Tierquälerei? Landshuter Veterinärsamt nimmt Landwirt die Pferde weg

Am späten Dienstagabend nimmt das Landshuter Veterinärsamt einem Landwirt die Pferde weg. Der Vorwurf: Tierquälerei. Erst nach einem AZ-Bericht kommt Bewegung in die Sache.
Landshut - Landkreisbewohner gegen Landwirt. Berechtigte Tierquälervorwürfe oder Unschuld vom Lande? An einer Pferdekoppel südlich von Landshut hat es in den vergangenen Monaten gewaltig um die Frage gekracht, wie Menschen Tiere behandeln sollten.
Genauer gesagt prangert dort seit Monaten eine Gruppe Tierschützer den Umgang des Landwirts Thomas L. (Name geändert) mit seinen Tieren an. Gestern hat das Veterinäramt Landshut nach AZ-Informationen nach langem Hin und Her die Reißleine gezogen. Ls. Pferde, eine Stute und ihr Fohlen, um die es in den vergangenen Wochen konkret ging, sollten noch am Dienstagabend vom Veterinärsamt in Obhut genommen worden. L. habe sich als zu unzuverlässig erwiesen. Doch warum erst jetzt?
Die Vorwürfe der Tierschützer wiegen schon länger schwer: L. soll seine Tiere nur unregelmäßig und ungenügend versorgt haben. Eine Videoaufnahme, die der AZ zugespielt wurde, zeigt Landwirt L. sogar, wie er eines seiner Pferde mit Stockschlägen auf den Rücken und in die Flanke des Tiers in einen Transporter treibt.
Video zeigt, wie Pferd geschlagen wird
Die AZ hat sich am Montag ein Bild von der Lage an der Koppel gemacht und L. zu den Vorwürfen befragt. Nach einem Gespräch – auch zum Stockschlag-Video – entschied sich der Landwirt aber dazu, sich nicht in der AZ zum Thema zitieren zu lassen.
Aus dem Gespräch ist aber ersichtlich geworden, dass der Landwirt eine völlig kontroverse Meinung über die Haltung und den Umgang mit Tieren hat, als die Tierschützer.
Die Tierschützer hingegen verfolgen den Fall L. schon länger. In deren direkten Fokus sind in vergangenen Tagen wegen der heißen Temperaturen Ls Stute und ihr Fohlen gerückt, die der Landwirt an der besagten Koppel bis gestern in einem Weidezelt untergebracht hatte. L. hatte bis vor Kurzem noch weitere Pferde. Die anderen Tiere sind aber nach Angaben der Tierschützer spurlos verschwunden.
Die verbleibende Stute und ihr Fohlen, die gestern abgeholt werden sollten, sollen, so die Tierschützer, in ihrem Weidezelt weitestgehend auf sich allein gestellt gewesen sein, da sich L. nicht um die Tiere kümmerte.

Pferden fehlte es an Nahrung, Pflege und Auslauf
Den Pferden fehlte es nach Angaben der Tierschützer permanent an Nahrung, Pflege und Auslauf. Bilder der Stute, die vor etwa zwei Wochen aufgenommen wurden, zeigen ein Tier, bei dem deutlich die Rippen zu sehen sind. "Mittlerweile haben sich die Pferde wieder etwas erholt", sagte eine Sprecherin der Gruppe am Montag. An einem Umdenken des Landwirts soll das aber nicht gelegen haben, vielmehr am täglichen Einsatz der Gruppe.
Zugang auf die angrenzende Koppel mit Fluss und Wiese hätten die Tiere nämlich nur unregelmäßig oder gar nicht gehabt, da der Durchgang vom Weidezelt aus abgesperrt war. Die Tiere waren praktisch abgekoppelt. Der Wassertank, der die Tiere dafür versorgen sollte, sei dafür zu oft leer gewesen. Zwar sei auf dem Boden Heu ausgestreut, dies sei aber zu frisch und könne bei den Pferden zu schweren Koliken führen. Außerdem sei das Weidzelt voll mit dem Kot der Tiere.
Deshalb ist die Koppel in den vergangenen Wochen für die Tierschützer zu einem regelmäßigen Treffpunkt geworden. Wie ein Mitglied der Gruppe sagt, fuhren sie abwechselnd täglich zu den Pferden, um sie mit frischem Wasser und Nahrung zu versorgen.
Nach AZ-Bericht kommt Bewegung in die Sache
Der Vorwurf der Tierschützer richtet sich deshalb auch an das Veterinäramt Landshut. Vonseiten der Behörde, so sagte eine Sprecherin der Tierschutz-Gruppe, habe sich über Monate trotz eindeutiger Hinweise nichts getan. Zumindest bis zum besagten Dienstagabend. Nachdem auch die AZ den Vorwurf der Tierschützer aufgegriffen hatte, kam Anfang dieser Woche plötzlich Bewegung in die Sache.
Für die Tierschützer zu spät: "Wir haben als aktive Bürger in einem konkreten Fall das Veterinäramt seit langem mit hieb und stichfesten Beweisen und Hinweisen über extreme Missstände versorgt. Jedoch keinerlei Rückmeldungen bekommen, ob unsere Briefe und E-Mails überhaupt gelesen wurden", sagte eine Sprecherin der Gruppe am Dienstag zur AZ. Und weiter: "In Wirklichkeit ist in acht Monaten nicht viel getan worden, um zu verhindern, dass die Tiere leiden mussten. Nicht einmal die vom Amt gemachten Auflagen wurden vom Tierhalter erfüllt. Trotzdem hat das Amt keine Konsequenzen gezogen." Eine Auflage war offenbar eine nachgewiesene Bestandsreduzierung der Tiere. Dass Ls andere Pferde nun aber als verschollen gelten, mit dieser Frage muss sich nun auch das Veterinäramt weiter befassen.
Bayerns Veterinärsämter massiv unterbesetzt
Auf AZ-Nachfrage wollte sich das Veterinäramt zu L.'s Fall aber nicht äußern, da es sich um ein laufendes Verfahren handele. Auch die Frage, warum das Einschreiten im Fall L. so lange gedauert hat, blieb unbeantwortet. Genauso die zur personellen Situation beim Veterinärsamt. Dabei ist es mittlerweile ein offenes Geheimnis, dass die Veterinärsämter in Bayern massiv unterbesetzt sind. Dem Vernehmen nach ist das auch im Veterinäramt Landshut so.
Wie die Polizei am Montag mitteilte, sind wegen L. Anzeigen wegen des Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz anhängig. Wie ein Sprecher sagte, warte die Behörde auf ein Gutachten. Ob der Fall dann weiter verfolgt werde, sei dann Sache der Staatsanwaltschaft.
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