Ärger um die Saurüsselalm am Tegernsee geht weiter: "Macht seit 15 Jahren, was er will"
Bad Wiessee - Eigentlich dürfte es die Hütte so gar nicht geben – trotzdem werden bis zum 20. Dezember Trüffelpizzen und Allgäuer Kässpatzen serviert.
Weil bei einem Gerichtsprozess Mitte September um die Saurüsselalm (früher Söllbachaualm) bei Bad Wiessee (Kreis Miesbach) der Bauantrag zurückgezogen wurde, um dem Urteil zu entgehen, handelt es sich laut der Grünen-Kreistagsfraktion "objektiv um einen Schwarzbau".
Grüne Miesbach: "Das Landratsamt schreitet nicht ein"
Trotzdem geht der Betrieb weiter und "das Landratsamt schreitet nicht ein", beklagt der Fraktionssprecher Thomas Tomaschek im Gespräch mit der AZ. Er hat zusammen mit seiner Kollegin Cornelia Riepe öffentlich das Landratsamt Miesbach für sein Nichtstun angeprangert.
Mit der Kritik ist die Fraktion nicht allein: Der Verein zum Schutz der Bergwelt und die Schutzgemeinschaft Tegernseer Tal kämpfen seit 2022 rechtlich gegen die Alm an.
Der Grund: Bis zu 15-mal im Jahr waren Sonder-Veranstaltungen erlaubt – in den Augen der Naturschützer Luxussausen, die die Nachtruhe der Tiere stören. Etwa durch Lärm von den Feiern, rauf und runter fahrende Shuttlebusse oder auch nächtliche Fackelwanderungen – mitten im Landschaftsschutzgebiet.
"Es wird ein Präzedenzfall geschaffen"
"Der Lebensraum der Tiere wird immer weiter okkupiert vom Menschen", sagt Angela Brogsitter-Finck, die Vorsitzende der Schutzgemeinschaft Tegernseer Tal, der AZ. Sie mahnt: "Es wird ein Präzedenzfall geschaffen. Andere Almhütten könnten sagen, wenn die Saurüsselalm das darf, dann dürfen wir das auch."
Tanja Frühauf, die mit ihrem Mann Martin die Saurüsselalm betreibt, sagt der AZ, dass auch andere Hüttenabende veranstalten würden. "Stören die Gäste von den anderen Almen die Tierwelt nicht?", fragt sie rhetorisch.
Im Jahr 2024 haben laut Frühauf alle Veranstaltungen vor Mitternacht geendet. Auch gegen den Vorwurf, die Hütte sei primär ein Luxusangebot für Reiche, wehrt sie sich: Demnach war in diesem Jahr das meistverkaufte Getränk ein Helles, beim Essen war es Kaiserschmarrn.
Grüne vermuten Doppelstandards wegen Besitzer der Alm
Der Besitzer der Saurüsselalm ist der Bauunternehmer Franz Haslberger – wegen seiner drei Gastronomien in der Region von Lokalmedien "der König vom Söllbachtal" getauft. Grünen-Sprecher Tomaschek hält das für den Grund, warum die Behörden nichts unternehmen.
"Wir sehen öfter Anordnungen vom Landratsamt, wo Sachen zurückgebaut werden müssen", sagt er. "Beim Herrn Haslberger wird jedoch nie durchgegriffen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt." Brogsitter-Finck stimmt mit ein: "Wir erleben seit 15 Jahren, dass er macht, was er will."
Das Landratsamt Miesbach teilt auf Anfrage mit, dass es sich schon in der Vergangenheit kulant bei Verstößen von Alpenvereinshütten gezeigt habe.
Landratsamt wirft Grünen "reinen Aktionismus" vor
"Umso weniger ist es verständlich, warum man von uns nun in genau diesem Einzelfall eine besonders harte Linie abzuverlangen versucht", sagt eine Sprecherin. Die Hütte ist demnach kein klassischer Schwarzbau, da nur Teile des Gebäudes nachträglich "formell illegal" geworden seien.
Eine Wiedereröffnung nach dem 20. Dezember könne es deshalb nur durch eine neue Baugenehmigung geben. Eine vorzeitige Nutzungsuntersagung sei wegen gesetzlicher Vorgaben gar nicht möglich. Die Sprecherin bezeichnet die Pressemitteilung der Grünen-Kreistagsfraktion daher als "reinen Aktionismus".
Am Montag will Landrat Olaf von Löwis (CSU) alle Kreistags-Parteien, Bauunternehmer Haslberger und die Naturschutzverbände versammeln, um einen Kompromiss zu finden. Brogsitter-Finck kündigt jedoch bereits an: "Die sollten nicht glauben, dass wir da jetzt klein beigeben, dafür haben wir zu lange gekämpft."