Mega-Windpark geplant: Fällt der Frankenwald den Windrädern zum Opfer?

Neben Bäumen sollen in Zukunft auch Windräder in den Wäldern am Rennsteig in die Luft ragen. So sehen die Windpark-Pläne im bayerischen Frankenwald aus.
Niclas Vaccalluzzo
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Wie hier im Schurwald bei Stuttgart sollen bald Flächen im Frankenwald für Windkraftanlagen genutzt werden.
Wie hier im Schurwald bei Stuttgart sollen bald Flächen im Frankenwald für Windkraftanlagen genutzt werden. © imago

Kronach - Mitten im Frankenwald wird derzeit ein Großprojekt entwickelt. Eine Waldfläche von 900 Hektar soll schon bald 15 Windkraftanlagen dienen. Mit einem geplanten Ertrag von 300.000 Megawattstunden pro Jahr handelt es sich um eines der größten Windkraft-Projekte in Bayern.

Das entspricht etwa einer Versorgung von 75.000 Vier-Personen-Haushalten. Das Besondere: Die Anlage soll die bedeutende Glasindustrie der Region rund um den Rennsteig mit Strom versorgen.

Windpark im Frankenwald soll fränkische Glasindustrie sichern

Laut dem Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft kann man damit Hunderte von Arbeitsplätzen sichern. Der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW) äußerte sich unlängst zu dem Projekt: "Einer der größten Windparks im Freistaat wird die Zukunft der Glasindustrie im Frankenwald sichern." Passend dazu wurde am Mittwoch eine Initiative der Freistaaten Bayern und Thüringen gestartet. Die energieintensive Glasindustrie soll klimafreundlicher werden und das Gebiet zur Modellregion erklärt werden.

Für das Vorhaben ging man neuartige Wege: Die betroffenen Gemeinden Tettau, Steinach am Wald und Ludwigsstadt im Landkreis Kronach machten bereits frühzeitig an dem Projekt mit. In einer Sitzung im Juni wurde die Beteiligung einstimmig beschlossen. Mit einer neu geschaffenen kommunalen Projektgesellschaft sollen sich die Kommunen zu 30 Prozent an dem Windpark beteiligen. Konkret bedeutet das, dass vier der Windräder direkt von den drei Gemeinden betrieben werden.

Windpark in Bayern: Stromerträge stärken Kommunen finanziell

Man erhoffe sich dadurch, langfristig einen stabilen Strompreis für die Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde zu schaffen, sagt der Bürgermeister von Ludwigsstadt, Timo Ehrhardt, der AZ. Zudem sei es wichtig gewesen, von Anfang an Kostentransparenz zu schaffen.

Timo Ehrhardt.
Timo Ehrhardt. © Rathaus Ludwigsstadt

Mit der Projektgesellschaft habe man mehr Möglichkeiten, die Bürger direkt zu beteiligen. Hinzu kommt, dass die Kommunen direkt mit den Stromerträgen finanziell gestärkt werden. "Wir haben gesagt, auch als Kommune kann man Geld verdienen, deshalb haben wir uns beteiligt", sagt Ehrhardt.

In einer Bürgerbefragung bezog man zuvor bereits die ansässige Bevölkerung mit ein. Im Dezember 2022 sprachen sich ganze 85 Prozent der Teilnehmer für den Windpark aus - eine enorme Zustimmung.

Alle Bürger wurden von Anfang an in die Windpark-Planungen miteinbezogen

Wie konnte man einen so hohen Rückhalt erzielen? Das hänge mit mehreren Faktoren zusammen, sagt Ehrhardt. Zum einen sei die Region ohnehin an Windkraft gewöhnt – seit etwa 25 Jahren gebe es hier Windkraftanlagen. Zum anderen habe man in Bürgerversammlungen von Beginn an Sorgen und Wünsche zum Projekt besprochen. Für die Bürgerbefragung wurde jeder Bürger ab 16 Jahren direkt angeschrieben und über das Projekt informiert.

Auch die CPC Germania GmbH, die das Projekt leitet, war laut Ehrhardt von Anfang an in Gesprächen mit Interessierten und Grundstückseigentümern. Durch ein hohes Maß an Transparenz und ein vielfältiges Informationsangebot habe man die Menschen vor Ort von den Vorteilen und Chancen des Windparks für die Region überzeugen können, sagt Gerd Ketelhake, Leiter des Projektmanagements der CPC Germania.

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In einem vergleichbaren Großprojekt in Altötting ist man noch nicht so weit. Hier bemüht man sich derzeit noch um die Zustimmung der Bevölkerung. Unlängst entstand hier die Bürgerinitiative "Gegenwind Altötting" – größter Kritikpunkt: die Nutzung der Waldfläche.

Doch auch beim Windpark am Rennsteig werden Waldflächen genutzt und doch ist die Zustimmung so hoch. "Der Trockenheit und damit verbunden dem Borkenkäfer ist in den letzten Jahren im nördlichen Frankenwald nahezu die gesamte Waldfläche zum Opfer gefallen", sagt Ketelhake. "Die Windenergie kann hier den Bewirtschaftern nützliche Einnahmen verschaffen, die sie dringend für Aufforstung und Umstrukturierung benötigen."

In knapp vier Jahren könnte sich das erste Windrad im Frankenwald drehen 

Anfang des Jahres habe man sich bereits die nötigen Nutzungsrechte gesichert. Derzeit laufen Untersuchungen, die dem Arten- und Umweltschutz dienen, sagt Ketelhake. Man sei hier an die Vorgaben des Bundesimmisionsschutzgesetzes gebunden. Sind alle Gutachten erstellt und Vorgaben erfüllt, muss das gesamte Vorhaben vom Landkreis Kronach genehmigt werden.

Liegt diese Genehmigung dann vor, könne man die Finanzierung sichern und die ersten Komponenten bestellen, wobei sich die aktuelle Lieferzeit auf etwa 14 Monate beläuft. Den nötigen Rückhalt der lokalen Verwaltungsträger und Bevölkerung habe man ohnehin schon, und wenn alles gut geht, dann könne sich etwa Mitte 2027 das erste Windrad drehen, sagt Bürgermeister Ehrhardt.

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2 Kommentare
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  • Geradeaus-Denker am 15.07.2023 23:47 Uhr / Bewertung:

    Und unser aller Witschftsminister sonnt sich schon jetzt im Erfolg zu dem er nichts beigetragen hat. Statt Bürgerwindanlagen zu initiieren und zu fördern, hält er schwurblige Reden und tritt gross im Fernsehen auf.

  • Der wahre tscharlie am 15.07.2023 17:00 Uhr / Bewertung:

    Aha, ein Vorzeigeprojekt. Scheint aber eher der dortigen Glasindustrie geschuldet zu sein, und dass es dort schon seit 25 Jahren Windräder gibt.
    An anderen Standorten wird der Widerstand der Bürger*innen aber größer sein. A und O ist halt, dass die Menschen von Anfang an mit eingebunden werden.

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