Frau schmuggelt Heroin aus Liebe zum Sohn

Eine vom Leben schwer geprüfte Frau will die Schulden ihres Sohnes begleichen – mit Heroin-Transporten.
Helmut Reister |
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Ein Löffel mit Heroin, das mit einem Feuerzeug erhitzt wird.
Boris Roessler/dpa Ein Löffel mit Heroin, das mit einem Feuerzeug erhitzt wird.

Nürnberg - Für die Ehre ihrer Familie, vor allem ihres Sohnes, hat eine ehemalige Lehrerin (54) aus dem Iran ihre Freiheit aufs Spiel gesetzt. Sechseinhalb Jahre muss sie für Heroin-Transporte von Holland nach Deutschland hinter Gitter – und kam dabei noch gut weg.

Ihre zwei Söhne sind ihr Ein und Alles – und Sorgenkinder zugleich. Vor drei Jahren, kurz nachdem bei ihr Brustkrebs diagnostiziert wurde, verunglückte einer der beiden Männer im Iran und ist seitdem querschnittsgelähmt. Der andere versprach Landsleuten eine Aufenthaltsgenehmigung in Kanada, kassierte im Voraus und verschwand dann von der Bildfläche. Angeblich lebt er jetzt selbst in Kanada.

Seine Mutter war es schließlich, die sich darauf einließ, die Schulden ihres Sohnes mit den Erlösen aus den Herointransporten zu begleichen. Ein paar Hundert Euro kassierte sie für jede Fahrt, bis sie im vergangenen Jahr im Nürnberger Hauptbahnhof mit einem Kilo Heroin in der Tasche festgenommen wurde. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass sie mindestens zehn solcher Kurierfahrten unternahm.

Prozess schon nach einem Tag zu Ende

Der Prozess vor der 1. Strafkammer des Nürnberger Landgerichts, für den ursprünglich fünf Verhandlungstage eingeplant waren, ging bereits am ersten Tag unerwartet schnell zu Ende. Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidiger Nils Junge konnten sich auf einen "Deal" verständigen: sechseinhalb Jahre Haft, dafür ein schnelles Verfahren.

Ein Grund für die komplikationslose Lösung war das umfassende Geständnis der Frau, ein anderer ihre schlechte gesundheitliche Verfassung. Abgesehen von dem Umstand, dass sie nach einem Treppensturz seit zehn Jahren mit Metallteilen zur Stabilisation ihrer gebrochenen Wirbelsäule leben muss, hat sie nicht nur mit ihrer Krebserkrankung zu kämpfen.

Die Lymphknoten wurden ihr schon entfernt, es gibt massive Beschwerden mit der Schilddrüse und mit den Augen. "Wenn nicht zeitnah eine Augenoperation erfolgt, wird sie erblinden", so Nils Junge über den Zustand seiner Mandantin.

Fall ist eine "familiäre Tragödie"

Der erfahrene Strafverteidiger ist allein wegen des Gesundheitszustands der Frau mit der schnellen Einigung vor Gericht zufrieden. "Das Problem ist die große Menge, da gibt es nicht viel Spielraum. Es hätte durchaus eine noch höhere Strafe herauskommen können", beurteilt er die rechtliche Lage.

Für Rechtsanwalt Junge ist der Fall eine "familiäre Tragödie": Mit 17 zwangsverheiratet, zweifache Mutter, nach dem Unfalltod des Ehemanns erneut ein von den Eltern ausgesuchter Lebenspartner, Prügel, Unterdrückung und die Flucht in den Westen: Endstation wurde jetzt das Frauengefängnis in Aichach.

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