Pflegekrise in Bayern: So teuer ist die stationäre Pflege schon jetzt
München – Die Pflege in Bayern droht unfinanzierbar zu werden. Zwischen 2017 und 2023 stieg die Zahl der Pflegebedürftigen im Freistaat um 53,4 Prozent auf 591.000. Das teilte Alfred Kindshofer, Landesgeschäftsführer der Barmer Krankenkasse, am Mittwoch in München mit.
2040 werden nach den Berechnungen der Kasse 869.000 Menschen im Freistaat auf Pflege angewiesen sein.
Durchschnittliche Belastung stieg in den letzten sechs Jahren um 53 Prozent
2700 Euro zahlen Betroffene derzeit monatlich für die stationäre Pflege in einer bayerischen Einrichtung hinzu, was in etwa dem Bundesdurchschnitt entspricht. Zwischen 2018 und 2024 wuchs die durchschnittliche Belastung einer pflegebedürftigen Person um 53 Prozent.
Das hatte man sich nicht so vorgestellt, als die Pflegeversicherung vor 30 Jahren mit dem ausdrücklichen Ziel ins Leben gerufen wurde, eine Existenzbedrohung durch Pflegebedürftigkeit zu verhindern. "Eigenanteile in diesem Umfang drohen die Legitimation der Pflegeversicherung zu zerstören", warnte Kindshofer.
Je nach Interessenslage und politischer Ausrichtung legten Krankenkasse, Grüne und SPD mannigfaltige Lösungsmöglichkeiten vor. Die Pflegeversicherung müsse von Belastungen, die eigentlich staatliche Aufgaben sind, befreit werden, forderte Kindshofer.
Das gelte für die Pflegeanteile, aber auch für die Investitionskosten der Pflegeheime und die Digitalisierung.
Pflegende sollen Staatsangestellte werden
Die gesetzlichen Krankenkassen haben außerdem schon länger ein Auge auf die angehäuften Pflegeversicherungs-Reserven der Privaten geworfen. Mittels eines "Finanzausgleichs" zwischen privaten und gesetzlichen Kassen müssten die dort angehäuften Milliardenbeträge aktiviert werden, so der Barmer-Geschäftsführer.
Zu den Vorschlägen der Barmer gehört auch eine steuerfinanzierte Pflegezeit für Angehörige in Anlehnung an die Elternzeit. Immerhin würden mehr als 80 Prozent der Pflegebedürftigen von Angehörigen betreut, die damit eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe erfüllten.

Mit der Gründung einer Landespflegegesellschaft will der Sprecher für Gesundheit und Pflege der Grünen-Fraktion im bayerischen Landtag, Andreas Hanna-Krahl, pflegende Angehörige unterstützen. Im Zuge eines Modellprojekts sollten pflegende Angehörige sozialversicherungspflichtig beim Staat angestellt werden.
SPD: "Die Pflege entwickelt sich immer mehr zum Armutsrisiko"
Im Mittelpunkt einer Pflegereform stellte der Grünen-Politiker die Einbeziehung aller in die Pflicht, Pflegeversicherungsbeiträge abzuführen. Der von den gesetzlichen Kassen geforderte Ausgleich sei dann verzichtbar. Die für das bayerische Landespflegegeld aufgewandten Mittel sollten in die Pflegeinfrastruktur beziehungsweise "Verhinderungspflege" gesteckt werden.
Auch die SPD im bayerischen Landtag sorgt sich um die Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen, denen die Kosten über den Kopf wüchsen. "Die Pflege entwickelt sich immer mehr zum Armutsrisiko", erklärte die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Ruth Waldmann.
Auch die SPD fordert ein stärkeres finanzielles Engagement des Freistaates: Bayern müsse mehr in die Pflegeheime investieren, damit weniger Lasten an den Pflegebedürftigen und ihren Familien hängenblieben.
Mehr Investitionen in Pflegeheime durch den Freistaat
Bislang müssen die Bewohnerinnen und Bewohner beziehungsweise ihre Angehörigen den Großteil der Investitionskosten für Pflegeheime aufbringen – für Bau, Miete oder Erhalt des Gebäudes, fürs Mobiliar oder auch für Fahrzeuge.
Die Einrichtungen berechnen dafür nach SPD-Angaben durchschnittlich 423 Euro pro Bewohner – zusätzlich zu den Kosten für Pflege, Unterkunft und Verpflegung.
Zwar habe Bayern seinen Beitrag bereits erhöht. Das reiche aber bei weitem nicht aus, so Waldmann. Die SPD schlägt in einem Parlamentsantrag vor, dass künftig die Hälfte des Investitionsanteils statt von den Pflegebedürftigen vom Freistaat übernommen wird. Zudem sollen die Kosten für die Ausbildung der Pfleger vollständig aus dem Landeshaushalt finanziert werden.
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