Nach Verwandtenaffäre – von Arnim legt nach
Ein zurückgetretener CSU-Fraktionschef, weitere Politiker, die ihre Posten los sind, und eine Gesetzesverschärfung im Eilverfahren: Hans Herbert von Arnim hat mit seinem jüngsten Buch die Verwandtenaffäre im Landtag ausgelöst. Jetzt gibt es eine erweiterte Neuauflage.
München - Zwei Monate nachdem er die sogenannte Verwandtenaffäre im Bayerischen Landtag ins Rollen brachte, legt der Parteienkritiker Hans Herbert von Arnim nach. In einer erweiterten Neuausgabe seines Buches „Die Selbstbediener“, das am Dienstag vorgestellt werden soll, holt der Verwaltungsrechtler noch einmal zum Rundumschlag gegen das Landesparlament und die Fraktionen aus – egal ob Koalition oder Opposition.
Zwar seien die Regeln für die Beschäftigung von Verwandten durch Abgeordnete inzwischen verschärft worden, und zwar schnell. Allerdings, so schreibt er, werde damit „nur ein kleiner Teil der im Buch behandelten Missstände bereinigt“. Die eigentlichen Hauptprobleme seien bisher in der Diskussion noch viel zu kurz gekommen.
Von Arnim: „Gemeint ist Folgendes: Sämtliche Auswüchse der bayerischen Politikfinanzierung beruhen auf äußerst anfechtbaren, selbst gemachten Regelungen, und diese haben stets alle Abgeordneten und alle Fraktionen, nach Art eines großen politischen Kartells, immer wieder einmütig beschlossen (...).“ Der Autor kritisiert: „Die Abgeordneten im Bayerischen Landtag und ihre Fraktionen waren sich stets einig, wenn es um die exzessive Bewilligung und die missbräuchliche Verwendung von staatlichem Geld und Personal ging.“
In Sachen Politikfinanzierung hätten Mehrheits- und Oppositionsfraktionen ein politisches Kartell gebildet – und gemeinsam versucht, alle möglichen Kontrollen zu umgehen. „Alle haben sich mit ins Boot gesetzt und sich immun gemacht gegen Kontrollen, auch die Oppositionsparteien. Die Opposition profitiert ja genauso von den Wohltaten und fiel deshalb als Gegengewicht aus.“
Es gehe nicht nur darum, wer die Gesetze ausgenutzt habe, sondern vor allem darum, wer die „illegitimen Gesetze“ überhaupt gemacht habe. Als Beispiel nennt er die Verschärfung des Abgeordnetengesetzes im Jahr 2000. Damit wurde die Beschäftigung von Verwandten ersten Grades durch Abgeordnete verboten. Allerdings sei damals in den Debatten der Eindruck erweckt worden, es gehe um alle Verwandten und Verschwägerten, nicht nur um die ersten Grades. Die Öffentlichkeit sei von den Parlamentariern also damals „glatt angelogen“ worden.
Zudem wirft von Arnim die Frage auf, ob das Ausnutzen der sogenannten Altfallregelung, nach der bestehende Verträge auch über das Jahr 2000 hinaus weiterlaufen durften, wirklich bis ins Jahr 2013 hinein legal war. Diese Frage stelle sich vor allem für die, die damals noch rasch Verträge mit Kindern oder Eheleuten geschlossen hätten. Abgeordnete, die erst nach dem Jahr 2000 in den Landtag eingezogen waren, entlässt von Arnim nicht aus der Verantwortung. Denn auch diese hätten die „maßlose Verdoppelung der Mitarbeiterentschädigung“ und die „exzessive Aufstockung der Fraktionsmittel“ mitbeschlossen.
Kritik übt von Arnim auch an Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU). Er wirft ihr „dürftiges Krisenmanagement“ vor, weil sie die Situation des Landtags zunächst offenbar völlig falsch eingeschätzt habe. Zudem wirft er der CSU-Politikerin einen „Zick-Zack-Kurs“ in Sachen Transparenz bei der Aufarbeitung der Affäre vor.
Die politischen Folgen seines Buchs kommentiert von Arnim ohne allzu viel Bescheidenheit. Das Werk habe in Bayern „fast ein politisches Erdbeben ausgelöst“, schreibt er. Und dass so schnell noch selten ein Buch eine Gesetzesänderung bewirkt habe. Von Arnim schreibt: „Ohne mein Buch wäre auch heute noch alles beim Alten.“
Die Affäre hat unter anderem CSU-Fraktionschef Georg Schmid das Amt gekostet. Die Gesetzesverschärfung kam im Eilverfahren zustande.