Schneechaos: Gemeinden verklagen den Freistaat

Etliche Kommunen im Oberland bleiben auf Kosten sitzen, die durch den heftigen Winter 2019 angefallen sind. Auch das BRK hat sich mehr Finanzspritzen erhofft. Jetzt ziehen sie vor Gericht.
von  Klaus Wiendl
Januar 2019 in Inzell: Feuerwehrleute räumen den Schnee vom Dach eines Hauses.
Januar 2019 in Inzell: Feuerwehrleute räumen den Schnee vom Dach eines Hauses. © Tobias Hase/dpa

Bayern - Die Regierung von Oberbayern sieht sich mit einer Klagewelle konfrontiert. Acht Kommunen aus dem Oberland und der BRK-Kreisverband Pfaffenhofen an der Ilm verklagen den Freistaat wegen ausbleibender Gelder für das Schneechaos 2019.

Sie hätten nur einen Bruchteil der Kosten erstattet bekommen, die ihnen entstanden seien. Die Kläger berufen sich darauf, dass ihnen im Januar 2019, als sich der Schnee auf Dächern türmte und Züge tagelang ausfielen, die Staatsregierung signalisiert habe, im Katastrophenfall Zusatzleistungen zu kompensieren. Doch von deren großen Versprechungen blieb wenig übrig. "Die haben uns pur angelogen", sagte zuletzt Josef Kittenrainer (CSU) im Gemeinderat von Bayrischzell.

Der Bürgermeister erregte sich über die Zahlungsmoral des Freistaats, der nur 16.000 Euro zahlen will, obwohl die Gemeinde 66.000 Euro zur Kostenerstattung für die Schneekatastrophe beantragt hatte. Sie traf auch Bayrischzell hart, Dächer drohten einzustürzen. Der Krisenstab des Landratsamtes Miesbach schickte Helfer zum Schaufeln.

Eine "gscheite Watschn" durch den Freistaat

Viele davon, ob Feuerwehr oder THW, rechneten ihre Kosten anderweitig ab oder trugen sie selbst. Einen Teil des Aufwands trug zunächst Bayrischzell: Verdienstausfälle der eigenen Feuerwehrler, Kosten für bezahlte Helfer und Zahlungen für beschädigte Schneefräsen, Rückspiegel und Solaranlagen streckte die Gemeinde vor. Unter Abzug einer geringen Eigenbeteiligung hoffte Bayrischzell, der Freistaat würde die Kosten fast vollständig erstatten.

"Man hat uns gesagt, wir müssten im K-Fall an nichts sparen", beklagt Kittenrainer und zieht nun vor Gericht. Ähnlich verschaukelt fühlt sich Siegsdorfs Bürgermeister Thomas Kamm (Unabhängige Wähler). Er spricht von einer "gscheitn Watschn" durch den Freistaat und verklagt diesen auf eine Kostenerstattung von 118.700 Euro.

Kleingerechnet wurden auch die Kosten von Surberg bei Traunstein. Statt der eingereichten 104.000 Euro bekam die Gemeinde nur 10.000 Euro erstattet. Auch in Inzell ist Bürgermeister Johann Egger (Bürger für Inzell) mehr als verwundert. "Man hat immer gehört, dass im Katastrophenfall genügend Geld da ist." Nun muss seine Gemeinde von ursprünglich 124.000 Euro entstandenen Kosten 100.000 Euro selbst übernehmen.

Innenminister kann Klagen nicht nachvollziehen

Ähnliche Klagelieder sind auch aus den Kommunen Mittenwald, Krün, Wallgau und Farchant zu vernehmen. Sie sehen laut Bescheiden den Klageweg als einzige Möglichkeit, sich gegen die Kostenstreichungen zu wehren.

Innenminister Joachim Herrmann zeigt sich im BR über die Klagewelle überrascht, denn schließlich hätte er den Kommunen den Einsatz der Polizeikräfte auch nicht in Rechnung gestellt. Das Gericht bemüht auch der BRK-Kreisverband Pfaffenhofen an der Ilm. Ihm wurde laut Geschäftsführer Herbert Werner während des K-Falls beschädigtes Einsatzmaterial wie "Zelte, Zeltheizungen und andere Mittel des Katastrophenschutzes" nicht erstattet. Der Streitwert: 2.400 Euro. Im Gegensatz zu den Kommunen aber, so Werner, "bemüht sich die Regierung um eine Lösungsfindung".

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