Straubing: Gewalt- und Sexualtäter kommen frei!
Neun Gewalt- und Sexualtäter werden diese Woche aus der Verwahrung im Bezirkskrankenhaus Straubing entlassen. Sie gelten nach wie vor als gefährlich.
Straubing - In dieser Woche müssen neun Gewalt- und Sexualstraftäter, die lange Haftstrafen hinter sich haben, derzeit im Bezirkskrankenhaus Straubing untergebracht sind und nach wie vor als gefährlich gelten, in die Freiheit entlassen werden. Der Freilassung liegt eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zugrunde. Im Jahr 2009 hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschieden, dass eine nachträglich von Gerichten angeordnete Sicherungsverwahrung von Straftätern nicht zulässig ist, höchstens in ganz extremen Einzelfällen gerechtfertigt sei.
Dieser Rechtsauffassung schlossen sich dann auch Deutschlands oberste Richter an. Der Gesetzgeber wiederum, der Handlungsbedarf sah, reagierte mit dem so genannten Therapie-Unterbringungsgesetz, das mit Beginn des Jahres 2011 in Kraft trat und genau wie die Sicherungsverwahrung einen zeitlich unbegrenzten Freiheitsentzug ermöglicht. Für den bekannten Münchner Strafverteidiger Adam Ahmed, der sich auch stark um die Resozialisierung entlassener Straftäter kümmert, ist das Therapie-Unterbringungsgesetz nicht mehr als ein „juristischer Etikettenschwindel“.
Ahmed: „Ich habe von Anfang an gesagt, dass es sich bei dem Therapie-Unterbringungsgesetz tatsächlich um nichts anderes als eine Sicherungsverwahrung handelt, die nur anders bezeichnet wird. Das Bundesverfassungsgericht hat mir nun vollumfassend Recht gegeben.“ Sowohl das Landgericht Regensburg als auch das Oberlandesgericht Nürnberg hielten die weitere Unterbringung der neun nun zur Entlassung anstehenden Straftäter für erforderlich, da von ihnen weiter eine erhebliche Gefahr für die Allgemeinheit ausgehe.
Das Bundesverfassungsgericht kippte jetzt diese Entscheidung mit der Begründung, dass eine Unterbringung nach dem Therapie-Unterbringungsgesetz nur dann angeordnet werden dürfe, „wenn eine hochgradige Gefahr schwerster Gewalt- und Sexualstraftaten aus konkreten Umständen“ abzuleiten seien.
Dieses hohe Level ist bei den Straubinger Untergebrachten jedoch nicht belegbar, so dass sie entlassen werden müssen. Für Rechtsanwalt Adam Ahmed ist dadurch eine prekäre Situation entstanden: „Nun müssen die Untergebrachten ohne vorherige Entlassungsvorbereitung wie Lockerungen auf freien Fuß gesetzt werden. Auf die Rückkehr in die freie menschliche Gesellschaft werden diese Menschen nicht vorbereitet, was wiederum zeigt, dass der Justiz und den Politikern sowie der Einrichtung ein Schutz für diese Menschen und die Allgemeinheit völlig gleichgültig ist.“