Flut in Bayern und im Osten: Von Entspannung keine Spur
München - Ein surreales Bild. Oben lacht die Sonne vom Himmel, unten steht die braune Brühe meterhoch: in Häusern, auf Straßen und auf Feldern. Während die Lage in Ostdeutschland weiter dramatisch bleibt, stagnieren in Bayern die Pegel auf hohem Niveau.
Deggendorf ist fast komplett von der Außenwelt abgeschnitten. Im so hart getroffenen Passau können einige Bewohner ganz langsam ans Aufräumen denken. Verkehrschaos rund um Deggendorf: Die Autobahn A3 ist wegen Überflutungen zwischen Aicha und Schwarzach komplett dicht. Erst rollte der Verkehr auf der A92 noch in Richtung München. Doch dann musste der Abschnitt zwischen Plattling-West und Kreuz Deggendorf komplett gesperrt werden. Helfer schütten jetzt einen Damm auf. „Dann soll das Wasser abgepumpt werden“, sagte Josef Ehrl vom Landratsamt Deggendorf gestern zur AZ. Einige Autofahrer versuchten, sich auf Nebenstraßen durchzuschlagen. Folge: lange Staus.
Tausende Menschen hatten in der gesamten Region ihre Wohnungen verlassen müssen. Viele Dörfer stehen komplett unter Wasser. „Die Hochwasserlage an der Donau ist weiterhin sehr ernst“, so Markus Mühlbauer vom Landkreis Straubing-Bogen. Einige Bewohner in Deggendorf harrten trotzdem in ihren Häusern aus. Feuerwehr-Kommandant Alois Schraufstetter schüttelt darüber nur den Kopf: „Es herrscht absolute Lebensgefahr. Die Häuser stehen bis zu drei Meter im Wasser.“ In der Gemeinde Winzer fiel ein Schöpfwerk aus, Ortsteile wurden überflutet. Anwohner wurden über Radio aufgefordert sich in den ersten Stock zu retten oder wenn möglich die Ortschaften zu verlassen.
In Passau haben wieder rund 90 Prozent der Haushalte Trinkwasser. Es wird aus Furcht vor Keimen mit Chlor versetzt. Der Pegel in der Stadt lag gestern bei zehn Metern – drei Meter unterhalb des Höchststands vom Montag. Die über Deggendorf ankommenden Wassermassen werden in Passau aber keinen Anstieg mehr zur Folge haben. Viele Anwohner konnten dort wenigstens kurzfristig zu ihren Häusern. Beispielsweise Journalist Hubert Denk. Er hatte am Montag in der AZ beschrieben, wie er mit seinem Geländewagen abgesoffen und gerettet worden war. Denk berichtet jetzt von einer riesigen Hilfsbereitschaft. „Wenn Du allein vor deinem Haus stehst und die Schlamm-Massen siehst, dann sagst du dir: Das war’s. Ich zieh weg. Doch dann kommen wildfremde Leute und helfen dir beim Schaufeln. Es gibt hier eine unglaubliche Solidarität.“
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Im Osten Deutschlands verschärfte sich gestern die Situation weiter. In Dresden kletterte das Wasser der Elbe auf 8,43 Meter. 660 Menschen mussten aus dem Stadtteil Gohlis in Sicherheit gebracht werden. Bis heute Mittag rechnen die Experten in Dresden mit einem weiteren Pegelanstieg – der aber unter dem der Flutkatastrophe 2002 bleiben soll. „Wir gehen von neun Meter plus aus, die 9,40 Meter sind inzwischen ausgeschlossen“, so Martin Socher vom sächsischen Umweltministerium. Weil dann das Elbhochwasser Richtung Niedersachsen abfließt, herrscht im Landkreis Lüchow-Dannenberg bereits Katastrophenalarm.
Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) sagte gestern vom Hochwasser betroffenen Landwirten Geld-Hilfen zu: „Es ist eine Riesen-Katastophe“, so Aigner. Flutopfern in Bayern versprach Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) ein Sofortgeld. Richtwert dafür seien 1500 Euro. Seehofer: „Ich möchte, dass wir in Bayern ein Modell sind für unbürokratisch und schnell.“
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