Seehofers Abschied vom Paradies
München - Die letzte Sitzung des "Kabinetts Seehofer II" sollte nach Wunsch des Chefs ganz geschäftsmäßig über die Bühne gehen. Dass dem am Dienstag doch nicht ganz so war, konnte man schon am Lieferwagen eines Party-Caterers vor der Münchener Staatskanzlei erkennen. Drinnen zeigte sich Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) in den letzten Stunden seiner Amtszeit aufgeräumt, milde und ein bisschen wehmütig – galt ihm der Freistaat, den er nun in Richtung Berlin verlässt, doch immer als "Vorstufe zum Paradies".
"Liebe Kollegen, ich begrüße Euch zu unserer letzten Kabinettssitzung in dieser Formation. Wir werden das so handhaben, wie in den letzten neun Jahren und fünf Monaten und unser Tagewerk erledigen", sagte der CSU-Chef bei der Eröffnung. Auf der Tagesordnung der Abschieds-Zusammenkunft: die Situation auf dem bayerischen Arbeitsmarkt sowie Antworten auf die außenwirtschaftlichen Herausforderungen für die Wirtschaft.
In den vergangenen Wochen hatte sich Seehofer schwergetan, den Namen seines Nachfolgers in Zusammenhang mit Lob in den Mund zu nehmen. Am letzten Tag als Regierungschef überwand er sich und wünschte Markus Söder (CSU) "nicht nur Gottes Segen, sondern auch eine glückliche Hand".
Wenn es der Berliner Fahrplan zulasse, werde er zu Söders Wahl am Freitag in den Landtag kommen. Das wünscht sich auch Söder als "Signal der Geschlossenheit", wie er am Rande der Sitzung mit seinem bisherigen Chef sagte.
Die Zusammenarbeit mit Söder soll vernünftig sein
Für die Zukunft kündigte dieser Verlässlichkeit in der Kooperation mit Söder an. "Die Zusammenarbeit wird vernünftig sein", sagte Horst Seehofer. Es sei aber klar, dass es in der CSU-Doppelspitze eine gegenseitige Achtung geben müsse, "das wird auch so sein".
Am Abend setzte sich Seehofer dann ins Auto und ließ sich in die Bundeshauptstadt fahren, wo er heute als neuer Bundesinnenminister vereidigt wird. Die Funktionen des Ministerpräsidenten gehen bis zur Neuwahl nach der Bayerischen Verfassung auf Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU) über, welche in den zwei Tagen den Freistaat "nach außen" zu vertreten hat (siehe unten).
Die Regierungsgeschäfte übernimmt bis zur Wahl ihres langjährigen Rivalen Söder Wirtschaftsministerin und Vizeministerpräsidentin Ilse Aigner (CSU). Also alles geregelt im Freistaat.
"Es war eine wunderschöne Zeit", sagte Seehofer in einer Pressekonferenz nach seiner letzten Kabinettssitzung in Bayern. Aber "der Wechsel gehört zum Leben", auch wenn man dies nicht so leicht hinnehme, wenn man selbst betroffen sei.
"Es tut mit für meine ganze Umgebung leid"
Auf die Frage nach den größten Triumphen und Niederlagen in der neuneinhalbjährigen Zeit an der Spitze des Freistaats fielen dem 68-Jährigen nur Erfolge ein: die Rückgewinnung der absoluten Parlamentsmehrheit für die CSU bei der Landtagswahl 2008, die "Aussöhnung" mit dem Nachbarland Tschechien und die Steigerung des Wohlstands im Freistaat. Bayern gehe es so gut wie nie zuvor und besser als allen anderen Bundesländern und die Lebensverhältnisse in den verschiedenen Regionen des Flächenlands hätten sich enorm angenähert: "Ich bin da völlig mit mir im Reinen".
Aber dann doch noch ein bisschen Groll: Er räume die Staatskanzlei ja nicht wegen Schwierigkeiten oder Skandalen, sondern als "Folge der Diskussion, die es vor allem aus der Landtagsfraktion heraus gab", stellte Seehofer fest. "Es tut mir leid für meine ganze Umgebung". Tröstende Worte fand der scheidende Ministerpräsident für sich selbst – und die Medienvertreter: "Ich bin ja noch Parteivorsitzender". Wobei er das "noch" sofort wieder zurücknahm. Und in Berlin warte mit dem Innenressort ein "riesiges Ministerium" auf ihn, das er ja selbst noch ein wenig größer gemacht habe – das vierte Bundesministerium, das Seehofer im Laufe seiner politischen Karriere leitet.
Mal sehen, ob er im Keller des Ministeriums übernachtet
Er werde trotz seiner Funktion "weiterhin auf Bayern schauen", kündigte Seehofer an und fügte hinzu: "Und zwar unterstützend". Sein Lebensmittelpunkt bleibe Ingolstadt, nur die Länge des Pendlerweges vervierfache sich. Ob er sich in Berlin eine Wohnung nehme oder "im Keller des Innenministeriums" übernachte, werde er noch sehen, scherzte er – und verabschiedete sich mit den Worten "Das Werk ist vollbracht".