Flut in Bayern: So leiden die Kinder unter der Katastrophe

Für die Kinder in den evakuierten Hochwassergebieten ist die Situation besonders belastend. Sie können meist nicht verstehen, warum sie das Zuhause verlassen müssen.
von  dpa
Er hilft auch mit: Der kleine Henry gräbt mit einer Schaufel im Sand. Die Erwachsenen befüllen Sandsäcke...
Er hilft auch mit: Der kleine Henry gräbt mit einer Schaufel im Sand. Die Erwachsenen befüllen Sandsäcke... © dpa

Für die Kinder in den evakuierten Hochwassergebieten ist die Situation besonders belastend. Sie können meist nicht verstehen, warum sie das Zuhause verlassen müssen. Zurück bleiben ihre Spielsachen und die Kuscheltiere. Dafür gibt es aber Ersatz.

Deggendorf – Franz lässt den Kuschelbär nicht mehr aus der Hand. Der Teddy ist nicht sein eigener, er ist gespendet von einem Fremden, aber seit zwei Tagen ist er der wichtigste Trost für den Vierjährigen in der Hochwasserkatastrophe in Deggendorf. Am Dienstag hatte seine Mutter Sabrina Meyer den Bub in den St. Erasmus Kindergarten gebracht. Nach Hause kommen die beiden seitdem nicht mehr. Sie wohnen im komplett überspülten Deggendorfer Stadtteil Fischerdorf.

„Der Franz ist total verwirrt. Seit Tagen kommen wir nicht nach Hause. Der Teddy ist im Moment ganz wichtig“, sagt Sabrina Meyer am Freitag. Die beiden wohnen bei der Oma. Nur mit dem Nötigsten war die 27-Jährige aus dem Haus geflüchtet. Auch wenn es ihr am Anfang unangenehm war, hat sie inzwischen gespendete Kleidung und Spielzeug angenommen.

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Dabei stapeln sich in der Theodor-Heuss Mittelschule Deggendorf die Spenden der Bevölkerung und ortsansässigen Firmen. Anziehsachen und Schuhe für Erwachsene und Kinder, Zahnbürsten, Rasierer, Duschgel liegen säuberlich aufgereiht in der Aula der Schule. Und es kommt immer mehr.

Kerstin Helml ist krank und bedauert, dass sie beim Kampf gegen das Hochwasser nicht richtig helfen kann. Die 25-Jährige hat eine Freundin im völlig überfluteten Stadtteil Fischerdorf. Kurzerhand kauft sie am Freitag in einem Discounter Zeichenblöcke, Malstifte, Hygieneartikel und Zahnbürsten und bringt sie zur Sammelstelle. „Die Menschen haben zum Teil alles verloren. Da muss man doch helfen.“

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Noch gibt es keinen Ansturm auf die Sachen. Das komme noch ist der Leiter der Mittelschule, Robert Seif, überzeugt. „Die Betroffenen halten es fünf Tage in den eigenen Klamotten durch. Dann werden sie wechseln wollen.“ Die Anteilnahme und Hilfsbereitschaft der Menschen sei unglaublich. „Die Flutkatastrophe schweißt die Menschen im Raum Deggendorf zusammen.“ Sein Kollegium engagiert sich ebenfalls. Auch am Wochenende wird die Annahme- und Ausgabestelle für Spenden geöffnet bleiben.

Viele Geschäfte spenden in Deggendorf und Umgebung, Bäckereien in der Stadt bringen Kuchen und Gebäck vorbei – kostenlos wie Seif versichert. Es gebe aber auch Geschäfte, die ihre Artikel voll nach dem Verkaufspreis abrechneten, erklärt der 50-Jährige sichtlich verärgert. „An der Not der Menschen noch Geld zu verdienen, ist absolut nicht in Ordnung.“

Plötzlich muss der Schulleiter rasch einen Lastwagen besorgen, weil von einem Drogeriemarkt drei Paletten Windeln abgeholt werden können. „Jetzt schreiben wir eine Rundmail an alle Kindergärten, dass sie hier abgeholt werden können. Windeln werden immer gebraucht.“ Eben hat eine Lehrerin noch eine ganze Kiste Spielzeug zu einem Kindergarten gebracht, nun setzt sie sich hinter das Steuer des Lastwagens und holt die Windeln ab.

Spenden anzunehmen sei gar nicht so einfach, sagt Sabrina Meyer. „Viele Menschen haben halt eine Scheu davor, weil man nicht weiß, bei wem man sich bedanken soll.“ Franz ist das völlig egal. Der Bub drückt den Teddy an sich und wird ihn nicht mehr hergeben – auch wenn er nur ein gespendeter Trost ist.

Alle Informationen zum Hochwasser finden Sie auf unserer Flut-Themenseite

 

 

 

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