IWF-Prof. Felbermayr über ein Jahr Lockdown: Positive Prognose
München - Der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) Gabriel Felbermayr blickt optimistischer in die nähere wirtschaftliche Zukunft Deutschlands als die Wirtschaftsweisen. Für dieses Jahr rechnet Felbermayr mit einem Zuwachs des bayerischen Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 3,7 Prozent und für 2022 mit einem Plus von 4,8 Prozent.

Das IfW gehe von einem stärkeren Impuls der anziehenden Weltwirtschaft auf die exportorientierte deutsche Wirtschaft aus, sagte Felbermayr bei einer Veranstaltung der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw). Für den Euroraum sagt das IfW ein BIP-Wachstum von 4,8 und 4,3 Prozent für 2021 und 2022 voraus.
Während sich der Export in der ersten Pandemie-Welle vor einem Jahr kurzzeitig negativ ausgewirkt habe, sei er jetzt eine Konjunkturlokomotive für Deutschland. Der bayerischen Wirtschaft werde ihre Exportorientierung besonders zu Gute kommen. "Die Zukunft sieht für Bayern besser aus", sagte Felbermayr.
Felbermayr vermisst Teststrategie
Binnenwirtschaftlich werde sich die aufgestaute Kaufkraft der Deutschen über kurz oder lang entladen. "Wer mit guten Angeboten aus der Kurve kommt", habe dann große Chancen, so der IfW-Präsident.
Trotz aller Kritik sei Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern vergleichsweise gut durch die Pandemie gekommen, sagte Felbermayr. Bis jetzt fehle allerdings eine Teststrategie. Felbermayr schloss sich der Kritik des ehemaligen Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn an der Übertragung der Impfstoffbeschaffung an die EU nicht an. "Die Europäisierung war richtig", sagte er.
"Man kriegt das Geld nicht auf die Straße"
Ein Wettlauf der 27 EU-Mitgliedsländer um Impfstoffe "wäre keine gute Idee" gewesen. Allerdings seien bei der Impfstoffbeschaffung Fehler gemacht worden, sodass Europa beim Impfen deutlich hinterher hinke.
Aus der gegenwärtigen Pandemie sollte Deutschland Lehren für seine Verwaltung und Digitalisierung ziehen, meinte Felbermayr. Die "deutsche Krankheit" bestehe nicht in mangelnder Erkenntnis über die Defizite bei der Digitalisierung, "aber man kriegt das Geld nicht auf die Straße". Die Verwaltung sei "nicht schnell, nicht effizient und nicht produktiv genug".
Zur Bewältigung künftiger Krisen sollte für die Unternehmen ein System ähnlich wie die Kurzarbeit für Arbeitnehmer eingeführt werden. Dieses System sollte sich aber nicht an Fixkosten, sondern an "Erfolgsziffern" wie dem Vorsteuergewinn orientieren. Für den IfW-Chef ist die Pandemie eine vorübergehende Krise. Längerfristig sei die ökonomische Situation der Bundesrepublik wegen der demografischen Entwicklung "nicht so prickelnd". Das Produktionspotenzial Deutschlands befinde sich "langfristig im Sinkflug".
Laut des Gastgebers vbw betrage der Rückgang des BIP in Bayern 5,5 Prozent - das ist mehr als der Bundesdurchschnitt (4,9 Prozent). Die Industrieproduktion im Freistaat sei um 9,7 Prozent gegenüber 2019 gesunken. Die Arbeitslosenzahl lag im vergangenen Februar in Bayern um rund 30 Prozent über dem Vorjahresmonat.
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