Sperrungen auf zwei Urlaubsrouten: Großer Ärger in Südtirol

Die Reschenstraße muss dringend saniert werden. Spielt Tirol ein Machtspiel mit Südtirol und Bayern? Was hinter dem Streit steckt und was Urlauber dringend wissen müssen.
von  Heidi Geyer
Nicht auf der Tiroler, aber auf der Südtiroler Seite liegt der Reschensee. Die Anfahrt ist zumindest von Norden aus deutlich erschwert.
Nicht auf der Tiroler, aber auf der Südtiroler Seite liegt der Reschensee. Die Anfahrt ist zumindest von Norden aus deutlich erschwert. © imago

Innsbruck/München - Ist es nur eine Baustelle oder ein weiteres Kapitel im Transitstreit zwischen Italien, Bayern und Tirol? Im März hat das Land Tirol angekündigt, dass die Reschenstraße saniert werden muss: "Aus dem steilen, felsigen und labilen Gelände oberhalb der Straße brechen immer wieder Gesteinsbrocken aus, die teils auch die vorhandenen Steinschlagschutznetze durchbrechen."

Daher soll eine 400 Meter lange Galerie, eine Art offener Tunnel, gebaut werden.

Reschenpass: Viele Sperrungen geplant

Von 2. bis zum 27. September wird es von 8 bis 18 Uhr eine Sperre geben. Eine Komplettsperrung ist außerdem vom 8. Oktober bis zum 20. Dezember geplant, teilt das Land Tirol mit. 2025 und 2026 seien ebenfalls mehrwöchige Tages- und Vollsperren nötig, ab Mai 2025 soll dann eine einspurige Ampelregelung den Verkehr fließen lassen.

Doch klar ist: "Vor Fertigstellung Ende 2026 muss die Straße für weitere drei Monate von September bis November von 8 bis 18 Uhr für die Finalisierung der Ausbauarbeiten und Asphaltierungsarbeiten gesperrt werden."

Südtiroler Wirtschaft in Sorge

In Südtirol laufen die Unternehmensverbände Sturm. Denn die Totalsperre würde sich mit der Verkleinerung auf eine Spur auf der Brennerautobahn überschneiden. Dort muss dringend die Luegbrücke erneuert werden. Die Ankündigung hat zu Protesten in Bayern und Südtirol geführt. Derzeit erprobt Tirol in einem Test, ob der Verkehr womöglich doch zweispurig fahren kann.

Dass nun auf zwei Transit- und Urlaubsrouten mit massiven Einschränkungen und sogar Totalsperrungen zu rechnen ist, sorgt für Entrüstung in der Südtiroler Wirtschaft. Josef Negri, Direktor des Unternehmerverbandes Südtirol (UVS), sagte dem Portal stol.it, dass die Doppelbelastung "katastrophal" sei.

Schweiz verlangt Zölle

Er befürchtet, "dass sich dadurch die Lage an der Brennerroute zusätzlich verschlimmern wird, weil sich ein erheblicher Teil der Lkw-Verkehre vom Reschen auf die ohnehin schon stark belastete A 13 verlagern wird". Negri warnt vor einseitigen Entscheidungen, die Nordtirol vermehrt treffe.

"Was wir Warentransporteure jetzt sicher nicht brauchen können, sind weitere Sperren und Blockaden", sagt Alexander Öhler, Obmann der Warentransporteure im Wirtschaftsverband lvh, stol.it. Denn für die Spediteure sei die Umfahrungsroute wegen der Zölle in der Schweiz uninteressant.

Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw), will gar nicht in Zweifel ziehen, dass die Sanierung des Reschenpasses notwendig ist. Zumal die Route für den alpenquerenden Güterverkehr nur eine geringe Bedeutung habe, sei er doch für Lkw über 7,5 Tonnen ohnehin gesperrt.

Tirol soll einlenken

"Dennoch ist der zeitliche Zusammenfall der vielen baustellenbedingten Störungen der Nord-Süd-Verbindungen ärgerlich und führt auf anderen Strecken zu einer weiteren Verkehrszunahme", so Brossardt zur AZ. "Das sollte Tirol zum Anlass nehmen, die Blockaden im alpenquerenden Verkehr, zum Beispiel das Nachtfahrverbot, aufzuheben und einen freien klimagerechten Transit zu ermöglichen."

Italien klagt gegen Österreich

Im Bayerischen Verkehrsministerium stellen die Einschränkungen am Reschenpass im Zusammenhang mit der Luegbrücke laut Sprecher "ein weiteres Hindernis für den Verkehr über die Alpen dar". Minister Christian Bernreiter (CSU) erinnert daran, dass Österreich gegen europäische Verträge verstößt. Er sehe gute Chancen, dass die Klage Italiens gegen Österreich vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) Erfolg haben wird.

"Österreichische Arroganz"

Dass man mit der "österreichischen Arroganz" Schluss machen müsse, sagte Verkehrsminister Matteo Salvini (Lega). Die EU-Kommission hatte schon vorab gerügt, dass Österreich den Güterverkehr behindere, etwa durch das Nachtfahrverbot und die Blockabfertigung von Lkw.

"Österreich wäre nun gut beraten, endlich einzulenken", findet Bernreiter und erinnert an das Slotsystem, das man gemeinsam erarbeitet habe.

Das Land Tirol teilt hingegen mit, dass man sich wegen der Reschenstraße mit den Behörden in Südtirol und der Schweiz sowie den Wirtschaftskammern in Tirol und Vorarlberg abgestimmt habe. Am Tag der Deutschen Einheit und in den Weihnachtsferien sei sie zweispurig befahrbar. "Das Land Tirol ist bei Bauvorhaben mit Auswirkungen über die Landesgrenzen hinaus um eine möglichst frühzeitige Kommunikation und Abstimmung mit den betroffenen Nachbarregionen bemüht."

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