Gäste tragen zu viel Parfüm: Das sagt Spitzenkoch Alexander Herrmann
München - Star-Koch The Duc Ngo hat die Nase voll: Der Berliner Gastronom möchte keine Gäste mehr in seinen Restaurants, die aufdringlich riechen. Dies teilte er kürzlich auf seinem Instagram-Profil mit. "Ich mag ja auch schöne Düfte, aber manchmal ist es einfach zu viel des Guten", so The Duc Ngo. Zu starke Parfüms seien in seinen Sushi- und Seafood-Restaurants ("Ryotei 893", "Funky Fish", "Kuchi" und andere) deshalb unerwünscht.
In Deutschland war dies bislang eher ein unausgesprochener Verhaltenskodex. In anderen feinen Lokalen auf der Welt hingegen gibt es solche Duft-Dresscodes bereits. Im "RyuGin" in Tokio (drei Michelin-Sterne) etwa gilt neben einem Dresscode und Handy-Regeln auch ein Parfüm-Verbot. Das Londoner Restaurant "Sushi Kanesaka" (ein Michelin-Stern) bittet seine Gäste ebenfalls, keine aufdringlichen Essenzen zu tragen – für das volle Geschmackserlebnis.
"Genauso wie man nicht mit Jogginghose in die Oper geht"
Und in Bayern? Hierzulande sei ein Duft-Dresscode noch nicht in Sicht, sagt Thomas Geppert, Landesgeschäftsführer des bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes Dehoga. Theoretisch könne ein Gastronom jedoch ein solches über das Hausrecht erlassen. "Genauso wie man nicht mit Jogginghose in die Oper geht, gehört es eben zum guten Ton, in gehobenen Lokalen nicht zu stark parfümiert zu erscheinen", so Geppert.

Dabei gehe es insbesondere um sehr intensive Gerüche. "Diese stören die anderen Gäste und schlimmstenfalls auch den Koch. Zudem verfälschen sie das kulinarische Erlebnis." Denn: Ein extrem riechendes Parfüm könne den Geschmackssinn stark beeinflussen, so Geppert. Dadurch würden natürliche Aromen einfach überdeckt. Essen nehme man mit allen Sinnen wahr.
Herrmann: "Ich verstehe Duc"
"Ein starkes Parfüm wirkt genussverhindernd", bestätigt auch TV-Koch und Restaurantbesitzer Alexander Herrmann der AZ. "Manche übertreiben es leider beim Auftragen." Doch habe er derartig aufdringliche Fälle in seinem Restaurant Aura (zwei Michelin-Sterne) in Wirsberg (Kreis Kulmbach) zum Glück noch nicht erlebt.
"Aber ich verstehe Duc", sagt er über seinen Kollegen aus Berlin, den er gut kennt, wie Herrmann erzählt. Aufgabe eines guten Parfüms sei es, "die Luft von dem Duft zu schwängern, aromatisch, dichtzumachen". In Restaurants, besonders in hochklassigen, sei das natürlich kontraproduktiv. "Beim Essen geht es um Nuancen", sagt der TV-Koch. Der Geruchssinn spiele eine große Rolle. Sitze dann jemand neben einem, der nach Zitronengras, Moschus und fermentierter Nelke riecht, sei der Besuch ein ganz anderer.

"Duc macht ja oft Sashimi – das ist ganz zarter Fisch mit duftendem Reis. Wenn man dann gleichzeitig beim Essen ein aufdringliches Parfüm riecht, schmeckt man die Qualität vom Fisch nicht mehr." Neben den zarten Aromen eines Gerichtes werde etwa auch ein Wein anders wahrgenommen. Bei einer Probe fatal: "Das Parfüm beeinflusst das Erlebnis maximal – und zwar nicht zum Guten", findet Herrmann.
Diese Regel gilt für Herrmann
Je besser die Küche, desto weniger sollten die Gäste also duften, lautet sein Fazit. Oder andersherum gesagt: "Wenn du schlecht kochst, nimm viel Parfüm, dann wird es keiner schmecken", witzelt Herrmann. Auf dem Münchner Oktoberfest sei das vielleicht hilfreich.
Herrmann selbst trägt bei der Arbeit kein Parfüm, sagt er. "Selbst mein Duschgel ist pH-neutral und duftlos. Ich möchte von den Geruchsmomenten mein bestes Selbst sein können", so der Sterne-Koch. Nicht einmal das Chanel, das seine Frau Maxi Friedrich ihm kaufe, könne er nutzen. "Auch nicht ein bisserl aufs Handgelenk", sagt er. Denn wenn er dann eine Gabel zu seinem Mund führe, habe er automatisch die Parfüm-Brise in der Nase. Auch das Personal sei von keiner Duft-Wolke umgeben. "Niemand von uns möchte seinen Job, die Gerichte oder Weine durch ungebetene Gerüche entzaubern."
Gegen ein wenig Parfüm am Handgelenk seiner Gäste habe jedoch niemand etwas, sagt Herrmann. Nur die penetranten Noten seien störend. Dass sich das im Restaurant nicht schickt, sei sowieso eher eine Frage des Respekts. Ein Parfüm-Verbot hält Herrmann in Bayern deshalb nicht für notwendig. "Die Menschen hier sind sehr genussaffin und lieben schließlich ihr Essen."