Pflegereport: Der Schock sitzt tief

Bayerische Pflegekräfte sind seit der Pandemie deutlich unzufriedener mit ihrer Arbeit. Und auch Bewohner hat das Virus hart getroffen.
Ralf Müller |
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Der Rollator einer Bewohnerin steht im Garten eines Pflegeheims. Jeder fünfte Heimbewohner in Bayern hat eine Covid-Infektion nicht überlebt.
Der Rollator einer Bewohnerin steht im Garten eines Pflegeheims. Jeder fünfte Heimbewohner in Bayern hat eine Covid-Infektion nicht überlebt. © dpa

Im Rückblick erschreckende Zahlen über die Folgen der Corona-Pandemie in Pflegeheimen hat die Barmer-Krankenkasse vorgestellt. So hat die Pandemie bei Pflegeheimbewohnern der höchsten Stufe (Pflegegrad 5) während der Infektionswellen im April und Dezember 2020 überproportional viele Opfer gefordert. In den beiden Monaten waren 13,3 beziehungsweise 18,6 Prozent der stationär untergebrachten Pflegebedürftigen mit einer Covid-19-Infektion gestorben.

Besonders viele Covid-Tote in Pflegeheimen

Beinahe jeder fünfte dieser Gruppe "hat eine Covid-19-Infektion nicht überlebt", fasste der Landesgeschäftsführer der Barmer Bayern Alfred Kindshofer am Donnerstag in München zusammen.

Für den Pflegereport 2022 hat die Krankenkasse die Daten von bundesweit etwa 8,8 Millionen Versicherten sowie eine begleitende Befragung in Zusammenarbeit mit dem Institut für betriebliche Gesundheitsberatung (IFBG) unter 1.004 Pflegekräften ausgewertet. In Heimen untergebrachte Pflegebedürftige fingen sich danach in der zweiten Welle 2021 massenhaft den Covid-19-Virus ein.

Zeitweise waren elf Prozent dieser Pflegeheimbewohner infiziert. In der gesamten Bevölkerung waren es zu dieser Zeit nur ein Prozent und auch bei den nicht im Heimen untergebrachten Pflegebedürftigen seien die Covid-19-Sterberaten "vergleichsweise gering und stabil" gewesen. "Heime waren Hotspots für Erkrankungen", stellt der Report fest.

Während der Pandemie weniger Menschen im Heim

Der Bevölkerung war das klar, denn in den ersten beiden Corona-Wellen ging die Nutzung der vollstationären Dauerpflege erheblich zurück. "Zu Beginn der Pandemie sind auch deswegen weniger Menschen ins Pflegeheim gekommen, weil die Angehörigen Angst um deren Gesundheit hatten", erläuterte Kindshofer. Umso steiler ging nach Abklingen der Pandemie die Zahl der Eintritte in die Dauerpflege in Heimen wieder nach oben. Während in Bayern die Zahl der Menschen in vollstationärer Dauerpflege 2020 auf 42.828 zurückgegangen war, war sie ein Jahr später bereits wieder auf 70.524 angestiegen.

Dem Report ist zu entnehmen, dass die Impfungen das Leben im Heim spürbar sicherer gemacht haben. Auch weiterhin sei aber ein Corona-Schutzkonzept "mit Augenmaß" für besonders Schutzbedürftige erforderlich, sagte Kindshofer.

Die in Bayern ohnehin kaum vollzogene einrichtungsbezogene Impfpflicht für die Pflegebeschäftigten hat nach den Erkenntnissen der Barmer nicht sonderlich viel gebracht. Während vor Inkrafttreten der Impfpflicht am 16. März 2022 in Bayern 7,2 der Beschäftigten in der Pflege ungeimpft waren, ging dieser Prozentsatz bis Juli desselben Jahres nur um 0,7 Prozentpunkte zurück.

Bayerische Pfleger: geringe Impfquote

In Sachen Impfquote bei Pflegemitarbeitern nahm Bayern vorher wie nachher den letzten Platz unter den westdeutschen Bundesländern ein und lag auch über der bundesweiten Ungeimpften-Quote (4,7 Prozent).

Am stärksten waren Pflegekräfte im Freistaat im März 2022 von einer Covid-Infektion betroffen. Aus diesem Grund arbeitsunfähig meldeten sich zu diesem Zeitpunkt zehnmal mehr in den Heimen tätige Pflegekräfte als in den Jahren 2020 und 2021. Im Juli 2022 waren es sogar 18 Mal so viele.

Die Arbeitszufriedenheit der Pflegekräfte hat sich seit der Corona-Pandemie messbar verschlechtert, besonders in Bayern. Nur im Saarland und Niedersachsen denken nach der Barmer/IFBG-Befragung ähnlich viele Pflegekräfte daran, den Beruf zu wechseln. 48 Prozent der Befragten berichteten, dass sie oft bis immer Überstunden machen müssten und Pausen nicht regelmäßig einlegen könnten.

Fast die Hälfte der Pflegekräfte kommt krank zur Arbeit

51,8 Prozent gab an, "nie" trotz schwerer Krankheitssymptome zur Arbeit zu kommen. Im Umkehrschluss heißt das: Fast die Hälfte schleppt sich dennoch in die Arbeit. 69,5 Prozent gaben an, oft oder immer körperlich erschöpft zu sein.

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Die finanziellen Voraussetzungen für die Pflegeberufe seien inzwischen verbessert worden, sagte Barmer-Landesgeschäftsführer Kindshofer: "Geld scheint aber nicht alles zu sein. Die Arbeitsbedingungen an sich müssen verbessert werden."

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