Entlaufene Wölfe im Bayerischen Wald: Wie gefährlich sind sie?-

Die im Bayerischen Wald aus einem Gehege entlaufenen Wölfe sind nach der Ansicht eines Wildbiologen nicht gefährlich. Der Nationalparkleiter sieht das anders. Am Dienstagvormittag musste ein weiteres Tier erschossen werden.
von  AZ/dpa
Eine Familie hatte auf der Fahrt zum Kindergarten die Wölfe gesichtet und mit einem Mobiltelefon aus dem Auto gefilmt.
Eine Familie hatte auf der Fahrt zum Kindergarten die Wölfe gesichtet und mit einem Mobiltelefon aus dem Auto gefilmt. © dpa

Lindberg - Nach dem Ausbruch von sechs Wölfen aus einem Gehege im Bayerischen Wald rät der Wildbiologe Ulrich Wotschikowsky zu Gelassenheit. "Die gucken Menschen vielleicht neugierig an, aber angreifen tun sie nicht", sagte er der Deutschen Presse-Agentur.

Ob die flüchtigen Wölfe an Menschen gewöhnt seien oder nicht, könne man nicht beurteilen. Zwar hätten sie regelmäßig Kontakt zu Menschen. "Da sie ihr Futter aber nicht aus der Hand, sondern über den Zaun bekommen, sind sie nicht futterkonditioniert." In Amerika beispielsweise würden Wölfe von Menschen auch direkt gefüttert, da könnten sie durchaus nach der Hand schnappen.

Nationalparkleiter Franz Leibl hatte zuvor gewarnt, die Wölfe seien "nicht scheu und nähern sich den Menschen". Das sei ein typisches Verhaltensmuster. Gehegewölfe würden Menschen mit Futter assoziieren und dieses Verhalten auch nie vollständig ablegen. Daher stellten sie "über kurz oder lang ein Problem" dar.

"Selbst wenn Tierparkwölfe an ihre Pfleger gewöhnt sind, reagieren sie auf fremde Menschen scheu", entgegnete die Tierschützerin Brigitte Sommer vom Verein Wolfsschutz Deutschland. Die entlaufenen Tiere verglich sie mit gehaltenen Wolfshunden, die flüchteten, wenn sie bei Spaziergängen fremden Menschen begegneten. "Es gibt ja auch Menschen, die Wölfe halten, da ist das auch so", sagte sie.

Mittlerweile nur noch drei Wölfe übrig

Die sechs Wölfe waren in der Nacht zum Freitag aus ihrem Gehege bei Lindberg entkommen, weil das Tor offen stand. Unbekannte Täter sollen das Gehege geöffnet haben, wie die Polizei am Montag mitteilte. Einer der flüchtigen Wölfe wurde am Sonntag erschossen, ein anderer kurz nach dem Ausbruch von einer Regionalbahn erfasst und getötet. Wie der Nationalpark Bayerischer Wald bekanntgab musste ein weiterer Wolf am Dienstagvormittag erschossen werden.

"Leider müssen wir mitteilen, dass ein weiterer der vormals sechs aus dem Tier-Freigelände bei Ludwigsthal entlaufenen Wölfe geschossen werden musste", so Jörg Müller, stellvertretender Leiter der Nationalparkverwaltung Bayerischer Wald. "Wir unternehmen weiterhin alles um der Tiere lebend habhaft zu werden. Wir bedauern, dass ein Einfangen in diesem Fall nicht möglich war." Der Wolf wurde im Raum Frauenau (Lkr. Regen) gesichtet – für eine Betäubung war es zu weit entfernt, da Narkosegewehre bei Wölfen lediglich auf kürzere Distanzen wirksam sind. Mittlerweile wurde auch zweifelsfrei bestätigt, dass es sich bei dem erlegten Tier um einen der Gehege-Wölfe handelt.

Derweil läuft die Suche nach den verblieben drei Wölen weiter. Hierzu arbeitet die Verwaltung mit den Nationparks Šumava und Berchtesgaden eng zusammen. "Wir haben jetzt noch mehr Lebendfallen im Einsatz", erklärt Müller. Daneben gibt es weiter Suchtrupps, die mit Narkosewaffen ausgestattet sind. Die Verwaltung macht allerdings auch klar, dass ein Abschuss des Tieres noch immer als letzte Option möglich ist.

Wo sich die verbliebenen drei Wölfe zuletzt aufhielten, wollte Müller jedoch nicht sagen. Man wolle keine Schaulustigen, die die Suche möglicherweise behinderten. Der Verwaltung lägen ungefähre Aufenthaltsorte vor. Müller wies aber darauf hin, dass ein Wolf pro Nacht etwa 50 Kilometer weit laufen könne. Das erschwere die Suche.

Der Park ist seit Montag wieder regulär geöffnet. Bestimmte Bereiche werden aber gesichert.

Augenzeugen filmen zwei Wölfe an Bundesstraße

Ein Ehepaar hat im Bayerischen Wald zwei Wölfe gefilmt. Die Tiere seien an einer Bundesstraße unterwegs gewesen und immer wieder auf die Fahrbahn gelaufen, sagte Thomas Kalmar am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. Mit seiner Frau war er im Auto nahe dem niederbayerischen Lindberg (Lkr. Regen) unterwegs, als die Wölfe plötzlich auftauchten. "Wir waren ganz überrascht", sagte Kalmar. "So etwas sieht man nicht jeden Tag." Die Wölfe ließen sich von dem Auto nicht beeindrucken und machten einen desorientierten Eindruck. Ob es sich bei den am Freitag gefilmten Tieren um die aus einem Gehege entlaufenen handelte, war zunächst unklar.

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