Schneizlreuther Inferno: Staatsanwaltschaft fordert Haftstrafe

Paukenschlag im Prozess um das Brandinferno mit sechs Toten in Schneizlreuth: Die Staatsanwaltschaft ermittelt nun auch gegen die frühere Rathausspitze. Der Bauernhofpächter soll nach dem Willen der Anklagebehörde vier Jahre ins Gefängnis.
von  dpa
Insgesamt sechs Menschen starben beim Inferno von Schneizlreuth.
Insgesamt sechs Menschen starben beim Inferno von Schneizlreuth. © dpa

Traunstein - Im Prozess um das Brandinferno von Schneizlreuth mit sechs Toten hat die Staatsanwaltschaft vier Jahre Haft wegen fahrlässiger Tötung für den Angeklagten gefordert. Der Pächter des denkmalgeschützten Bauernhofes habe bewusst fahrlässig gehandelt, sagte Staatsanwältin Monika Veiglhuber am Dienstag vor dem Landgericht Traunstein. Sie warf dem Inhaber einer Eventagentur vor, auf den Einbau von Brandschutzeinrichtungen verzichtet zu haben, um Geld zu sparen.

Bei dem Feuer waren an Pfingsten 2015 sechs Mitarbeiter einer Baufirma aus Arnstorf in Niederbayern im Alter zwischen 30 und 42 Jahren ums Leben gekommen. An die 20 Gäste wurden teils schwer verletzt. Besonders tragisch: Das Unternehmen hatte seinen Mitarbeitern das Erlebniswochenende zum 50-jährigen Bestehen spendiert.

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In ihrem Plädoyer teilte Veiglhuber überraschend mit, dass nun auch gegen die einstige Rathausspitze ermittelt werde. Beim Ex-Bürgermeister der Feriengemeinde und dem früheren Geschäftsleiter gebe es den Verdacht der fahrlässigen Tötung und der fahrlässigen Körperverletzung. Beide hätten von den unerlaubten Übernachtungen in dem Gebäude gewusst und dies geduldet, sagte die Staatsanwältin zur Begründung.

Zudem gebe es gegen den früheren Bürgermeister den Anfangsverdacht der falschen uneidlichen Aussage, fügte Veiglhuber hinzu. Der Mann hatte bei seiner Aussage vor einer Woche gesagt, er habe nichts von Übernachtungen ganzer Schulklassen in dem nahe am Rathaus gelegenen Gebäude gewusst. Eine mögliche Mitverantwortung der Rathausspitze sei dem Angeklagten aber nicht strafmildernd anzurechnen, erklärte die Staatsanwältin.

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Dem widersprachen die Verteidiger des 47-Jährigen. Das Mitwissen der Gemeinde müsse sich sehr wohl strafmildernd auswirken, argumentierte Frank Starke. Sein Mandant sei durch das Verhalten im Rathaus geradezu darin bestärkt worden, sich über Vorschriften hinwegzusetzen: "Wenn alle Mechanismen versagen, wenn alle roten Ampeln auf grün gestellt sind und es fährt einer rüber, dann ist er nicht alleine dafür verantwortlich."

Für die Anwälte ist die Schuld dreigeteilt zwischen dem Angeklagten, der Gemeinde und demjenigen, der das Feuer entfachte. Als wahrscheinliche Brandursache gilt eine achtlos weggeworfene glimmende Zigarette. Die beiden Verteidiger forderten eine Bewährungsstrafe von eineinhalb Jahren.

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Anwalt Harald Baumgärtl erinnerte an die Rolle der Stadtverwaltung beim Einsturz der Eissporthalle vor zehn Jahren in der Schneizlreuther Nachbarkommune Bad Reichenhall. Er erkenne gewisse Parallelen zwischen beiden Prozessen. Im Verfahren um die Eishallenkatastrophe war niemand aus dem Rathaus zur Verantwortung gezogen worden.

In seinem letzten Wort sagte der Angeklagte wie schon zu Prozessbeginn, er stehe zu seinem Teil der Schuld an dem verheerenden Feuer. Das Urteil wird an diesem Freitag (5. Februar) verkündet.

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