Maut-Streit: Ramsauers neue Volten
Salzburg/Berlin - Vorhang auf für die nächste Folge im Dramolett um die Maut (AZ berichtete): An zwei Schauplätzen gab es am Dienstag neue Entwicklungen. In Berlin stellte sich heraus, dass Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) bisher keinerlei Konzept oder Zahlen zu dem seit Jahren geforderten Projekt einer Pkw-Maut für Ausländer hat. Dafür eröffnete er in Freilassing die nächste Runde im österreichisch-bayerischen Grabenkrieg: Zwei Tage, nachdem Österreich nun auch auf dem Autobahnstück bis Kufstein das Pickerl zur Pflicht gemacht hat, stellte er seine Pläne vor, den Anflugverkehr auf Salzburg über bayerisches Gebiet zu drosseln.
Spätestens seit diesem Sommer ist die Maut eines der großen Themen der CSU. Sie selbst wie auch das von ihr geführte Verkehrsministerium verfügen aber noch über keine Zahlen oder konkrete Vorstellungen, wie das funktionieren soll: Das geht aus der Antwort des Ministeriums auf eine Anfrage der Grünen hervor, über die jetzt die SZ berichtete.
Die Grünen wollten wissen, inwieweit die erhofften Einnahmen die Kosten übersteigen. Antwort: Dazu lägen weder abgestimmte Konzepte noch Unterlagen vor. Ramsauer hatte zuletzt von 800 Millionen Euro Einnahmen gesprochen, vor zwei Jahren hatte sein Ministerium deutlich niedrigere Zahlen genannt. Wie er denn jetzt auf die höheren Werte komme? Das sei „auf Arbeitsebene überschlägig geschätzt worden, ohne externe Unterstützung“. Und die Kosten? „Dazu hat die Bundesregierung keine Berechnung erstellt.“
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Im Koalitionsvertrag steht auf Drängen der CSU, dass es eine Maut geben soll – aber nur, wenn sie EU-Rechts-konform ist und gleichzeitig keinen deutschen Autofahrer zusätzlich belastet. SPD und CDU glauben, dass diese Punkte nicht vereinbar sind – aber das wüsste man eben erst, wenn es ein Konzept gibt. Wie es in Berlin heißt, wird es vermutlich aber nicht mehr Ramsauer sein, der sich dieser Herausforderung stellen muss, sondern Noch-CSU-General Alexander Dobrindt.
Doch Ramsauer verteidigte sich gestern gegen die Vorwürfe, er habe kein Konzept. Er setze auf das Gesetzgebungsverfahren, bisher stehe nur der Rahmen, sagte er. Zur Anfrage der Grünen erklärte er: „In der Phase, in der wir jetzt sind, kann man diese Fragen gar nicht beantworten.“
Geäußert hat er sich in Freilassing – bei einer Pressekonferenz, wo es eigentlich um den Flughafen Salzburg gehen sollte. Offiziell hat dieser mit dem Pickerl bis Kufstein so wenig zu tun wie das wiederum mit den deutschen Maut-Plänen: nichts. Tatsächlich sehen Beobachter da durchaus Zusammenhänge – auch wenn Ramsauer, der privat im Landkreis Traunstein wohnt, den Salzburger Fluglärm in der Tat schon länger im Visier hat. Aber jetzt macht er Ernst: Er will Salzburg zwingen, dass nur noch maximal 70 Prozent und nicht mehr 90 Prozent der Anflüge über bayerischem Gebiet stattfinden. „Die Bewohner im Chiemgau brauchen eine spürbare Entlastung.“ Die Salzburger argumentieren, dass sie nicht aus „Unwillen“ über Bayern fliegen, sondern weil der Flughafen von drei Seiten von Bergen umschlossen ist. Morgen hat Ramsauer einen Krisengipfel mit seiner österreichischen Kollegin Doris Bures. In Wien wird schon laut über eine Mindestflughöhe für Anflüge auf den Münchner Flughafen nachgedacht – viele Routen laufen über Österreich.