Kommentar

"Letzte Generation" abgehört: Ein fatales Signal

Bayerische Ermitttlungsbehörden hören Telefone der Klima-Gruppe "Letzte Generation" ab. Das mag juristisch durchgehen – klug ist es nicht, findet die stellvertretende AZ-Ressortleiterin.
Lisa Marie Albrecht |
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Schon im Mai haben Unterstützer in Berlin dagegen demonstriert, dass die Klimaaktivisten der "Letzten Generation" als kriminelle Vereinigung eingestuft werden. Genau wegen dieses Verdachts haben Ermittler im Freistaat Telefone abgehört.
Schon im Mai haben Unterstützer in Berlin dagegen demonstriert, dass die Klimaaktivisten der "Letzten Generation" als kriminelle Vereinigung eingestuft werden. Genau wegen dieses Verdachts haben Ermittler im Freistaat Telefone abgehört. © Sven Käuler/TNN/dpa

Es ist knapp eine Woche her, da warnte der Verfassungsschutz in seinem Bericht vor der zunehmenden Gewaltbereitschaft von Extremisten. Die "Letzte Generation" betraf das nicht, denn die stufte die Behörde klar als nicht extremistisch ein.

Im Bereich der Klimaaktivisten gebe es "ein sehr heterogenes Bild und sehr heterogene Erscheinungsformen", sagte der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), Thomas Haldenwang, dazu.

"Letzte Generation": Verfassungsschutz sieht keine Bedrohung  

Zwar bewege sich die Gruppierung in einem Spannungsfeld, dennoch sehe man keine Bedrohung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Trotzdem hat Bayern eine bundesweite Razzia gegen die Klimaaktivisten veranlasst und ist sich keiner Schuld bewusst. Alles rechtens, alles ganz ohne Einflussnahme, so lautete kürzlich das Fazit des bayerischen Justizministers Georg Eisenreich.

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Auch wenn dies von mehreren Seiten angezweifelt wurde und man bei der Abschaltung der Webseite der Klima-Aktivisten mit dem Hinweis "Die 'Letzte Generation' stellt eine kriminelle Vereinigung gemäß § 129 StGB dar" dann ganz schnell zurückrudern musste.

Es bleiben Zweifel. Und die werden durch die nun bekannt gewordenen Abhöraktionen bei einzelnen Mitgliedern der "Letzten Generation" nur noch verstärkt. Es entsteht einmal mehr der Eindruck, dass im Wahlkampfjahr Bayern als "Law and Order"-Staat präsentiert werden soll. Juristisch mag die Aktion haltbar sein, obgleich die Tatsache, dass auch Journalisten abgehört wurden, durchaus Fragen aufwirft.

Restriktive Taktik gegen die "Letzte Generation" sendet ein fatales Signal

Doch nicht alles, was (gerade so noch) rechtens ist, ist auch klug. Vor allem nicht, wenn die Gefahr besteht, dass Menschen das Vertrauen in die Unabhängigkeit der Justiz verlieren. Man kann über die Art, wie die Letzte Generation ihre Forderungen durchsetzen will, zurecht streiten. Ihr Anliegen, nämlich die Umsetzug der Klimaziele durch die Politik, ist berechtigt und zielt – im Gegensatz zu dem von gewaltbereiten Extremisten – auf eine demokratische Umsetzung von Maßnahmen ab.

Diesen Protest so restriktiv zu beantworten, sendet ein fatales Signal und riecht nach Schikane. Für viele junge Menschen dürfte abermals der Eindruck zurückbleiben, dass ihre Wünsche schlichtweg ignoriert werden.

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  • muc_original_nicht_Plagiat! am 26.06.2023 22:51 Uhr / Bewertung:

    Ein fatales Signal ist es, wenn politische Minderheiten ihre Ideologie einer Mehrheit aufzwingen wollen, und durch ständige Unterstützung durch den Staatsrundfunk dazu auch noch die moralische, mediale Legitimation erteilt bekommen.

  • Perlacher am 26.06.2023 10:08 Uhr / Bewertung:

    Gut vernetzte und bundesweit agierende radikale Straftäter abzuhören, ist in einem Rechtsstaat möglich! Nötigung im Straßenverkehr und Sachbeschädigung sind Straftaten, auch wenn diese Typen glauben die Wahrheit und das Recht für sich gepachtet zu haben, brauchen sie nicht jammern, wenn der Staat gegen sie vorgeht!

  • Wolff am 26.06.2023 00:00 Uhr / Bewertung:

    "Man kann über die Art, wie die Letzte Generation ihre Forderungen durchsetzen will, zurecht streiten."

    Was hier so lapidar abgetan wird, ist doch genau der Grund für das Vorgehen der Polizei. Es ist vielmehr ein fatales Signal, wieviele Leute neuerdings ein mindestens fragwürdiges Verständnis vom Rechtsstaat haben.

    Der Zweck heiligt die Mittel ist meines Wissens immer noch kein Rechtsgrundsatz. Und damit auch keine Entschuldigung für die LG. Aber anscheinend ist es modern, dass sich jeder sein eigenes Recht zusammenbastelt.

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