Joachim Herrmann: Lockerung war dringend nötig

Vier Wochen beschränkter Ausgang: Innenminister Joachim Herrmann über die Kritik an harten Kontrollen – und die Konsequenzen daraus.
Nina Job |
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Innenminister Joachim Herrmann: "Die Lockerungen waren dringend nötig".
Sven Hoppe/dpa Innenminister Joachim Herrmann: "Die Lockerungen waren dringend nötig".

München - AZ-Interview mit Joachim Herrmann. Der 63-jährige CSU-Politiker ist seit 2007 Bayerischer Innenminister.

AZ: Herr Minister, wie fällt Ihre Bilanz nach vier Wochen Ausgangsbeschränkungen aus? Was ist positiv gelaufen, was nicht?
JOACHIM HERRMANN: Die Beschränkungen sind in erstaunlich hohem Maß akzeptiert und befolgt worden. Aber es gibt leider auch immer Menschen, die meinen, sie könnten es anders machen. Denen muss man gute Ratschläge geben oder aber auf die Finger klopfen. Aber insgesamt sind die Regeln von den allermeisten Bürgern beherzigt worden und es gibt offensichtlich eine positive Wirkung: Wir haben es geschafft, dass die Zahl der Neuinfizierungen deutlich zurückgegangen ist.

Allein die Münchner Polizei hat von Karfreitag bis Ostermontag 24.100 Kontrollen durchgeführt, dabei gab es 1.075 Beanstandungen gegen die Ausgangsbeschränkungen. Das ist eine Trefferquote von 4,5 Prozent. Gegen welche Regeln wurde generell am häufigsten verstoßen?
Die häufigsten Verstöße gab es gegen die Abstandsregel oder auch, dass Menschen in Gruppen im Park unterwegs waren. Gravierender sind aber die Verstöße von den Inhabern von Läden, Gaststätten und Kneipen, die vorsätzlich und aus persönlichem Profit gehandelt haben. Sie bekommen auch die wesentlich höheren Bußgelder.

"Ich sehe keinen Anlass, den Bußgeldkatalog zu verschärfen"

Letzteres kostet 5.000 Euro. Sind Verschärfungen geplant?
Im Moment versuchen wir manches ja eher zu lockern. Ich sehe keinen Anlass, den Bußgeldkatalog zu verschärfen.

Mehr als die Hälfte der Münchner und Millionen andere Menschen in Bayern, die alle alleine wohnen, hatten in den vergangenen Wochen Kontaktverbot zu Verwandten, Freunden und Bekannten. Sie dürfen nun – wie die Menschen im Rest Deutschlands bereits zuvor schon – eine Person im Freien mit Sicherheitsabstand treffen. Für die Polizei dürfte das bedeuten, dass sie draußen nun weniger kontrollieren wird, oder?
Zunächst einmal: Diese Lockerung war dringend notwendig. Ich habe sehr viele E-Mails und Nachrichten erhalten von Alleinstehenden, die beklagt haben, dass sie niemanden im Hausstand haben, mit dem sie spazieren gehen können. Das haben wir jetzt geändert und das ist gut so. Ich gehe davon aus, dass in der kommenden Woche vor allem im Einzelhandel und in den Baumärkten kontrolliert wird. Geplant ist, dass sich maximal ein Kunde auf 20 Quadratmetern aufhalten darf. Dass solche Schutzmaßnahmen wie auch das Gebot, dass die Leute Mund- und Nasenschutz im Einzelhandel und im ÖPNV tragen, eingehalten werden, ist unabdingbare Voraussetzung, wenn weitere Lockerungen folgen sollen.

Ab wann werden Polizisten Mundschutz tragen?
Es gibt momentan keine generellen Empfehlungen. Aber wenn sie in die Läden gehen, sollten auch sie sinnvollerweise einen tragen.

"Unterschiedlicher Interpretationssspielraum" der Verordnung

In den ersten Wochen haben Polizisten in München Senioren von Parkbänken gescheucht und Menschen, die sich alleine auf einer Wiese sonnten, verjagt. Später wurde das gelockert. Ist die Polizei übers Ziel hinaus geschossen? Oder waren Sie mit Ministerpräsident Söder uneins, wie die Maßnahmen umgesetzt werden?
Die Verordnung war zunächst sehr allgemein formuliert, was zu unterschiedlichen Interpretationen führte. Ich habe bereits vor zwei Wochen deutlich gemacht, dass es in Ordnung ist, wenn man sich mit Sicherheitsabstand auf eine Parkbank setzt. Aber das war offensichtlich immer noch nicht bei allen angekommen. Ich habe das noch mal mit Markus Söder besprochen, der absolut der gleichen Meinung war wie ich, und dann haben wir das beide noch mal kundgetan. Das sind einfach auch Dinge, die gegenüber den vielen Mitarbeitern klargestellt werden müssen. Inzwischen haben es alle verstanden.

"Die Städter dürfen natürlich in die Natur"

Stichwort Ausflüge: Inzwischen haben wohl auch alle Bürger begriffen, dass beliebte Ausflugsziele gemieden oder auch gefährliche Bergtouren unterbleiben sollen. Aber wie ist es rechtlich vertretbar, dass Städter nicht in die Natur fahren dürfen, um sich zu erholen? Gehört die Natur nicht allen Menschen?
Die Städter dürfen natürlich in die Natur. Ausflüge waren auch nie förmlich verboten, wir haben nur dringend darum gebeten, nicht zu Tausenden in die Berge zu fahren. Es ist auch erlaubt, mit dem Auto raus zu fahren, um spazieren zu gehen.

Auf Diensthandys der bayerischen Polizei können keine Apps geladen werden – Apps gelten generell als Sicherheitsrisiko. Würden Sie sich eine Corona-App auf Ihr Handy laden?
Noch gibt es kein endgültiges Konzept für die Corona-App. Auf mein Diensthandy könnte ich sie mir tatsächlich nicht laden. Für die private Nutzung, wenn die Prüfungen auf Bundesebene abgeschlossen sind, würde ich sie schon empfehlen.

Lesen Sie hier: Gesundheitsreferentin Jacobs - "Die Krise hinterlässt ihre Spuren"

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