Runder Tisch Artenschutz endet

Ministerpräsident Söder sieht Bayern bereits als "Trendsetter" in Sachen Artenschutz und kündigt bei der Umsetzung sofort Tempo an – aber viele Fragen bleiben offen.
von  Ralf Müller
Der letzte Runde Tisch in der Staatskanzlei unter Leitung von Ministerpräsident Markus Söder.
Der letzte Runde Tisch in der Staatskanzlei unter Leitung von Ministerpräsident Markus Söder. © Peter Kneffel/dpa

München - Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte sich eine Reihe von wuchtigen Vokabeln einfallen lassen, um den Erfolg des von ihm eingerichteten "Runden Tisches Artenschutz" gebührend hervorzuheben. Im Artenschutz des Freistaats werde ein "neues Kapitel" aufgeschlagen, sagte Söder am Freitag in München. Bayern werde zum "Trendsetter". Er sei gespannt, ob auch andere Länder die "Versöhnung des Artenschutzes mit der Landwirtschaft" hinbekämen. Vertreter der Umweltverbände und der Landwirtschaft bekannten sich zu einem gemeinsamen Kampf gegen das Artensterben und für mehr Naturschutz.

Am Freitag endete die Arbeit des "Runden Tisches Arten- und Naturschutz", der von der Staatsregierung nach dem großen Erfolg des Volksbegehrens "Rettet die Bienen" eingerichtet wurde und vor allem der Verständigung von Natur- und Umweltschützern einerseits und der Landwirtschaft andererseits dienen sollte. "Die Entgiftung" habe stattgefunden, fasste der als Moderator eingesetzte ehemalige bayerische Landtagspräsident Alois Glück (CSU) am Freitag zusammen. Ein "Verständigungsprozess" sei in Gang gesetzt worden, der so nicht zu erwarten gewesen sei.

Nicht alle Streitfragen einvernehmlich gelöst

Das Plebiszit sei damit zu einem "Volksbegehren XXL" geworden, verkündete Söder. Die aus CSU und Freien Wählern bestehende Regierungskoalition im Bayerischen Landtag hatte bereits beschlossen, den Wortlaut des Volksbegehrens Gesetz werden zu lassen. Damit entfällt ein Volksentscheid, bei dem – so die Einschätzung der Beauftragten des Volksbegehrens Agnes Becker (ÖDP) – die Volksinitiative mit hoher Wahrscheinlichkeit ohnehin Erfolg gehabt hätte. Zusätzlich sollen jetzt weitere Empfehlungen, auf die sich der "Runde Tisch" und seine Fachgruppen einigen konnten, in Form von Gesetzen oder anderen Maßnahmen umgesetzt werden. Der Prozess, den das Volksbegehren ausgelöst habe, werde das Artensterben mittel- und langfristig durchaus aufhalten können, hob der Vorsitzende des Landesbunds für Volgelschutz Norbert Schäffer hervor, der ebenfalls Initiator des Volksbegehrens ist.

Nicht alle Streitfragen seien einvernehmlich gelöst worden, sagte der Präsident des Bayerischen Bauernverbands (BBV) Walter Heidl. Unterschiedliche Auffassungen gebe es zum Beispiel noch bei der Ausgestaltung der von landwirtschaftlicher Nutzung ausgenommenen Gewässerrandstreifen, bei der Biokartierung von Streuobstwiesen und den Terminen für die Mahd. Man habe "viel übrig gelassen für den Landtag". Der Runde Tisch habe keine Beschlusskompetenz, erinnerte Moderator Glück. Die erarbeiteten Handlungsempfehlungen seien die Basis für einen "Gesellschaftsvertrag" zum Schutz der Natur, der auch die "wechselseitige Suche nach Sündenböcken" verhindern solle.

Söder: "Es geht jetzt zack-zack"

Flächeneinsparungen, ein besserer Schutz der auch aus Klimaschutzgründen wichtigen Moore sowie Alternativen zum Maisanbau sind Forderungen, auf die sich der Runde Tisch einigen sollte. BBV-Präsident Heidl legte Wert auf die Feststellung, dass beim Artenschutz bei Weitem nicht nur die Bauern angesprochen seien. Die Gesellschaft müsse insgesamt mehr "Unordentlichkeit" in Gärten, Wegrändern und Wiesenflächen ertragen, sagte Glück: "Eine ausgeräumte Landschaft ist eine arten- und lebensarme Landschaft". Söder erklärte die Vorstellung der klassischen Flurbereinigung, dass "Bayern von oben schön aussehen muss", für überholt. Freude bei den Naturschützern löste die Ankündigung der staatlichen "Bayerischen Staatsforsten" aus, "einige Tausend Hektar" in den Waldgebieten von Spessart, Steigerwald sowie in den Donau- und Isarauen zusätzlich aus der Nutzung zu nehmen.

Das ganze Paket soll der Landtag am 8. Mai zum ersten Mal diskutieren. "Es geht jetzt zack-zack", versprach Söder. Die Bezeichnung "Volksbegehren XXL" rechtfertigte der Ministerpräsident damit, dass zu dem Katalog des Volksbegehrens noch einmal dieselbe Zahl von Maßnahmen hinzu kommen sollte. Jetzt brauche die europäische Agrarpolitik einen "Schubs", wünschte sich Volksbegehrens-Beauftragte Becker. Berlin und Brüssel müssten dem Beispiel folgen, sagte LBV-Vorsitzender Schäffer.

Bund Naturschutz spricht von "Meilenstein"

Die "Richtungsentscheidung" werde "nicht zum Nulltarif" umsetzbar sein, sagte Söder. Bei früheren Gelegenheiten hatte der Ministerpräsident einen Betrag von jährlich 70 bis 75 Millionen Euro als zusätzlichen Aufwand genannt. "Dringendst" nötig seien neue Stellen in den Naturschutzbehörden, mahnte Schäffer.

Der Bund Naturschutz (BN) als mitgliederstärkster Umweltverband würdigte das Ergebnis des Runden Tisches als "Meilenstein".

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