Erding wehrt sich: Manege frei für den Skandal-Zirkus?

Tierschützer laufen seit Jahren gegen den „Circus Luna“ Sturm. Der Stadtrat will nicht, dass er seine Zelte in der Kommune aufschlägt. Der Streit landet erneut vor Gericht.
Helmut Reister |
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Elefant Benjamin hat 2015 einen Spaziergänger totgetrampelt.
dpa/PETA/AZ 2 Elefant Benjamin hat 2015 einen Spaziergänger totgetrampelt.
Artgerecht? So haben Bären auftreten müssen.
dpa/PETA/AZ 2 Artgerecht? So haben Bären auftreten müssen.

Mit dem „Circus Luna“, der im vergangenen Jahr gleich zweimal den Namen gewechselt hat und mittlerweile „Showcircus“ heißt, will die Stadt Erding nichts zu tun haben. Kein Platz, keine Vorführung: Mit dieser einfachen Methode will sich der Stadtrat das umstrittenste Zirkus-Unternehmen in Deutschland vom Leib halten.

Doch der Besitzer setzt sich mit allen Mitteln gegen den einstimmigen Beschluss zur Wehr und will ein Gastspiel vor den Toren Münchens gerichtlich durchsetzen. Inzwischen ist es ein Fall für den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, die höchste juristische Instanz.

 

Tierschützer kämpfen seit Jahren gegen den Zirkus

 

Seit fast 20 Jahren laufen Tierschutzorganisationen wie Peta gegen den Zirkus Sturm. Die Haltung von Bären, Elefanten und anderen großen Wildtieren sei katastrophal, klagen die Tierschützer. Das ZDF-Magazin „Frontal 21“ spricht von 124 Verstößen gegen das Tierschutzgesetz innerhalb von nur vier Jahren.

Die Besitzerfamilie sieht das völlig anders und sprach in der Vergangenheit immer wieder von einer gnaden- und grundlosen Hetzkampagne der Tierschützer, die ihre Existenz vernichten wollten. Inzwischen will sich Stefan F., der das Unternehmen von seinem Vater Walter übernommen hat, nicht mehr dazu äußern. Zum „Circus Luna“ äußert sich aber die Staatsanwaltschaft in Mosbach (Odenwald), die ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung führt. „Die Ermittlungen, die klären sollen, wer letztendlich für den Tod eines Mannes verantwortlich ist, sind nicht einfach und laufen noch“, erklärt ein Sprecher.

 

Elefant entkommt und trampelt Fußgänger tot

 

Es geht dabei um einen tragischen Zwischenfall in der Gemeinde Buchen im Sommer vergangenen Jahres. Elefant „Benjamin“ war in den frühen Morgenstunden ausgebüxt und hatte einem zufällig vorbeikommenden Spaziergänger tödliche Verletzungen beigebracht. „Benjamin“ wurde daraufhin auf Druck der Behörden in einem Tierpark untergebracht.

„Das hätte schon viel früher passieren müssen und nicht erst nach einem Toten“, kritisiert Edmund Haferbeck von Peta die zögerliche Haltung der zuständigen Behörden. Haferbeck, für den ohne Zweifel feststeht, dass die nicht artgerechte Haltung die Zirkustiere unberechenbar macht, weist auf eine ganze Reihe von gravierenden Vorfällen hin.

Etwa im September 2010: Bei einem Betriebsfest, das im Zirkus stattfindet, will sich ein Familienvater (24) mit seinem einjährigen Sohn auf dem Arm zusammen mit Elefant „Benjamin“ fotografieren lassen. Das Tier nimmt Vater und Sohn auf die Stoßzähne und wirft sie meterhoch in die Luft. Der Mann verliert eine Niere und liegt zeitweise im Koma, der Sohn erleidet einen Oberschenkelhalsbruch.

Die Zirkusfamilie bedauert den Zwischenfall, macht jedoch die beiden Opfer verantwortlich. Sie hätten sich nicht an die Anweisungen gehalten und eine Absperrung überschritten und dadurch den Elefanten irritiert.

 

Tiere zeigen eindeutige Verhaltensstörungen

 

Immer wieder dokumentieren die Tierschützer den fragwürdigen Umgang der Zirkusfamilie mit den Tieren, die sich häufig selbstständig machen und Passanten erschrecken. Dazu zählen auch die Bären, die schon mal beim Schwimmen in einem Fluss gesichtet und erst wieder eingefangen werden müssen. „Das Problem sind aber auch die grundsätzlichen Haltungsbedingungen von Wildtieren dieser Größe in einem Zirkus. Das kann nicht funktionieren“, sagt Edmund Haferbeck und verweist auf Filmmaterial, das die Verhaltensstörungen der Tiere nur allzu deutlich dokumentiere.

Auch, wenn der Zirkus inzwischen nur noch ein Dromedar als einziges großes Wildtier besitzt, hält die Stadt Erding an ihrer Verbannung des Unternehmens fest und stellt ihm den Volksfestplatz nicht zur Verfügung. In der ersten Instanz hat das Verwaltungsgericht der Kommune bereits recht gegeben. Doch der Zirkusbesitzer lässt nicht locker, hat Beschwerde gegen die Entscheidung eingelegt und will das Verbot nun beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof unbedingt aushebeln. An der Einstellung der Stadt hat sich nichts geändert. „Wir wollen so einen Zirkus nicht“, erklärt der Sprecher des Oberbürgermeisters.

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