Landtagswahl Bayern 2018: Wahlkampf-Programm - das sind die Themen der SPD

Die Freistaat-SPD will im Wahlkampf für die Landtagswahl 2018 in Bayern mit den Themen Familie, bezahlbares Wohnen, und Beschäftigung punkten – aber vor allem mit Anstand.
von  Natalie Kettinger
Fordert einen neuen Stil der Auseinandersetzung: Anstatt auf aggressives Gebaren setzt Bayerns SPD-Chefin Natascha Kohnen im politischen Diskurs auf Anstand.
Fordert einen neuen Stil der Auseinandersetzung: Anstatt auf aggressives Gebaren setzt Bayerns SPD-Chefin Natascha Kohnen im politischen Diskurs auf Anstand. © nk

München – Hoch über den Dächern Münchens, in einer luftigen Lounge mit Blick über Stadt und Olympiapark, stehen Bayerns SPD-Chefin Natascha Kohnen und Generalsekretär Uli Grötsch hinter einem Genossen-roten Pult und erklären, wie sie ihre Partei bis zur Landtagswahl wieder aus dem Umfragetief von zuletzt zwölf Prozent (siehe unten) holen wollen: ohne Koalitionsaussage, ohne Prozent-Ziel – dafür mit Anstand.

Die Menschen hätten die Nase voll von Politikern, die sich ständig gegenseitig eine drüberzögen, sagt Kohnen und verweist auf "das Trio Dobrindt, Söder, Seehofer", das in der Asyldebatte "völlig außer Rand und Band geraten" sei. "Ich hoffe, dass die sehen, dass sie mit ihrem Hetzstil am Ende sind."

Gefragt seien ein neuer politischer Stil, mehr Respekt im Umgang miteinander – und Lösungen für die Probleme, mit denen die Bürger tagtäglich konfrontiert seien.

SPD-Hauptthema 1: Wohnen

In ihrer Kampagne für die Landtagswahl am 14. Oktober wollen Bayerns Sozialdemokraten deshalb drei Themen in den Mittelpunkt rücken: bezahlbares Wohnen, Familie und gute Arbeit.

Die von CSU und AfD in den Vordergrund gestellte Flüchtlingspolitik soll keine große Rolle spielen, im Gegenteil. "Wir haben Integration im Fokus, wollen aber nicht, dass dieses Thema wieder missbraucht wird", sagt Kohnen. Es sei lange genug monothematisch auf diesem Thema herumgeritten worden, um zu hetzen und zu spalten. "Das verunsichert die Menschen und nutzt nur einer einzigen Partei" – eine Anspielung darauf, dass es auch mit der CSU in den Erhebungen abwärts geht, seit Parteichef Horst Seehofer den Koalitionskrach um die Asylpolitik anzettelte.

Das Thema bezahlbares Wohnen ist für Natascha Kohnen "die soziale Frage der nächsten Jahre und Jahrzehnte". Was der Freistaat brauche, sei eine Wohnraumoffensive. 100.000 neue Wohnungen fordert die SPD in den nächsten fünf Jahren. 25.000 davon müssten vom Land selbst mit Hilfe einer staatlichen Wohnungsbaugesellschaft errichtet werden. Das sind zweieinhalb Mal so viele, wie die CSU-Staatsregierung mit der BayernHeim bis 2025 anpeilt (AZ berichtete).

SPD-Hauptthema 2: Familie

Außerdem will sich die SPD für Familien stark machen, fordert kostenfreie Kitas, kleinere Gruppen und längere Öffnungszeiten. Ein Arbeitstag ende in der Regel nicht um 15.30 Uhr, sagt Kohnen. "Die Politik muss arbeitende Eltern da besser unterstützen."

Um die Kinderarmut im Freistaat zu mildern, fordern die Genossen eine eigenständige Grundsicherung für Kinder.

Zum Streit um das von der CSU in Aussicht gestellte bayerische Familiengeld, das laut Bundesarbeitsministerium jedoch auf Hartz IV angerechnet werden müsste, und dann nur Besserverdienern zugute käme (AZ berichtete), sagt sie: Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) habe die Gesetzeslage schon vor Monaten erklärt. Wenn die CSU Zuwendungen verspreche, ohne mit ihm zu reden, sei das schlichtweg "schlechter Stil".

Dass nun behauptet werde, die SPD gönne Hartz-IV-Empfängern die 250 Euro pro Monat nicht, findet Uli Grötsch "schäbig und scheinheilig".

SPD-Hauptthema 2: Arbeit

Und weil die Digitalisierung die Arbeitswelt verändert, was wiederum zahlreiche Menschen beunruhige, will sich die SPD auch dieses Problems annehmen. "Die Menschen fragen sich: Gibt’s meinen Job in fünf oder zehn Jahren überhaupt noch?", sagt Kohnen. In einem Recht auf Weiterbildung sieht die SPD-Chefin und -Spitzenkandidatin hier den "Schlüssel, der fit macht".

Außerdem müsse der Freistaat als Arbeitgeber eine Vorbildfunktion einnehmen und sich von befristeten Jobs, etwa bei Lehrern, verabschieden. Zudem möchte Kohnen ein Tariftreue- und Vergabegesetz einführen. Das heißt: Wer vom Land einen Auftrag erhalten will, muss tarifliche, soziale und weitere Vorgaben erfüllen.

Rund zwei Millionen Euro hat Bayerns SPD für den Wahlkampf zur Verfügung. Das ist in etwa so viel wie 2013, als sie mit ihrem damaligen Spitzenkandidaten Christian Ude 20,6 Prozent der Stimmen holte.

Knapp 60 Mal wird sich Natascha Kohnen im Rahmen der Veranstaltungsreihe "KohnenPlus" bis zum 14. Oktober vor Publikum mit Gästen aus Gesellschaft und Politik unterhalten, darunter die SPD-Bundesvorsitzende Andrea Nahles, Vize-Kanzler Olaf Scholz, Außenminister Heiko Maas sowie die Ministerpräsidentinnen Manuela Schwesig und Malu Dreyer. Die bayerischen Genossen werden beim Haustürwahlkampf Klinken putzen – auch in den "schwärzesten Bauerndörfern" (Grötsch) –, die Jusos unter dem Motto #freistarten um Kreuzerl werben.

Ob all das die Kehrtwende bringt, weiß derzeit niemand. Trotzdem gehe man mit Spaß und Optimismus in den Endspurt, sagt Uli Grötsch. "Fast zwei Drittel der Menschen wissen noch nicht, wen sie wählen sollen. So offen war eine Landtagswahl in Bayern zu diesem Zeitpunkt noch nie. Es bleibt spannend", sagt Natascha Kohnen, und: "Wir arbeiten wie die Irren."

Lesen Sie hier: Wo Bayern sozialer werden muss

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