Schlag gegen organisierte Kriminalität: Polizei beschlagnahmt Luxus-Schlitten der Mafia
München - Zuletzt hat es die 'Ndrangheta recht empfindlich getroffen, die mächtigste Mafia Italiens aus Kalabrien. Es geschah im Oktober 2021. 60 Haftbefehle stellten die bayerischen Behörden aus, etwa 13 Millionen Euro wurden konfisziert und insgesamt vier Tonnen Betäubungsmittel beschlagnahmt. Zudem haben die Behörden bayernweit Luxusartikel konfisziert, wie 42 Fahrzeuge - und zwar im beschaulichen Eichstätt.
Geschäftsmodell: Luxusfahrzeuge erwerben und zurück nach Deutschland schleusen
"Das wird zwar die italienische Mafia nicht zerstören", sagte der bayerische Innenminister Joachim Herrmann bei einer Presserunde des Innenministeriums im Landeskriminalamt an der Maillingerstraße am Montagmittag. Doch es sei ein wichtiger Schlag gewesen, der den Behörden dabei gelungen sei. 80 Milliarden Euro, so wird vermutet, beträgt der jährliche Umsatz der 'Ndrangheta derzeit.
Der Ausgangspunkt für diesen Treffer ist offenbar ein Steuervergehen gewesen. Für die 'Ndrangheta sei es nämlich ein beliebtes Geschäftsmodell, Luxusfahrzeuge zu erwerben und sie so lange durch Europa zu schleusen, bis sie unauffällig wieder in Deutschland landen. Durch diese Zirkulation könne nämlich bei den Behörden beantragt werden, die Umsatzsteuer zurückzuerstatten.
Schwere Steuerhinterziehung zieht unter Umständen zehn Jahre Gefängnisstrafe nach sich
Die erstattete Summe ist bei Luxusfahrzeugen wie einer Mercedes AMG G-Klasse beträchtlich. Der Kaufpreis eines solchen vollausgestatteten SUV ist so hoch, dass man damit in so mancher Ecke Deutschlands eine Drei-Zimmer-Wohnung kaufen könnte: Etwa 210.000 Euro kostet die vollausgestattete G-Klasse (im Bild) ab Werk. Der Lamborghini (gelb) kann sogar bis zu 500.000 Euro kosten.
"Das ist kein Kavaliersdelikt, sich bei solchen Autos die Umsatzsteuer illegal auszahlen zu lassen", sagt Volker Brand, Leiter der Kriminalpolizeiinspektion im Polizeipräsidium Oberbayern Nord. Es sei schwere Steuerhinterziehung und könne bis zu zehn Jahre Gefängnisstrafe bedeuten.
Dabei gehen die Kriminellen effizient vor. Die in Eichstätt gefundenen Luxusfahrzeuge haben teils nie den Händler im Gewerbegebiet verlassen. Es werden lediglich die Fahrzeugpapiere quer durch Europa gereicht, bis die Autos irgendwann tatsächlich verkauft werden, damit der Wertverlust geringer bleibt, als die mehrmals erstattete Umsatzsteuer.
Neue Software kann verschlüsselte Spezialhandys knacken
Die Verschieberei von Fahrzeugen ist freilich bei weitem nicht die einzige Aktivität mafiöser Organisationen. Drogen, Zwangsprostitution, Geldwäsche: Gegen all das gehen die Behörden verstärkt vor - auch mit den neuesten technischen Mitteln.
Das neueste Instrument: Eine Software, die verschlüsselte Spezialhandys knacken kann, sogenannte Encrochat-Smartphones aus den Niederlanden. Die Firma Encrochat bot die teuren Geräte bis 2020 an. Das Unternehmen ist mittlerweile nicht mehr aktiv. Aber ihre Geräte sind noch im Umlauf. Allein in München gibt es offenbar 230 Nutzer. Hauptkundschaft: Kriminelle.
"Das sind Handys, die zwei Betriebssysteme haben", sagt Innenminister Herrmann. Und mit einer Tastenkombination könne man das versteckte System aktivieren, das Mikrofon und Kamera ausnahmslos ausschalte. 2017 sei es aber erstmals französischen Behörden gelungen, diese verschlüsselten Smartphones zu knacken.
"Das war ein wichtiger Schritt, um einen Einblick in die Machenschaften der kriminellen Organisationen zu bekommen", sagt Herrmann. Und Brand ergänzt: Vor allem Rauschgiftdelikte könne man mit der neuen Software gut verfolgen.
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