Straubinger erzählt, wie schwer er COVID-19 hatte
Straubing - In seinem Zuhause ist viel Post angekommen in den vergangenen zweieinhalb Monaten. Genesungswünsche, und, da ist sich Bernhard Seubert sicher, auch eine Reihe Kondolenzkarten. Denn zwischenzeitlich hatten ihn einige totgesagt.
Das einmal in die Welt gesetzte Gerücht machte in Straubing die Runde. Es hat sogar Leute gegeben, die seiner 18-jährigen Tochter ihr Beileid ausgesprochen haben. Eine Horrorvorstellung!
Wegen Corona: Zwei Monate Intensivstation, 16 Tage künstliches Koma
Tatsächlich hat Bernhard Seubert (55), Chef des gleichnamigen Autohauses in der niederbayerischen Stadt, Corona von einem Tag auf den anderen aus seinem Alltag katapultiert. Es hat ihn schwer erwischt. Sein Leben hing am seidenen Faden. Zwei Prozent Überlebenschance, das war der Tiefpunkt. Seubert hat über zwei Monate Intensivstation hinter sich, 16 Tage künstliches Koma und wochenlang künstliche Beatmung, Luftröhrenschnitt, Herz-Lungenmaschine, Blutwäsche, Blutplasma-Behandlung: das volle Programm.
Seit ein paar Tagen ist Seubert in Reha in Bad Gögging. Er hat uns erzählt, was er hinter sich und noch vor sich hat. Er erzählt es auch, weil er im Fernsehen Bilder und Äußerungen von Demonstranten sieht, die Corona verharmlosen, sich eine Ansteckung wünschen, damit sie immun werden und Impfungen, wenn es denn irgendwann welche gibt, nur als Bevormundung empfinden.
Nach dem, was er durchgemacht hat, empfindet es das als befremdlich und leichtfertig. "Bei einer Grippe kann man gegensteuern. Da gibt es viel. Bei Corona nicht. Das Virus arbeitet einfach in einem", sagt er. Dabei sei er immer gesund gewesen, habe nie ein Krankenhaus gebraucht, auf seine Fitness geachtet. Wo er sich infiziert hat, kann er nicht klar nachvollziehen. Natürlich hat er es beruflich mit vielen Menschen zu tun. Und er hat im Fasching einen Schwarzweißball besucht. Nur einen.
Mehr als 50 Tage muss Seubert künstlich beatmet werden
Mehr als präsent ist ihm jedoch eine hartnäckige Grippe, die ihm zum Jahresende zu schaffen gemacht hatte. Er war beim Arzt, nahm Artzney, lag im Bett. Es wurde besser, dann wieder schlechter. Es entwickelte sich eine Lungenentzündung. Er musste Antibiotika nehmen. So richtig fit geworden ist er danach nicht.
Ende Februar, Anfang März kam ihm der Verdacht, das das, was ihn zu der Zeit beeinträchtigte, klassische Coronasymptome sein könnten. Husten, schweres Atmen, Verlust des Geschmacksinns, kein Appetit... Er wurde getestet. In der Nacht, als er noch auf das Ergebnis wartete, ging es ihm daheim plötzlich noch schlechter.
Er bekam kaum Luft, hatte Angst zu ersticken. Sein Hausarzt veranlasste sofort die Krankenhaus-Einweisung. Er wurde nach Wörth an der Donau gebracht. Als er in der dortigen Klinik ankam, lag das positive Testergebnis auf Nachhaken des Hausarztes schon vor. Drei Tage wurde er dort behandelt. Dann sagte ihm der Arzt, dass man ihn wegen der Schwere der Infektion in die Uniklinik Regensburg verlege. Dort wurde Seubert ins künstliche Koma versetzt und 50 Tage lang künstlich beatmet. Er erhielt einen Luftröhrenschnitt, war an eine Reihe von Maschinen angeschlossen. Seine Familie bekam über all die Wochen aufgrund der Besuchsreglementierung nur telefonisch Auskunft.
"Ich musste alles wieder lernen: Stehen, eine Gabel halten"
Der erste Versuch, ihn nach so langer Zeit von der künstlichen Beatmung wegzubringen, sei in einem Rückschlag mit hohem Fieber geendet. Erst der zweite Anlauf habe geklappt. Den ersten "Luftschnapper" wird Seubert nie vergessen. "Ich wollte einfach überleben", sagt er. "Ich habe immer an meine Tochter gedacht." Nebenbei hat er mitbekommen, dass andere Corona-Patienten auf der Intensivstation gestorben sind. Als er wieder eigenständig atmen konnte, wurde er noch mehrere Tage intensiv überwacht und dann für zwei Wochen in die Lungenfachklinik nach Donaustauf verlegt. "Man hat mich dort aufgepäppelt", sagt er und lobt die Ärzte für ihre menschliche Wärme.
Nach einer umfassenden Untersuchung ist er nun grenzenlos erleichtert, "wie es aussieht, werde ich ohne bleibende Schäden davonkommen". Er hat noch viel vor sich: Er hat 20 Kilo verloren und nach dem Muskelabbau durch so viele Wochen im Bett sprichwörtlich keinen Finger mehr rühren können. "Ich musste alles wieder lernen: Stehen, eine Gabel halten." Mittlerweile könne er erste Schritte gehen. Wenn er ganz gesund ist, will er Blut spenden. "Ich will was zurückgeben, weil mir ein anderer mit seiner Blutplasmaspende das Leben gerettet hat."
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