, der seit Stunden auf dem Plattlinger Festplatz abgestellt ist. Darin: Braunbär Ben (22) und zwei Transportboxen, in denen zwei völlig verwahrloste Hunde winseln.
Zirkusbetreiber rast mit dem Bär im Anhänger durch einen Zaun
Experten des Veterinäramtes begutachten die Tiere sowie ihre Unterbringung und ordnen eine „tierschutzrechtliche Wegnahme“ an. Auf Deutsch: Sie lassen die Vierbeiner wegen Tierquälerei beschlagnahmen.
Die Hunde werden sofort weggebracht, Bär Ben bleibt erst einmal im Anhänger. „Anschließend wurde der Wagen auf den nahen Abstellplatz der Feuerwache gestellt“, sagt Hermann Bieringer von der Polizei.
Doch das wollen sich die Besitzer, die in der Zwischenzeit aufgetaucht sind, nicht gefallen lassen. „Der Tierhalter ist schnurstracks zu seinem Lastwagen marschiert, hat ihn an den Anhänger gekuppelt und wollte diesen zurück auf den Festplatz ziehen.“ Als Polizisten ihm den Weg verstellen, „ist er mitsamt dem Anhänger durch den Maschendrahtzaun gebrochen, der ums Feuerwehrgelände gezogen ist“.
Videoquelle: "Animals United"
Beleidigungen und Körperverletzungen
Zurück auf dem Festplatz geht die Auseinandersetzung um den Bären weiter, mittlerweile sind zehn Polizisten und mehrere Tierschützer vor Ort. „Es gab wechselseitige Beleidigungen zwischen den Tierhaltern und den Tierschützern und leichtere Körperverletzungen“, sagt Bieringer. Auch einige seiner Kollegen seien verbal angegangen worden.
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Schließlich wird der beschlagnahmte Wagen – mitsamt Bär Ben – im Auftrag der Behörden vom Platz geschleppt und an einen sicheren Ort gebracht. Wohin? Darüber herrscht Stillschweigen.
Die Tierschützer von Animals United hoffen, dass Ben seine letzten Lebensjahre auf einem Gnadenhof verbringen darf. „Uns liegen fünf Angebote von Parks vor, die ihn sofort aufnehmen würden“, sagt Sprecher Viktor Gebhart. „Ben ist schon in Gefangenschaft geboren und war mit zwei Jahren zum ersten Mal in der Manege. Jeder Tag, den er nicht in dieser dunklen Box sitzen oder im Zirkus die Peitsche spüren muss, ist ein schöner Tag.“