Kreidl kapituliert: "Nehme Amt nicht mehr an"

Ilse Aigner hat es nach nächtelangen Gesprächen geschafft: Der Miesbacher Landrat Jakob Kreidl gab am Dienstagabend eine Erklärung ab. Im Falle einer Wiederwahl will er nicht mehr als Landrat antreten.
Angela Böhm |
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Jakob Kreidl (CSU) ist der Skandal-Landrat von Miesbach. Am Dienstagabend gab er in einer Erklärung bekannt, er werde im Falle einer Wiederwahl das Amt nicht mehr annehmen.
dpa Jakob Kreidl (CSU) ist der Skandal-Landrat von Miesbach. Am Dienstagabend gab er in einer Erklärung bekannt, er werde im Falle einer Wiederwahl das Amt nicht mehr annehmen.

München - Da dürfte der CSU-Führung ein dicker Stein vom Herzen gefallen sein. Jakob Kreidl, der Skandal-Landrat aus Miesbach hat das Handtuch geworfen. Unter massivem Druck der CSU-Spitze erklärte er am Dienstagabend seinen Amtsverzicht für den Fall einer Wiederwahl bei der Kommunalwahl im März.

„Aufgrund meiner gesundheitlichen Probleme wurde ich von meinem Hausarzt krankgeschrieben. Nach hoffentlich baldiger Genesung muss ich verstärkt darauf achten, meine Gesundheit nicht dauerhaft zu gefährden. Daher habe ich mich nach reiflicher Überlegung entschlossen, selbst für den Fall meiner Wiederwahl zum Landrat, das Amt nicht mehr anzunehmen“, teilte der 61-Jährige am Dienstagabend mit.

Weil sein Name auf dem Wahlzettel nicht mehr gestrichen werden kann, erklärte er für den Fall seiner Wiederwahl vorab schon seinen Verzicht. Die CSU atmete auf.

Am Montagabend noch hatte Seehofers Kronprinzessin Ilse Aigner mit dem umstrittenen Miesbacher Landrat Jakob Kreidl zusammen gesessen. Am Morgen hatte Parteichef Horst Seehofer über ihn den Daumen gesenkt. Aigner sollte Kreidl nun beibringen, dass er zweieinhalb Wochen vor der Kommunalwahl kapituliert: Rückzug von allen Ämtern. Vom Landratsposten und dem Kreisvorsitz der CSU.

Eine Erklärung hatte Aigner für Dienstag angekündigt. Die sollte Kreidl abgeben. Doch der Zeitpunkt verschob sich von Stunde zu Stunde.

Am Nachmittag im Landtag schaute der Ministerpräsident schon ungeduldig auf die Uhr. Im CSU-Vorstand am Montag hatte Seehofer die Reißleine gezogen.

Auslöser für ihn sei gewesen, dass es in Miesbach Überlegungen gab, wie man den Landratsposten durch die Hintertür doch noch für die CSU retten könnte: Kreidl sollte die Wahl nicht annehmen. Dann wäre es zu Neuwahlen gekommen. Und die CSU Miesbach hätte einen neuen Kandidaten ins Rennen schicken können. „Wir wollen keine Tricks“, sagte Seehofer bestimmt. „Da sagt die Bevölkerung doch: Hoppla!“

Alte Freunde

Die Sache ist verzwickt für die CSU. Bei den Verfehlungen ihres Landrates hat sie viel zu lange gewartet. Erst der abgeschriebene Doktor-Titel. Dann Kreidls Verwicklung in die Verwandtenaffäre. Das allein hätte schon für einen Rücktritt gereicht.

Kreidl aber fühlte sich mit seinen Anhängern unverwundbar. Und: Ilse Aigner und er sind alte Freunde. Miesbach ist der Stimmkreis der bayerischen Wirtschaftsministerin.

Minister wäre auch Kreidl gerne geworden. Nach dem Sturz von Edmund Stoiber machte er sich Hoffnungen, Günther Beckstein im Innenministerium zu beerben. Aber nicht mal ein Staatssekretärsposten sprang für ihn raus. Beckstein schickte Kreidl in seine Heimat zurück – als Landrat. Im März 2008 wurde er in Miesbach gewählt.

Im Oktober übernahm Seehofer das Zepter in Bayern. Kreidl eilte sofort von seinem Landratsamt nach München und empfahl sich bei Seehofer persönlich für dessen neues Kabinett. Der wies ihn ab. Kreidl habe doch als Landrat schon ein herausgehobenes Amt.

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Keine Skrupel

In dem hatte Kreidl dann offenbar keine Skrupel mehr. Seine 120 000-Euro-Geburtstagsparty, sein feudales Büro, schöne Reisen – alles mitbezahlt von der Sparkasse. Und jetzt auch noch der Neubau seines Hauses, bei dem nicht so genau auf die Zentimeter geschaut worden sein soll.

Aigner habe immer wieder auf Kreidl eingeredet, heißt es in ihrer Umgebung. Der aber habe sich uneinsichtig gezeigt. Bis es zu spät war für die CSU, ihn als Landratskandidaten auszuwechseln: Die Wahlzettel sind bereits gedruckt.

Ilse Aigner strahlte am Dienstagachmittag – so wie immer im Landtag. Sie hatte sich ganz in Schwarz gekleidet. Schwarzes Kostüm, schwarze blickdichte Strümpfe, schwarze Schuhe. Das richtige Outfit für eine (politische) Beerdigung.

Als sie abends um 18 Uhr ging, war Kreidls Kapitulation immer noch nicht eingetroffen. „Vor einer Stunde hat er gesagt, er schickt sie raus“, sagte Aigner. Sie sah unfroh aus. Dann fuhr sie nach Miesbach. Dort hatte sie den CSU-Kreisvorstand und die Ortsverbandsvorsitzenden zu einer Sitzung einberufen. Ohne Kreidl.

Der gab am Abend noch eine Erklärung ab. Kreidl sagte: Aus Sorge um die Gesundheit „habe ich mich nach reiflicher Überlegung entschlossen, selbst für den Fall meiner Wiederwahl zum Landrat, das Amt nicht mehr anzunehmen.“
 

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