Hütten-Wirte schlagen Alarm: Junggesellenabschiede unerwünscht
Sandberg - Sie ziehen die Reißleine: Die Geschwister Diana und Dennis Tisma haben keine Lust mehr auf betrunkene, randalierende Gruppen. Normalerweise kehren auf ihrer Kissinger Hütte in Sandberg (Landkreis Rhön-Grabfeld) Wanderer, Mountainbiker, Rentner oder Familien ein. Die Tismas sind nun schon seit acht Jahren Pächter der Berghütte.
"Mit der Zeit ist es immer schlimmer geworden"
Eine Gruppe von Gästen macht ihnen seit jeher Probleme: zukünftige Eheleute, die samt Entourage ihren Junggesellenabschied feiern, gerne auch "JGAs" genannt.

Von Lärmbelästigungen über Verschmutzungen bis zu Sachbeschädigungen: Die Liste der Vergehen ist lang. In einem Facebook-Post verkünden die Wirte nun, dass "JGAs" bei ihnen in Zukunft unerwünscht sind. "Es wird sich einfach nicht benommen und wir haben keine Zeit für solch ein asoziales Verhalten", heißt es in dem Beitrag. Mit der Zeit sei es immer schlimmer geworden, sagt Diana Tisma der AZ.
Gruppen machen vor nichts Halt
Dabei handle es sich um alle Arten von Personen: Berufstätige, Familienväter, Männer oder Frauen - hier gibt es laut der Wirtin keine großen Unterschiede. Das Problem sei vielmehr der Alkohol: "Das war kein normales Trinkverhalten mehr, hier gab es eine extreme Wesensveränderung", sagt sie. "Sie haben teilweise unsere Blumendekoration auf den Tischen gegessen". Die Gruppen machen vor nichts halt, nicht einmal vor dem Kinderspielplatz der Hütte. Auch hier seien Spielgeräte beschädigt worden, manche hätten sich übergeben oder öffentlich ihre Geschäfte verrichtet. "Die Sicherheit für die Kinder war gefährdet", sagt Tisma.
Lärm und Feueralarm mitten in der Nacht
In einer Nacht sei ein orientierungsloser Betrunkener sogar ins Bettenlager von zehn kleinen Kindern eingedrungen. Er dachte, dort sei sein Zimmer.
Die Pächter und ihre Mitarbeiter seien immer wieder um ihren Schlaf gebracht worden. Sie nächtigen teilweise selbst in der Hütte, die in einem Wasser- und Vogelschutzgebiet liegt. Neben dem Lärm habe es zahlreiche Einsätze der Feuerwehr gegeben. Für die Gäste herrscht Rauchverbot. Manche der Feierfreudigen meinten jedoch, das ignorieren zu können, was dann schließlich einen Feueralarm samt Noteinsatz auslöste, sagt Tisma.
Betrunkener Gast ruft die Polizei
Zudem musste die Polizei mehrmals anrücken. Diana Tisma berichtet von einem besonders skurrilen Vorfall: Ein Betrunkener habe sich eines Nachts Zugang zu den Mitarbeiterräumen der Hütte verschafft - auch er vermutete hier seine Schlafräume. Als er bemerkte, dass hier fremde Personen schliefen, sei er in Panik geraten und habe die Polizei gerufen, um die "Eindringlinge" zu melden. Weniger glimpflich verlief laut Tisma ein Vorfall, an dem eine männliche und eine weibliche Gruppe in der Unterkunft waren und es zu Streitigkeiten kam. Einer der Männer schlug dabei eine der Frauen.
Die Wirte haben bereits zahlreiche Maßnahmen getroffen, um die Probleme einzudämmen. Harten Alkohol haben sie schon von der Karte gestrichen - doch was nach Gastroschluss in der Hütte passiert, können die Tismas nur schlecht kontrollieren. Auch eine höhere Kaution habe nicht wirklich geholfen.
Eingetretene Türen, gebrochene Betten und kaputte Treppenstufen
Die Hüttenbesitzer wollten ohnehin nur noch ungern Junggesellenabschiede bei sich einquartieren - teilweise hätten die Gruppen aber unter falschen Vorwand und Namen eingebucht. "Die wissen schon, dass sie nirgends mehr gern gesehen sind", sagt Tisma. Doch dann kämen sie plötzlich in ihren "JGA-Shirts" an.
Und dann sind da noch eingetretene Türen, gebrochene Betten und kaputten Treppenstufen. Weil teilweise mehrere Gruppen parallel in der Unterkunft waren, konnten entstandene Schäden meist nicht mehr zugeordnet werden - zugegeben habe es ohnehin keiner.

Das Fass zum Überlaufen gebracht hat für Diana Tisma dann aber die Zerstörung einer Holzbank Ende April. Die sei einst von Stammgästen gebaut worden. An dem Tag waren vier Gruppen zu Gast. "Die haben den ganzen Berg beschäftigt", sagt Tisma. Eine der Gruppen habe die Bank dann kaputt getreten.
Junggesellenabschiede werden abgewiesen
Es folgte der drastische Schritt: Sobald die Hüttenwirte bemerken, dass es sich um einen Junggesellenabschied handelt, werden die Gruppen abgewiesen. "Der Gast ist König, solange er sich königlich verhält", betont das Pächterduo. Wer randaliert und sich daneben benimmt, habe auf der Kissinger Hütte nichts mehr zu suchen.
Ein Einzelphänomen - oder sieht es auf anderen Hütten in Bayern ähnlich aus? "Mich wundert es nicht, dass es Ärger gibt", sagt Thomas Bucher, Sprecher des Deutschen Alpenvereins der AZ. Probleme mit Junggesellenabschieden kämen immer mal wieder vor und auch, dass Hütten diese nicht mehr zulassen.
Insbesondere in denen, die Teil des Alpenvereins sind und die vor allem für Alpinsportler gedacht sind, kommt es durch eine Hüttenruhe ab 22 Uhr zu Konflikten. Junggesellenabschiede sollen sich laut Bucher daher eher an private Hütten wenden und dort für ihre Feiern anfragen.
Umsatz - aber nicht um jeden Preis
Auch in der Gastronomie sind solche Fälle bekannt, sagt Frank-Ulrich John, Geschäftsführer und Sprecher des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) der AZ. Er bekomme häufig mit, dass Junggesellenabschiede in Trinkgelage ausarten.
Daniela Ziegler, Kreisgeschäftsführerin der Geschäftsstelle München bestätigt das: Sie habe in diesem Zusammenhang in München schon einiges gehört. Oft wird der Lärm zum Problem. Durch den hohen Alkoholkonsum ließen sich solche Gruppen auch häufig nichts sagen, sodass die Wirte von ihrem Hausrecht gebraucht machen müssten. Laut Diana Tisma wollen nun andere Hütten der Region nachziehen und ebenso Junggesellenabschiede verbannen. Man wolle zwar Umsatz machen - aber eben nicht um jeden Preis.