Peggy: Welche Rolle spielt die Hütte beim Fundort?

Neonazis sollen nicht weit entfernt von der Stelle, an der die Überreste der Schülerin gefunden wurden, einen Unterschlupf haben. Das könnte erklären, wie DNA-Spuren eines NSU-Terroristen dorthin kommen.
von  Helmut Reister
In diesem Waldstück nahe Rodacherbrunn (Thüringen) sind im Juli diesen Jahres Skelettteile der vermissten Peggy gefunden worden. In der Nähe des Skeletts der getöteten Peggy wurde auch eine DNA-Spur des mutmaßlichen NSU-Terroristen Uwe Böhnhardt sichergestellt.
In diesem Waldstück nahe Rodacherbrunn (Thüringen) sind im Juli diesen Jahres Skelettteile der vermissten Peggy gefunden worden. In der Nähe des Skeletts der getöteten Peggy wurde auch eine DNA-Spur des mutmaßlichen NSU-Terroristen Uwe Böhnhardt sichergestellt. © dpa

Wie kommt die DNA-Spur des rechtsterroristischen Serienmörders Uwe Böhnhardt an den Fundort der Leiche von Peggy Knobloch aus Lichtenberg (Oberfranken)? Möglicherweise liefert eine Waldhütte, die nur wenige Kilometer entfernt liegt, eine Antwort auf die Frage, die den ermittelnden Beamten nach dem Auftauchen der sensationellen Spur auf den Nägeln brennt.

Der Münchner Rechtsanwalt Yavuz Narin, Opfer-Anwalt im laufenden NSU-Prozess, geht eigenen Angaben zufolge schon seit einem halben Jahr Hinweisen nach, dass die Waldhütte von Neonazis genutzt werden soll. Der Abendzeitung erklärte er: "Sie ist im Besitz eines Neonazis aus dem Umfeld des NSU-Trios."

Was weiß Enrico T., der mutmaßliche Waffenlieferant?

Verschiedene Medien berichteten, dass es sich bei dem Hütten-Besitzer um den zwielichtigen Neonazi Enrico T. handeln soll, der Böhnhardt seit der gemeinsamen Jugendzeit kannte – und der nach Ansicht der Bundesanwaltschaft an der Beschaffung der NSU-Mordwaffe beteiligt war. Rechtsanwalt Narin will das nicht bestätigen. "Enrico ist nicht der Besitzer", sagte er, "aber auch er hatte mit der Hütte zu tun."

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Ein Kindermord von 1993 soll neu aufgerollt werden

Vor mehr als 20 Jahren, 1993, saßen Enrico T. und Uwe Böhnhardt schon einmal gemeinsam tief in der Tinte. Nicht wegen ein paar Kleindelikten, die sie auf dem Kerbholz hatten, beide standen unter Mordverdacht. Es ging dabei um den neunjährigen Schüler Bernd Beckmann, dessen Leiche am Ufer der Saale in Jena angespült worden war und Spuren eines Gewaltverbrechens aufwies. Nachgewiesen werden konnte ihnen damals nichts, aber jetzt hat sogar Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow eine erneute Untersuchung des bis heute ungeklärten Falls gefordert.

War Uwe Böhnhardt der Täter? Nach dem Auffliegen des NSU im November 2011 war Enrico T. von der Polizei über seine Verbindung zu Uwe Böhnhardt befragt worden. Damals behauptete er, vermutlich habe Böhnhardt den Bub ermordet – und dann versucht, ihm das Verbrechen in die Schuhe zu schieben.

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"Es wurde natürlich am Wochenende durchgearbeitet. Das elektrisiert uns auch"

Bei der Suche nach möglichen Kontakten zwischen Peggy und Uwe Böhnhardt dürfte nach dem Fund des DNA-Profils von Böhnhardt auch das Thema Sex mit Kindern eine wesentliche Rolle spielen. Angeblich waren kinderpornografische Aufnahmen auf einem Computer sichergestellt worden, der in der zerstörten Wohnung des NSU-Trios in Zwickau gefunden worden war.

Wie jedoch ein Kontakt zwischen den Neonazis und Peggy zustande gekommen sein soll, weiß derzeit keiner. Nach der brisanten Entdeckung der DNA-Spuren von Uwe Böhnhardt am Fundort von Peggys Leiche haben die Ermittler bislang keine neuen Erkenntnisse.

"Es wurde natürlich am Wochenende durchgearbeitet. Das elektrisiert uns auch", sagte gestern ein Sprecher des Polizeipräsidiums Oberfranken. "Aber das ist nur eine Spur. Wir müssen natürlich auch anderen Spuren weiter nachgehen."

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